oder:
Je mehr man sich leisten kann, desto weniger muss man selbst leisten.
Zur Abwechslung mal wieder etwas laenger. Und wie immer, wenn es etwas anstrengender wird, mit deutschen Umlauten.1. Prolog
In einer komplexen zivilisierten Gesellschaft mit hochgradig differenzierter, funktionaler Arbeitsteilung mag schnell der Eindruck entstehen, es gäbe sehr große Unterschiede hinsichtlich des individuellen Leistungsvermögens der jeweiligen Mitglieder, die ihren gleichsam "natürlichen" Ausdruck in ungleicher Vermögensverteilung und der damit unvermeidlich einhergehender Spaltung der Gesellschaft in Arme und Reiche finden und dass diese Unterschiede, als scheinbar "natürliche", ebenso unabänderlich seien, woraus folgt, dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind, weil sie eben anders nicht sein können. Dieser Eindruck täuscht jedoch, denn die gravierenden Missverhältnisse liegen im Wesentlichen eben nicht in einem enormen Gefälle hinsichtlich des "angeborenen" Leistungsvermögens einzelner Menschen, sondern zum größten Teil in den
gesellschaftlich bedingten Differenzen der jeweils von den Individuen vorgefundenen Ausgangslagen. Natürlich darf man annehmen, dass es auch Schwankungen und Unterschiede hinsichtlich dessen gibt, was einzelne Menschen "aus sich selbst heraus" oder "auf sich selbst gestellt" zu leisten vermögen; solche Annahmen sind aber von vornherein spekulativer Natur, denn als gesellschaftliches Wesen dockt jeder einzelne Mensch immer schon an die Vorleistungen anderer Menschen an und ist deshalb niemals vollkommen auf sich gestellt (Selbst Max Stirner [Der Einzige und sein Eigentum] behauptet nicht etwa, sich selbst auf sich gestellt zu haben, sondern sagt nur: "Ich hab mein
Sach auf mich gestellt"). Und darum lassen sich aus irgendeiner hypothetisch angenommenen "natürlichen" Ungleichheit allein niemals die Einkommens- und Vermögensdifferenzen, wie sie in zivilisierten Gesellschaften gang und gäbe sind erklären, geschweige denn rechtfertigen. Darauf, dass die natürlichen Unterschiede des individuellen Leistungsvermögens im Grunde genommen marginal sein dürften, lässt sich auch aus alten Flächen- und Längenmaßen, wie z.B. "Ein Morgen Land" (entspricht der Ackerfläche die ein einzelner Bauer unter bestimmten Voraussetzungen an einem Morgen allein bearbeiten kann) oder auch: "Eine Wegstunde" usw. schließen. Damit dieses - an sich geringe - Gefälle aber deutlich wird, müssten eben auch die Ausgangslagen der einzelnen Individuen so gleich wie irgend möglich sein, was aber praktisch nur bei relativ naturnah lebenden (unzivilisierten) Gesellschaften der Fall sein kann. Die konkret vorgefundenen und teilweise enormen Differenzen der Ausgangslagen sind das Resultat vorgängiger Privatisierung von Ressourcen, deren gegenwärtige Rechtmäßigkeit sich in letzter Instanz auf bloße Faktizität stützt.
2. Zur Genese des bürgerlichen Eigentumsrechtes
Der bürgerliche Eigentumsbegriff ist ohne einige weitere Begriffe wie Arbeit, Erwerb, Vertrag und Freiheit kaum zu erklären.
2.1 Arbeit
Dass die Quelle allen materiellen Reichtums die Arbeit ist und damit die beständige von menschlichem Geist intendierte Transformation des in der Welt je vor-Gefundenen in Manifestationen menschlichen Geistes und Geschickes, steht ganz außer Frage. So ist die Arbeit freilich zunächst "nur" die Quelle gesellschaftlichen Reichtums oder vielleicht besser: gesellschaftlichen Wohlstands, denn es fehlt vorerst das dialektische Gegenstück zum Reichtum: die Armut. Besonderer privater Reichtum lässt sich allein durch eigene Arbeit nicht ansammeln, dazu bedarf es der Möglichkeit, sich über das eigene Arbeitsprodukt hinaus noch Überschüsse aus fremder Arbeit anzueignen und hierzu bieten sich (vom Glück mal abgesehen) drei Möglichkeiten: Gewalt, List und Liebe (oder liebende Sorge). Nicht ohne Grund sagt der Volksmund: "Durch Arbeit ist noch niemand reich geworden", aber auch: "Und ist der Handel noch so klein, bringt er doch mehr als Arbeit ein." Damit ist das Wesentliche bereits ausgesprochen: Reichtum kann nicht erarbeitet, sondern er will erworben werden. Und damit haben wir schon so etwas wie einen Unterschied zwischen eigentlicher Arbeit und Erwerbsarbeit (oder - was vielleicht treffender ist: Erwerbstätigkeit) angedeutet.
2.1.1 Erwerbsarbeit
Von Erwerbsarbeit sprechen wir gemeinhin, wenn mit der Produktion notwendig ein Handel verbunden ist, wenn also das Nahziel der Produktion darin besteht, eine Ware herzustellen, die als solche gegen andere Waren eingetauscht werden soll. Mit anderen Worten: wenn wir nicht unmittelbar, sondern mittelbar für die Befriedigung unserer eigenen Bedürfnisse arbeiten. Ab dem Augenblick, von dem an das vorwiegend der Fall ist, wird die Distribution und - in der Marktwirtschaft - damit der Handel ein wesentliches Moment aller produktiven Tätigkeiten. Wer ausschließlich oder vorzugsweise für fremden Bedarf produziert, ist nicht länger nur Produzent oder nur Arbeiter, er muss zugleich immer auch als Händler auftreten. In dieser Funktion liegt nun der Schlüssel zum "gewaltfrei" und rechtmäßig enstehenden sozialen (Miss-)Verhältnis von Armut und Reichtum: wem es gelingt, den anderen davon zu überzeugen, dass die angebotene Ware einen höheren Einsatz an dessen eigener Tätigkeit "wert" ist (was nicht ausdrücklich zur Sprache gebracht werden muss und im Normalfall auch nicht zur Sprache gebracht wird), als er selbst dafür aufwenden musste, der mehrt seine eigenen Überschüsse auf Kosten des Gegenübers. Habe ich mir z.B. ein Produkt durch eine vierstündige Tätigkeit angeeignet und tausche dieses gegen ein anderes Produkt für dessen Aneignung der Produzent sechs Stunden Arbeit aufwenden musste (unter Annahme gleicher Nebenkosten), dann hat mein Tauschpartner zwei Stunden Arbeit für mich (bzw. für mein Eigentum) gearbeitet. Wo nur noch für die Warenproduktion und und praktisch nicht mehr für die unmittelbare Eigenbedarfsdeckung gearbeitet wird, da muss - das liegt auf der Hand - jedes Mitglied der Gesellschaft (auch) als Händler fungieren. Die verbürgerlichte Erwerbsgesellschaft ist mithin eine Gesellschaft von Klein- und Kleinstkrämern, von denen die bei weitem meisten nur eine einzige und bei jedem gleichermaßen vorrätige Ware anzubieten haben: ihre je eigene Arbeitskraft.
