Sonntag, 4. Januar 2009

Andrea Nahles: Wir brauchen eine eigene Machtperspektive

Die BamS bringt heute ein Interview mit Andrea Nahles; darin ist unter anderem zu lesen:
Nahles: Wir brauchen eine eigene Machtperspektive ohne CDU und CSU. [...] Am liebsten wäre mir natürlich Rot-Grün. Aber ich glaube daran, dass wir auch mit der FDP eine verantwortliche Politik machen können. Das schließe ich 2009 mit der Linkspartei auf Bundesebene aus. Die Große Koalition ist eine Notgemeinschaft, nichts weiter. Deshalb sollten wir den Bürgern klare Alternativen im Wahlkampf aufzeigen.
Da fragt sich nur, wenn sie sich von vornherein einer (inzwischen ohnedies eher unwahrscheinlichen) "linken" Mehrheit verweigert, wo sie diese "klaren Alternativen" denn herzuzaubern gedenkt. - Oder glaubt irgend jemand ernstlich, dass von einer (wohl ebenso unwahrscheinlichen) SPD-FDP Koalition tatsächlich eine "politische Alternative" zu erwarten sei? Gibt es denn überhaupt noch eine Alternative in einer Parteienlandschaft, in der alle mit allen können, wenn das Wahlergebnis es nur zulässt, bis auf eine Ausnahme, mit der aber dann aber auch alle nicht wollen dürfen?
NAHLES: [...] Der Gesundheitsfonds ist seit Januar in Kraft. Für neun von zehn Kassenpatienten bedeutet er höhere Beiträge. Deshalb wäre es gut, wenn wir den Krankenkassenbeitrag senken, in dem die 0,9 Prozent, die die Arbeitnehmer ohne den Arbeitgeber zahlen, durch Steuermittel finanziert werden.
BamS: Davon haben die Unternehmen aber nichts . . .
NAHLES: Doch, weil die Menschen mehr Geld in der Tasche haben und deshalb mehr kaufen. Außerdem ist es gerecht, weil die Krankenkassenbeiträge dann wie früher zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen würden.
Auf deutsch: Wenn man die Kosten durch drei teilt, dann werden sie zu gleichen Teilen von Zweien getragen.

Super Idee, Frau Nahles! Und zur Gegenfinanzierung schlage ich vor, die MwSt. um einen weiteren Prozentpunkt zu erhöhen.

Es kommt aber fast noch "besser":
NAHLES: Arbeitslose mit Kindern und Alleinerziehende haben das größte Armutsrisiko in unserem Land. Weil wir Gerechtigkeit in der Krise nicht vergessen dürfen, müssen sie in einem zweiten Konjunkturpaket finanziell unterstützt werden. Alles, was diese Gruppe zusätzlich an Geld bekommt, fließt zurück in den Wirtschaftskreislauf. Wir müssen den Arbeitslosen mit Kindern unter die Arme greifen. So könnte [sic!] man beispielsweise den Hartz-IV-Satz für Kinder erhöhen.
Man beachte den Schwerpunkt der Argumentation: "was wir denen mehr geben, geben die sowieso sofort wieder aus". Einmal mehr bestätigt sich, was Arbo Moosberg in seinem Kommentar zu meinem letzten Artikel zutreffend angemerkt hat:
"Dabei richten sich die neuen Gesetze nach der Bedürftigkeit (!), was ein extremer Unterschied ist. Darin liegt ja gerade die Krux: Wenn immer von der Reduzierung von Arbeitslosen gesprochen wird, verschleiert dies den Umstand, dass ja Personen, die bereits in Arbeit sind, sogenannte ALG-II-Leistungen empfangen. Und zwar nicht, weil sie arbeitslos sind, sondern weil sie ein so geringes Einkommen beziehen."
In der Tat: Hartz IV richtet sich nach der Bedürftigkeit, womit aber - wie mir scheint - nicht unbedingt die Bedürftigkeit der ALG2-Empfänger gemeint ist.

Weiter erfahren wir, dass sie von Managern mehr "Verantwortungsbereitschaft" erwartet und dafür ist, deren Festgehälter zu erhöhen und Bonuszahlungen zu streichen, dass Thorsten Schäfer-Gümbel ein Freund von ihr sei und
vor allem ist er ein politisches Talent für die SPD und sollte deshalb nach der Wahl am 18. Januar eine führende Rolle in der hessischen SPD übernehmen. Die Ereignisse der letzten Monate haben der SPD erheblich geschadet. In Hessen steht ein Generationswechsel an.
Womit dann auch klar sein dürfte, dass in Ihren Augen die Tage von Andrea Ypsilanti definitiv gezählt sind. Tja Frau Ypsilanti, mit "50+" gilt man heutzutage allenthalben als "altes Eisen". Da ist so ein "Generationenwechsel" durchaus angebracht - aber natürlich nur auf Länder-, nicht etwa auch auf Bundesebene, was den Franz (69) sicher freuen wird und den Frank-Walter (51) erst recht:
BamS: Frau Merkel genießt aber, wie aktuelle Umfragen zeigen, bei den Deutschen das größte Vertrauen von allen Politikern . . .
Nahles: Als Frau freue ich mich darüber. Und als SPD-Mitglied freue ich mich darüber, dass Frank-Walter Steinmeier direkt dahinter kommt und Frau Merkel im Laufe des Jahres bestimmt überholen wird.
Soviel also zur "linken" SPD-Frau Andrea Nahles - bei so radikalen Linken in der Partei, muss sich die Parteirechte wahrlich keine Sorgen machen. - Am Ende des Interviews begehrt die BamS von Frau Nahles u.a. noch zu erfahren, warum Politikerinnen ihre Titten nicht öfter raushängen lassen und garniert das Ganze mit Photos von Frau Nahles in München und Frau Merkel in Oslo - wer unbedingt erfahren möchte, warum die beiden nicht ständig so gewandet herumlaufen, der lese das Interview im Original nach.

Ein anderes erhellendes Interview wird übrigens heute von flatter feynsinnig unter die Lupe genommen.

1 Kommentare:

Anonym,  4. Januar 2009 um 18:29  

Danke für den Hinweis, ich denke Frau Nahles ist das was Gerhard Schröder (SPD) einmal für die Jusos war - eine Linke.

"Links" hat für mich seither einen faden Beigeschmack, frei nach dem Motto: "Sozial reden, aber unsozial handeln."

Daran denke ich, wenn ich im Wahljahr die sozialen Parolen der SPD höre - die Taten sprechen eine andere Sprache.

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