2.2 Eigentum
Dass es Eigentum überall gibt, wo es Menschen gibt, bedarf eigentlich keiner besonderen Erörterung. Allerdings ist es durchaus der Rede wert, dass unter Eigentum keineswegs überall und zu jeder Zeit das Gleiche zu verstehen ist; kurz: dass es unterschiedliche Eigentumsformen gibt, gegeben hat und geben wird. Außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft finden wir die Begriffe "Besitz" und "Eigentum" vielfach gleichbedeutend gebraucht, doch gerade in der scharfen begrifflichen Unterscheidung von Eigentum und Besitz liegt eines der wesentlichen Merkmale des bürgerlichen Eigentumsbegriffes. Vereinfacht gesagt besteht dieser Unterschied darin, dass etwas mein Eigentum sein kann, das nicht in meinem Besitz ist - ja, das ich womöglich nie gesehen habe und nie sehen werde, über das ich dennoch uneingeschränkt verfügen, mit dem ich nach Belieben verfahren und von dessen Gebrauch ich andere ausschließen darf. Hegel hat es auf den Punkt gebracht: "Die äußerliche Inbesitznahme ist unvollkommen, unvollständig überhaupt. - Mensch nimmt in Besitz, hat Eigentum - als denkender Mensch."
G.F.W. Hegel. Werke in zwanzig Bänden. 7 - Grundlinien der Philosophie des Rechts. Suhrkamp Verlag. FfM. 1982. S. 120.
Dieses bürgerliche Eigentum, mit dem wir uns hier vorzugsweise befassen wollen, hat sich zu seiner derzeitigen Form seit etwa dem 17. Jahrhundert entwickelt; es wurzelt also in einer Zeit, in der der Wandel von feudalen zu absolutistischen Verhältnissen seinem Ende entgegen ging und das aufstrebende Bürgertum sich mit den Königen im Kampf gegen den Feudaladel verbündet hatte. Der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679) postulierte, sich dabei auf "Natur" und "Vernunft" berufend, in seinem Werk "Leviathan" für den im "Naturzustand" lebenden Menschen ein unbeschränktes Aneignungsrecht, das sogar die Aneignung anderer Menschen noch einschloss:
"Und weil sich die Menschen [...] im Zustand des Krieges eines jeden gegen jeden befinden, was bedeutet, das jedermann von seiner eigenen Vernunft angeleitet wird, und weil es nichts gibt, das er nicht möglicherweise zum Schutz gegen seine Feinde verwenden könnte, so folgt daraus, daß in einem solchen Zustand jedermann das Recht auf alles hat, selbst auf den Körper eines anderen. Und deshalb kann niemand sicher sein, solange dieses Recht eines jeden auf alles besteht, die Zeit über zu leben, die die Natur dem Menschen gewöhnlich einräumt, wie stark und klug er auch sein mag. Folglich lautet eine Vorschrift oder allgemeine Regel der Vernunft: Jedermann hat sich um Frieden zu bemühen, solange dazu Hoffnung besteht. Kann er ihn nicht herstellen, so darf er sich alle Hilfsmittel und Vorteile des Kriegs verschaffen und benutzen. Der erste Teil dieser Regel enthält das erste und grundlegende Gesetz der Natur, nämlich: Suche Frieden und halte ihn ein. Der zweite Teil enthält den obersten Grundsatz des Naturrechts: Wir sind befugt, uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen."
Thomas Hobbes. Leviathan. Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1978. S.110f.
Angemerkt sei noch, dass der Hobbesche Begriff der "Freiheit" - über die an anderer Stelle noch zu sprechen sein wird - ein eher negativer war, da Hobbes unter Freiheit lediglich die Abwesenheit von äußeren Hindernissen verstand.
John Locke (1632-1704), sah das etwas anders und schränkte dieses Recht wieder ein:
"Es ist völlig klar, daß Gott, wie König David sagt [...]'die Erde den Menschenkindern gegeben' hat, also der Menschheit insgesamt. [...] Ich will [...] zu zeigen versuchen, wie es dazu kommen konnte, zu einem Eigentum zu gelangen, was Gott den Menschen insgesamt zugeteilt hat, ohne daß es hierzu eines ausdrücklichen Vertrages mit allen anderen Menschen bedurfte.
[...]
Die Erde und alles, was darin ist, ward den Menschen in ihrer Gesamtheit zu ihrem Unterhalt und Wohlsein gegeben. Und obgleich alle Früchte, die sie auf natürlichem Wege hervorbringt, und alle Tiere die sie ernährt, der Menschheit insgesamt gehören, [...], muß doch das, was dem Menschen zu seinem Gebrauch gegeben wurde auf diese oder jene Weise erst einmal angeeignet werden, bevor es verwendbar und überhaupt nutzbringend für irgendeinen bestimmten Menschen wird.
[...]
Obgleich die Erde und alle niederen Geschöpfe der Menschheit insgesamt gehören, hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner Person. Darauf hat niemand ein Anrecht als er selbst. Die Arbeit seines Leibes und das Werk seiner Hände sind, so können wir sagen, im eigentlichen Sinne sein eigen. Was immer er also aus dem Zustand entfernt, indem die Natur es geschaffen und belassen hat, wird dadurch, daß er es mit seiner Arbeit vermischt und ihm etwas ihm Eigenes zugesellt hat zu seinem Eigentum. Indem es durch ihn aus dem Grundzustand entfernt wird, [...] ist ihm durch seine Arbeit etwas hinzugefügt worden, das das gemeinschaftliche Anrecht anderer Menschen darauf ausschließt.
[...]
Die Arbeit, die mein war [...] hat mein Eigentumsrecht [...] fest begründet."
John Locke. Abhandlung über den wahren Ursprung, Umfang und Zweck des staatlichen Gemeinwesens. Kapitel V. Über das Eigentum. In: Bürgerliche Gesellschaft und Staatsgewalt.Verlag Philipp Reclam. Leipzig 1980. S. 115ff.
Indem der Mensch der Natur als Verfügender dem Verfügbaren gegenübergestellt wird, ist er von der Inbesitznahme durch andere Menschen ausgeschlossen, er ist (hier: positiv) frei und mehr noch: da er etwas von sich selbst dem Produkt seiner Arbeit hinzugefügt hat, wird dieses Produkt im Gegenzug quasi seiner Person hinzugefügt. Aneignen, "sich etwas zu eigen machen", das wird hier verstanden, als etwas zum integralen Teil der je eigenen Person werden lassen. Und dieser erarbeitete, äußerliche Teil der Person gilt nun als ebenso unantastbar, wie die natürliche Person selbst, kann aber aus freiem Willen vom Eigentümer aufgegeben oder übertragen werden. - Vom Eigentum als Teil einer Person, so scheint mir, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt dahin, das abgelöste Eigentum selbst zur ("juristischen") Person zu erklären (GmbH, AG usw.). Dass der angeeignete Teil der Person dennoch nicht untrennbar mit dieser verbunden ist, ergibt sich gleichsam von selbst, wenn man sich vergegenwärtigt, dass er mit dem Tod des Eigentümers (also der Auflösung des "natürlichen" Eigentums - der Person) nicht auch untergeht.
Ferner setzt Locke dem Eigentum zunächst feste Grenzen:
"Man wird vielleicht hiergegen einwenden, daß falls das Sammeln der Eicheln oder anderer Früchte der Erde usw. ein Recht auf sie begründe, dann jedermann soviel davon anhäufen koenne, wie er wolle. Darauf antworte ich: Mitnichten. Dasselbe Naturgesetz, das uns in dieser Weise Eigentum gibt, hält dieses Eigentum auch in Grenzen. 'Gott gibt uns reichlich allerlei zu genießen' (Neues testament, 1. Brief des Paulus an Timotheus, 6;17) spricht die durch die Offenbarung bekräftigte Stimme der Vernunft. Wozu also gibt er uns? Um es zu genießen! Jeder darf sich durch seine Arbeit nur soviel aneignen, wie er zum Vorteil für sein Leben nutzen kann, ehe es verdirbt. Alles was darüber hinausgeht, ist mehr, als ihm zusteht und gehört anderen. Gott hat nichts geschaffen, damit es durch Menschen verschwendet und vernichtet werde."
John Locke. Abhandlung über den wahren Ursprung, Umfang und Zweck des staatlichen Gemeinwesens. Kapitel V. Über das Eigentum. In: Bürgerliche Gesellschaft und Staatsgewalt.Verlag Philipp Reclam. Leipzig 1980. S. 118.
Wie gesagt: "zunächst", denn - Gott sei's gedankt! - findet sich ein Ausweg aus dieser, den Weg zum grenzenlosen privaten Reichtum verstellenden Misere: das Gold. Gold verdirbt nicht und kann und darf deshalb unbegrenzt gehortet werden:
"Die Natur hat das Maß des Eigentums durch die Reichweite menschlicher Arbeit und die Lebensbedürfnisse der Menschen sinnvoll festgelegt. Niemandes Arbeit konnte sich alles untertan oder zu eigen machen, [...]. Dieses Maß hielt jedermanns Besitzanteil innerhalb sehr beschränkter Grenzen.
[...]
ich wage mit aller Entschiedenheit die kühne Behauptung, daß eben diese Eigentumsregel, wonach jeder Mensch soviel haben soll wie er verwenden kann, auch heute noch auf der Welt Bestand hätte - und zwar ohne daß irgend jemand dafür etwas einbüßen würde, da es auf der Welt Land für doppelt soviele Bewohner gibt - hätten nicht die Erfindung des Geldes und die stillschweigende Übereinkunft der Menschen, ihm einen Wert beizumessen, (mit allgemeiner Zustimmung) größere Besitztümer und einen Rechtsanspruch auf diese entstehen lassen.
[...]
Am Anfang - ehe der Wunsch, mehr als das dem Menschen Erforderliche zu besitzen, den inneren, nur auf die Nützlichkeit für das menschliche Leben bezogenen Wert der Dinge verändert hatte oder die Menschen übereingekommen waren, daß ein Stückchen gelben Metalls, das weder der Abnutzung noch dem Verschleiß unterworfen wäre, ein großes Stück Fleisch oder einen ganzen Haufen Korn wert sein sollte - konnte das, was Menschen sich, und zwar jeder für sich und nur soviel, wie sie zu nutzen vermochten, von den Dingen der Natur durch ihre Arbeit anzueignen berechtigt waren, nicht sehr viel sein oder den anderen zum Nachteil gereichen, da ihnen noch immer der selbe Reichtum offenstand, sofern sie den selben Fleiß aufbrachten. Dazu möchte ich noch anfügen, daß, wer sich durch seine Arbeit Land aneignet, den gemeinsamen Vorrat der Menschen ja nicht verringert, sondern vielmehr vergrößert."
John Locke. Abhandlung über den wahren Ursprung, Umfang und Zweck des staatlichen Gemeinwesens. Kapitel V. Über das Eigentum. In: Bürgerliche Gesellschaft und Staatsgewalt.Verlag Philipp Reclam. Leipzig 1980. S. 121f.
Ähnlich wie später Marx identifiziert bereits Locke die Arbeit als den eigentlichen Quell aller Werte. Diese Feststellung dient ihm allerdings vornehmlich als Apologie bürgerlichen Expansionsdranges, denn das "Eigentum aus Arbeit" erlangt ihm zufolge
"größere Bedeutung [...] als das gemeinsame Eigentum an Land. Denn tatsächlich ist es doch die Arbeit, die jedem Ding seinen unterschiedlichen Wert gibt. Man bedenke welchen Unterschied es macht, ob ein Morgen Land mit Tabak oder Zucker bepflanzt, mit Weizen oder Gerste besät wird oder ob er als Gemeindeland unbewirtschaftet bleibt, und man wird feststellen, daß die Veredelung durch Arbeit den weitaus größten Teil des Wertes ausmacht. Ich halte es für eine nur sehr maßvolle Schätzung, wenn ich sage, daß die für das menschliche Leben nützlichen Erzeugnisse der Erde zu neun Zehnteln das Ergebnis von Arbeit sind. Ja, wenn wir die Dinge so wie sie in unseren Gebrauch gelangen richtig veranschlagen und eine Rechnung darüber aufmachen, was davon einzig der Natur und was unserer Arbeit entspringt, so werden wir feststellen, daß die meisten von ihnen zu neunundneunzig Prozent allein auf das Konto der Arbeit gehen."
John Locke. Abhandlung über den wahren Ursprung, Umfang und Zweck des staatlichen Gemeinwesens. Kapitel V. Über das Eigentum. In: Bürgerliche Gesellschaft und Staatsgewalt.Verlag Philipp Reclam. Leipzig 1980. S. 125f.
Damit dürfen implizit sowohl die Landnahme englischer Siedler in überseeischen Kolonien, als auch die "Einhegungen" (enclosures) auf den britischen Inseln selbst, als gerechtfertigt angesehen werden. Es reicht nach bürgerlichem Verständnis nicht hin, über das Land zu laufen und "Eicheln zu sammeln" um Eigentum an ihm zu erwerben - es muss auch Spuren der Bearbeitung aufweisen um als besonderes Eigentum Anerkennung zu finden und andererseits verschafft die sichtbare Nutzung (Bearbeitung) eben dieses Eigentum auch über solches Land, das längst in anderer Weise arbeitend genutzt wird. Welche vorzügliche Wichtigkeit man dieser Definition beimaß zeigt, "[d]ass sogar ein aufgeklärter Mann wie Benjamin Franklin sagte, man solle im Rum ein Geschenk der Vorsehung sehen, das dazu diene, 'diese Wilden auszurotten und für jene Platz zu machen, die die Erde kultivierten'."
Peter Farb. Die Indianer. Verlag Fritz Molden. Wien - München - Zürich 1971. S.297.
Im Laufe des 19. Jahrhundert
"entwickelte sich die Vorstellung vom bürgerlichen Eigentum als eines nach Belieben des Inhabers zu seinem Vorteil einzusetzenden Rechtes. Der gemeinrechtlichen Pandektenrechtsdoktrin gelang es in den Quellen des römischen Rechts das bürgerliche Eigentum nachzuweisen und ihm damit eine zeitüberdauernde historische Würde zu verleihen. Das war allerdings nur bei selektiver Verwendung der Quellen und gründlicher Verkennung der ganz anderen gesellschaftlichen Zusammenhänge zur Zeit der Entstehung der klassischen Rechtsquellen möglich."
Hartmut Rittstieg. Eigentum als Verfassungsproblem. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt. 1975. S. 205
Bleibt noch anzumerken, dass auch das ausschließende Erbrecht, das für uns die "normalste Sache der Welt" zu sein scheint, alles andere als "natürlichen" Ursprungs oder seit je und überall ausgeübter Brauch ist. Davon legen Grabfunde die zeigen, dass man Verstorbenen in früheren Zeiten vielfach ihre gesammte Habe - mitunter sogar Sklaven und Ehefrauen mit ins Grab gab, beredtes Zeugnis ab. In anderen Kulturen ist (oder war) es teilweise üblich, die gesammte Habe des Verstorbenen - einschliesslich seines Hauses oder seiner Hütte nach seinem Ableben zu verbrennen. Soviel in aller gebotenen Kürze zu rechtsphilosophischen und rechtsgeschichtlichen Hintergründen.
2.3 Exkurs: Andere Formen des Eigentums
So ziemlich alle bekannten "jungen" Kulturen (Nicht: Zivilisationen!) zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen das Privateigentum an Grund und Boden unbekannt ist. Das gilt auch für die frühen Kulturen des Abendlandes. Wo der Boden nicht gemeinschaftlich bewirtschaftet wurde, da wurde er "verlost". Im alten (vorklassischen) Griechenland erhielt jeder erwachsene Mann bei der Familiengründung ein Stück Land, das groß genug war, ihn und seine Familie zu ernähren, aus dem "Pool" der Gemeinde. Bei seinem Ableben konnte er dieses Stück Land jedoch nicht an seine Nachkommen vererben, sondern es fiel an die Gemeinschaft zurück um erneut "verlost" zu werden. In frühen Phasen des sich entwickelnden Eigentumsrechtes war es immer noch strikt verboten, das Land, das einem einmal zugesprochen worden war, zu veräußern. Diese Vorschriften wurden wahrscheinlich durch zunehmenden Bevölkerungsdruck und daraus resultierender fortschreitender Zersplitterung der Parzellen zunächst unterlaufen und später ganz außer Kraft gesetzt.
Nordamerikanische Indianer entwickelten zum Teil - unter europäischem Einfluss - eine besondere Form des "Privateigentums" an Grund und Boden:
"Eigentumsverletzung war dann gegeben, wenn jemand das Revier eines anderen betrat - doch nur dann, wenn er Felle zu Verkaufszwecken gewinnen wollte. Betrat er das fremde Revier um zu fischen, Beeren zu sammeln oder einen Baum für den Bau eines Kanu zu entrinden, stellte dies keine Eigentumsverletzung dar. Das heißt die Produkte des Landes waren immer noch gemeinsamer Besitz. Eigentumsverletzung bezog sich nur auf die Felle, die den weißen Händler interessierten. Ein Indianer durfte im fremden Revier sogar einen Biber töten, wenn er hungrig war, doch das Fell mußte er dem Revierbesitzer aushändigen. Das Revier ist kein Beweis für ein angeborenes Streben nach Besitz, nicht einmal auf dem primitiven Niveau der Sippe. Es ist lediglich ein Beweis dafür, wie eine eher lockere und flexible gesellschaftliche Organisation einer Herausforderung begegnen und sich anpassen kann."
Peter Farb. Die Indianer. Verlag Fritz Molden. Wien-München - Zürich 1971. S.84.
Im und während des Feudalismus waren
"[w]esentliche Ansatzpunkte der Herrschaft [...] Rechte an Grund und Boden, der neben der Arbeit bis in das 19. Jahrhundert hinein im größeren Teil Europas der entscheidende Produktionsfaktor war. Es gab kein Bodeneigentum im Sinne des modernen Eigentumsbegriffes, d.h. einer zum Ausschluß Dritter berechtigenden, willkürlichen Verfügungsgewalt. Für das mittelalterliche Rechtsdenken standen vielmehr konkrete, gewachsenen Rechte im Vordergrund, die vielfach gleichzeitig mit der Verfügung über den Bodenertrag die Herrschaft über seine Bewohner zur Folge hatten, aber durch Pflichten gegenüber dem Lehnsgeber einerseits und gegenüber den Bewohnern andererseits begrenzt waren."
Hartmut Rittstieg. Eigentum als Verfassungsproblem. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt. 1975. S. 3
3. Eigentum und Freiheit
Für die Möglichkeit rechtmäßigen Erlangens von Reichtum in der bürgerlichen Gesellschaft sind folgende Punkte von zentraler Bedeutung:
- Vertrag(srecht)
- exkludierendes (ausschließendes) Eigentumsrecht
- die daraus resultierende Freiheit der Person als Eigentümer (seiner selbst)
- exkludierendes Erbrecht
Das bürgerliche Recht gründet sich - wie gezeigt - wesentlich auf die Übereinkunft (den Vertrag), dass jedes Individuum ein andere ausschließendes Recht auf das Eigentum zunächst an seiner eigenen Person und damit auf das ebenfalls ausschließende Recht auf die durch die Tätigkeit (Arbeit) dieser Person hervorgebrachten Güter und sodann auf das Recht zur Übertragung dieser Güter durch Vertrag - und damit das Recht auf Aneignung und Veräußerung von Eigentum an Gütern, die nicht der eigenen Arbeit zu verdanken sind. Man sieht, warum der Vertrag an erster Stelle steht und nicht das Recht auf Eigentum:
- der Vertrag sichert zunächst das Recht auf exkludierendes Eigentum überhaupt, bzw. begründet es durch die Zusicherung der Gegenseitigkeit und
- durch den Vertrag kann das Eigentumsrecht modifiziert werden.
Dass der Vertrag dabei das Eigentum bzw. die Autonomie immer schon implizit voraussetzen muss, ist ein bekannter Schönheitsfehler, der hier nicht weiter diskutiert werden kann.
In der Fassung der Unverletzlichkeit (also Freiheit) der eigenen Person (also des eigenen Lebens) als Unverletzlichkeit eines Eigentums wird die ganze Gesellschaft - unabhängig davon ob die einzelnen Mitglieder überhaupt irgendwelche materiellen Güter besitzen - zu einer Gesellschaft von freien Eigentümern a priori erklärt. In dieser Hinsicht (als Eigentümer) sind alle gleich - und demzufolge - das kann nun unterstellt werden - müssen auch ihre Interessen als Eigentümer gleich sein, da das Eigentum zugleich Garant ihrer Freiheit ist. Hier werden also drei Begriffe, die im Grunde nichts miteinander zu tun haben zu einem Einzigen verschmolzen und Freiheit, Leben und Eigentum werden als geradezu so unzertrennlich zusammenhängend gedacht, wie die drei Quarks im Proton eines Wasserstoffatoms.
Ich halte es für überaus leichtfertig, Freiheit und Eigentum dergestalt zu verknüpfen und zu fast schon synonymen Begriffen, wie es etwa bei den Paläo-Neo-Liberalen der Fall zu sein scheint, zu machen und zwar besonders dann, wenn davon abgesehen wird, unter verschiedenen Formen des Eigentums zu unterscheiden, sondern diese sogar implizit gleichzusetzen. Es sind diese: Eigentum an der eigenen Person (historisch, wie gezeigt, alles andere als eine Selbstverständlichkeit), Eigentum an existentiellen Gütern und Dingen des täglichen Bedarfs, der Kultur, Bildung etc. und endlich Eigentum an Produktionsmitteln. Das einzige Eigentum, das der Freiheit anderer von vornherein Schranken setzt - und zwar mit Notwendigkeit -, ist das Letztgenannte. Es ist darüber hinaus dasjenige, das ein konkretes Machtmittel darstellt und geeignet ist, die "Freiheit" (hier: zur Macht) einzelner oder weniger Individuen auf Kosten der Übrigen zu befestigen und zu vergrößern, denn die scheinbare Privatangelegenheit wird hier unausweichlich zum Gegenstand öffentlichen Interesses und hätte ohne dieses Interesse keinen Bestand. Das tatsächlich rein private Eigentum an einem "Eigen"heim (oder das eigene Auto z.B.) kann solches nicht leisten. Im Gegenteil: es zwingt sogar zu verstärkter Anpassung und Aufgabe gewisser Freiheiten - es bindet.
Sich etwas aneignen, heißt, wie bereits angemerkt, in der geltenden Fassung des Eigentumsrechts: anderen den Zugang dazu zu verwehren oder diesen Zugang kontrollieren zu dürfen, im Falle hoher Eigentumskonzentration also: Macht über andere auszuüben, und zwar nicht demokratisch legitimierte Macht - wenn sie auch prinzipiell demokratisch reguliert sein sollte, was faktisch aber bloß ein Lippenbekenntnis ist. Wo es sich bei diesem Aneignen nicht um Güter von existentieller Bedeutung für die Allgemeinheit handelt, mag ein solches Recht noch angehen. Die kapitalistische Wirtschaftsweise basiert aber gerade auf dem Prinzip der forcierten Aneignung von allgemein benötigten Ressourcen durch Minderheiten, wobei die besitzlose Allgemeinheit diesen Ressourcen einfach zugeschlagen wird (Humankapital, Arbeitsmarkt).
4. Eigentum und Demokratie
Nach dem vorstehend skizzierten ist wohl kaum noch zu übersehen, dass die gegenwärtig gegebenen Eigentumsverhältnisse nicht aus demokratischen Verfasstheiten hervorgegangen sind. Sie haben - wie gezeigt wurde - ihren Ursprung im Spätfeudalismus und waren zunächst vor allem der Durchsetzung des Absolutismus dienlich. Die - nachgereichte - politische Demokratie hat es seit je versäumt, das zu berücksichtigen; das ist ein wesentliches Manko, das sich zunehmend zu rächen scheint. Wenn man eine solche Ideologie des faktisch uneingeschränkten Rechts zur Akkumulation konsequent zu Ende denkt, dann wird man feststellen, dass auch die Aneignung aller Ressourcen durch eine einzige Person durchaus rechtmäßig wäre. Ganz "blind" gegenüber diesem Problem ist die Demokratie allerdings nicht, siehe GG Artikel 14, demzufolge Enteignung ein rechtmäßiges demokratisches Mittel ist, das allerdings sehr selten angewandt wird, und wenn, dann seltsamerweise häufig gerade da, wo es in erster Linie um (privat-)wirtschaftliche Interessen geht (z.B. Braunkohlenabbau) und eher selten im Dienste des Gemeinwohls. "Enteignung" ist sowieso ein nicht gerade präziser (wenn nicht: sophistischer) Begriff. Er unterstellt nämlich, dass die Enteigneten hernach vollkommen besitzlos wären, was aber nicht der Fall ist, sie besitzen nur keinen überproportionalen Anteil an Machtmitteln mehr.
Ein Grundproblem aller existierenden demokratischen Staaten findet sich also allem Anschein nach in dem Umstand, dass bei deren Gründung davon abgesehen wurde, die unter feudalen Verhältnissen gewachsenen Strukturen radikal zu "demokratisieren", so dass es im Folgenden zwar zu einer formellen, nicht aber zu einer substantiellen Neuordnung gekommen ist. Vieles in unserer Rechtsprechung ist nicht aus "demokratischem Geist" geschöpft, sondern aus vordemokratischen Gepflogenheiten übernommen und lediglich auf ein verändertes Machtgefüge (Bourgeoisie statt - oder zunächst plus - Adel) angepasst worden. D. h. es ging vornehmlich darum, die vorgefundenen Strukturen soweit umzubilden, dass das wirtschaftlich bereits dominante Bürgertum als neu entstandenes Element in ihnen einen Platz an beherrschender Stelle finden konnte. Dieser Akt der Emanzipation des Bürgertums konnte freilich nur unter Einbeziehung und Teilemanzipation auch der unteren Klassen gelingen. Und diese Teilemanzipation der breiten Massen ging dann auch gerade soweit, dass die personale Gewalt des Adels über sie gebrochen wurde, sie aber den herrschenden Klassen, zu denen das Bürgertum nun aufgestiegen war und die auch weiterhin nur jeweils ca. 5% der Gesamtbevölkerung ausmachten, als ausbeutbares Arbeitskräftereservoir weiter zur Verfügung standen.
4.1 Exkurs: Was ist Demokratie?
Unter Demokratie verstanden wird gemeinhin die Herrschaft über das Volk durch das Volk selbst. In dem, was wir als "real existierende Demokratie" - auch repräsentative Demokratie genannt - kennen, ist davon freilich nicht viel aufzufinden. In Wirklichkeit herrscht nach wie vor nicht das Volk, sondern es darf lediglich seine Herrscher wählen, wobei das Angebot an Kandidaten oft recht eingeschränkt, auf jeden Fall aber schon innerhalb bestimmter Gruppen (Parteien) preselektiert ist, und bekommt in regelmäßigen Intervallen die Möglichkeit, diese Wahl zu widerrufen und sich eine andere Herrschaft zu wählen. Ob diese Wahl nun auf Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht beruht, ist zunächst von relativ untergeordneter Bedeutung, ebenso wie die Frage, ob es sich um eine parlamentarische oder eine präsidiale Demokratie handelt. Wäre das anders, so könnten wir Frankreich, Großbritannien oder die USA z.B. gar nicht als demokratisch verfasste Staaten anerkennen. D. h.: was sich Demokratie nennen darf, ist alles andere als eindeutig definiert.
Das Grundprinzip der "real existierenden Demokratie" kann nach gängiger Auffassung wohl als erfüllt gelten, solange das Volk in der Lage bleibt, die einmal an Personen oder Parlamente delegierte (besser: "verliehene") Macht wieder "zu kassieren". Was allerdings grundsätzlich ausgeschlossen bleibt, ist die Möglichkeit, diese Macht - wenn einmal entzogen - nicht sofort wieder zu verleihen. Wollte das Volk die Macht "bei sich" behalten, wäre es paradoxerweise die Macht los.
Als ein zentraler Wert der Demokratie gilt neben der Würde des Menschen die Freiheit, und zwar die größtmögliche Freiheit eines jeden Einzelnen. (Nach Immanuel Kant ist die Freiheit übrigens eine der drei sogenannten "Vernunftideen" (Gott, Freiheit, Unsterblichkeit) also: ein metaphysischer Begriff, ein Begriff an den man glauben darf.) Diese Freiheit kann aber nicht grenzenlos sein, da sie spätestens am Freiheitsanspruch des "Nächsten" ihre erste Hürde finden muss. Damit diese konkurrierenden Freiheitsansprüche nicht in partikulare Machtansprüche und Machtkämpfe kippen, muss zur Freiheit die Ordnung treten. Die Ordnung, so unverzichtbar sie ist, kann aber niemals den gleichen Rang einnehmen wie die Freiheit. Sie soll ein Höchstmaß an (allgemeiner individueller) Freiheit ja erst ermöglichen und sichern. Die Koexistenz von Freiheit und Ordnung ist also ebenso notwendig wie problematisch. Jede Ordnung schränkt Freiheit ein, indem sie Wahlmöglichkeiten reduziert und ist andererseits Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine Wahl getroffen werden kann. Ernst Bloch hat das sehr pointiert um Ausdruck gebracht:
"Nur der Wille Freiheit hat einen Inhalt, der Logos Ordnung hat keinen eigenen Inhalt; mit anderen Worten: das Reich der Freiheit enthält nicht wieder ein Reich, sondern es enthält die Freiheit oder jenes Fürsichsein, zu dem hin einzig organisiert und geordnet wird."
Ernst Bloch. Das Prinzip Hoffnung Bd.2 Suhrkamp FfM 1973. S.620
"Konkretes Freisein ist Ordnung als die seines eigenen Felds, konkretes Geordnetsein ist Freiheit als die seines einzigen Inhalts."
Ernst Bloch. Das Prinzip Hoffnung Bd.2 Suhrkamp FfM 1973. S.621
Ordnung hat also vornehmlich die Aufgabe die Freiheit zu garantieren und zu befördern, ist der Freiheit jedoch (Vorsicht: Paradox) nachgeordnet. Auf die Demokratie übertragen könnte man also sagen: Im Begriff Demokratie drückt sich der "Wille Freiheit" aus, im Begriff Verfassung hingegen der "Logos Ordnung". Die geordnete Freiheit erfährt ihren stärksten Ausdruck vielleicht in der Aufgabe jeglicher individueller Freiheit zur Gewalt zugunsten des Staatlichen Gewaltmonopols. So wird aus der Freiheit zur, die Freiheit von Gewalt. Die monopolisierte staatliche Gewalt hat nur mehr einen Zweck: die individuelle Gewaltausübung in Schach zu halten und ihr ggf. entgegenzutreten. Idealiter würde sie mit der Abschaffung jeglicher ausgeübter Gewalt zusammenfallen. Theoretisch ist vorgesehen, dass in einer demokratisch verfassten Gesellschaft jeder Mensch (soweit er als "Bürger" gilt) jeden Platz in deren Strukturen einnehmen kann, faktisch sind wir davon vielleicht weiter entfernt als je zuvor. Dieses Problem ist alles andere als neu und nicht erst seit gestern bekannt. Zu einem guten Teil ist es womöglich der bereits angesprochenenunseligen Verschmelzung der Begriffe Freiheit, Leben und Eigentum zu verdanken. Eine Synthese deren Fehlerhaftigkeit gar nicht erst zur Sprache gebracht wird. Dazu noch einmal Hartmut Rittstieg:
"Die in vorindustrieller Zeit geprägten Formeln über den Zusammenhang von Eigentum, Freiheit und menschlicher Persönlichkeit werden in immer neuen Variationen gleichsam axiomatisch verwendet, ohne daß ihre Tragfähigkeit unter den Bedingungen der Industriegesellschaft geprüft wird. Ungeprüft bleibt auch ihr Bestand vor den erst später akzeptierten Postulaten der politischen Demokratie und der Sozialstaatlichkeit."
Hartmut Rittstieg. Eigentum als Verfassungsproblem. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt. 1975. S. XIV.
Anmerkung: Ein weiterer (umstrittener) Begriff ist der Begriff der Gleichheit - zumindest in Bezug auf Freiheit muss aber Gleichheit gegeben sein (bzw. gewährleistet werden). Wird aber die Freiheit (wie gezeigt) mit dem dem Eigentum verschmolzen, dann folgt daraus eigentlich, dass die Gleichheit auch hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse gefordert werden müsste.
5. Noch einmal: Leistung
Was ein einzelner Mensch zu leisten in der Lage ist, hängt von folgenden Faktoren ab:
- von den vorhandenen materiellen und imateriellen (intellektualen) Ressourcen
- von den persönlichen Fähigkeiten diese Resourcen zu "verarbeiten" d.h. sie in etwas anderes zu verwandeln, das dann seinerseits wieder zur Ressource weiterer Transformationen werden kann.
- von Möglichkeiten der Kommunikation und Kooperation, die es z.B. ermöglichen, dass die Idee eines Menschen, die dieser - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst realisieren kann, von anderen Menschen in die Tat umgesetzt wird. Wobei viele Ideen überhaupt erst infolge eines kommunikativen Prozesses entstehen können. Kommunikationen haben eine horizontale (räumliche) und eine vertikale (zeitliche) Richtung. Die horizontaleAusdehnung entscheidet über die Möglichkeiten des Austausches unter gleichzeitig lebenden Menschen. Die vertikale Ausdehnung entscheidet über den Umfang des Zugriffs auf vorgängige Kommunikationen. Die verfügbaren Resultate vorgängiger Transformationen und Kommunikationen gehen damit in den Fundus verwertbarer Ressourcen ein. Und das bedeutet: sowohl materielle als auch geistige Ressourcen lassen sich noch einmal in (natürlich) vorgefundene und (gesellschaftlich) hervorgebrachte unterteilen.
- von der Möglichkeit des Zugriffs auf vorhandenen Ressourcen. Das bedeutet: auf niedriger Entwicklungsstufe ist vorwiegend die vorgefundenen Beschaffenheit der natürlichen Umwelt von entscheidender Bedeutung, die auf entwickelter Stufe mit räumlich erweiterten Zugriffsmöglichkeiten hingegen zunehmend durch die sich herausbildenden gesellschaftlichen Strukturen, insbesondere der Struktur des Rechts abgelöst wird.
- von den Regeln (Gesetzen) und Rechten die für die real gegebenen Zugriffsmöglichkeiten von ausschlaggebender Bedeutung sind
Die quantitativen Eigenschaften der genannten Ressourcen unterscheiden sich signifikant dadurch, dass durch jeden einzelnen Akt individueller Aneignung die frei und unberührt vorfindbaren materiellen Ressourcen verknappt, die geistigen Ressourcen (Wissen) hingegen infolge eines jeden einzelnen Aneignungsaktes vermehrt werden. (Nur) Was sich mit-teilen lässt, lässt sich praktisch unbegrenzt teilen. Sowohl materielle als auch geistige Ressourcen existieren ab einer bestimmten Entwicklungsstufe vorwiegend als gesellschaftlich tradiertes Vor-Produkt. Das "Rohmaterial" gewinnt zunehmend an Raffinesse.
Eingangs wurde bereits gesagt, dass es für die konzentrierte Anhäufung von Gütern, die nicht Produkte der je eigenen Arbeit sind und damit für die Bildung von Reichtum drei Möglichkeiten gibt: Gewalt, List und Liebe. Konkret realisiert finden wir diese Möglichkeiten in den Formen
- 1. des Raubes z.B. im Feudalismus, der sich letztlich auf die Gewalt über andere Menschen gründet und damit den Zugriff auf deren Arbeitsprodukte per physischem Zwang bzw. Zwangsandrohung ermöglicht.
- 2. im Teilen und Schenken wie es in einigen naturnah lebenden Gesellschaften vielleicht (noch) üblich sein mag, das aber auch in der bürgerlichen Gesellschaft noch eine gewisse Rolle - insbesondere in Form des ausschließenden Erbrechts (darum Liebe bzw. liebende Sorge) - spielt. Und
- 3. im Ergaunern, Betrügen und Übervorteilen, wie es für jede auf gewinnorientiertem Handel basierende Gesellschaft kennzeichnend sein muss.
Es liegt auf der Hand, dass aufgrund der theoretischen Grundlagen des bürgerlichen Eigentumsrechtes und der postulierten Unantastbarkeit der Person die Option des Raubens, zumindest als eine legitim erscheinende, von vornherein ausscheidet. Um so wichtiger sind die beiden anderen Optionen, wobei der legalisierte Betrug die allgemeine und die Liebe die (nur) im besonderen angewandte Methode darstellt. Der Betrug beginnt bereits damit, die Arbeitskraft, die Produkte erst hervorbringt, selbst schon als etwas dem Menschen Äußerliches und damit Veräußerliches, das Produzierende als Produkt mithin als potentielle Ware anzusehen und auf diese Weise jeden Menschen a priori mit dem Eigentümer in eins zu setzen. Wer ein Recht auf Eigentum besitzt, hat damit noch kein konkretes, gegenständliches Eigentum, sondern nur ein abstraktes: er ist (als "Eigentümer") gerade Eigentümer dieses Rechts - weiter nichts; zur Realisierung dieses Rechts muss es zuerst noch durchgesetzt werden, es kann nicht - soll es denn mehr als nur eine Farce sein - als "in sich" erfüllt gelten. Dass der mit dem Handel verdeckt stets einhergehende Betrug (Nicht von ungefähr ist Merkur der Gott der Handels und der Diebe) trotzdem kaum auf Kritik stößt mag damit zusammenhängen, dass in einer Gesellschaft, in der jeder der arbeiten will zuvor immer schon als Händler aufzutreten gezwungen ist, alle das Gefühl haben (müssen) "unter einer Decke zu stecken".
Eine Person, die in der, in einer arbeitsteiligen Gesellschaft unentbehrlichen, Funktion des Distributors auftritt und deren ganze Arbeit darin besteht für den notwendigen Austausch der Arbeitsprodukte zu sorgen, dürfte, wenn nur ihre eigene Arbeit vergütet werden soll, eben auch nicht mehr Wert abschöpfen, als sie durch diese Tätigkeit den Gütern an Wert zusetzt. Und der würde sich nach Marx z.B. aus der durchschnittlich erforderlichen abstrakt gesellschaftlichen Arbeit(szeit) bestimmen lassen. Der Distributor müsste also, wenn jeder den (Gegen-)Wert seiner Arbeit erhalten soll, dem Lieferer genau den Betrag, der der in der Ware bereits enthaltenen Arbeit entspricht, zahlen und vom Abnehmer wiederum nur den lediglich um den Wert der vom Distributor zugesetzten Arbeit erhöhten Betrag erhalten. Dass die Marxsche Wertlehre und deren Unterscheidung von Gebrauchs- und Tauschwert von bürgerlichen Ökonomen gemeinhin in Bausch und Bogen abgelehnt wird, ist hinlänglich bekannt. Dagegen wäre auch gar nichts einzuwenden, wenn sie denn ein präziseres oder einleuchtenderes Modell anzubieten hätten und nicht bloß ein obskures "Gesetz" von Angebot und Nachfrage, aus dem dann von vornherein folgen muss, dass gerade das, was jeden Wert erst schafft, die menschliche Arbeitskraft, aufgrund des exorbitanten Überangebotes praktisch vollkommen wertlos ist und deswegen zu Dumpingpreisen gehandelt wird.
6. Epilog
Es gibt also selbstverständlich individuell bedingte Unterschiede "angeborener" menschlicher Potentiale, aber es gibt auch sozial bedingte Unterschiede, und diese gewinnen mit fortschreitender gesellschaftlicher Entwicklung kontinuierlich an Bedeutung und werden so zur treibenden Kraft und entscheidenden Moment für die Kluft zwischen Habenden und Habenichtsen. Die konkreten Differenzen zwischen Armen und Reichen sind folglich keinesfalls ohne weiteres denjenigen zuzuschreiben, die leer ausgegangen sind, ausgehen, ausgehen werden. Sie fallen einfach nicht in die Verantwortung eines Einzelnen und sind von ihm allein auch unmöglich aufzuheben. Niemand hat sich im Augenblick seiner Geburt bereits irgendwelche Verdienste erworben und zumindest zu diesem Zeitpunkt sollten die Rechte und Chancen aller gleich sein. Faktisch ist es aber so, dass einige wenige schon "Verdienst" anhäufen, noch ehe sie das Licht der Welt erblicken, während viele andere nicht mal das Nötigste bekommen, um sich überhaupt gesund entwickeln zu können. Bis auf weiteres scheint somit der folgende Ausspruch Johann Gottlieb Fichtes seine Gültigkeit zu behalten:
"Man hat die Aufgabe des Staates bis jetzt nur einseitig und nur halb aufgefasst, als eine Anstalt, den Bürger in demjenigen Besitzstande, in welchem man ihn findet, durch das Gesetz zu erhalten. Die tiefer liegende Pflicht des Staates, jeden in den ihn zukommenden Besitz erst einzusetzen, hat man übersehen."
Johann Gottlieb Fichte. Zitiert nach Ernst Bloch. Das Prinzip Hoffnung Bd. 2. Suhrkamp Verlag. FfM 1973. S.641
Dieser Zustand wachsender Ungleichheit ist aber, ebenso wie unser gegenwärtiges Eigentumsrecht (und jedes andere gesetzte "positive" Recht), alles andere als eine "ewige Wahrheit". Im Grunde handelt es sich nicht mal um einen Zustand, den wir aus freien Stücken gewählt hätten. Er ist das vorläufige Endergebnis eines historischen Prozesses und bloß auf uns überkommen, ohne dass wir selbst den geringsten Anteil an seinem Zustandekommen hätten und so kann "[d]er Kapitalist [...] jetzt als der Eigner des ganzen gesellschaftlichen Reichtums in erster Hand betrachtet werden, obgleich kein Gesetz ihm das Recht auf dies Eigentum übertragen hat ..." MEW Bd.23. Das Kapital Bd.1. Dietz Verlag Berlin 2001. S.373
Solange wir uns nur einigermaßen komfortabel in ihnen einzurichten wissen, zeigen wir gemeinhin wenig Neigung die vorgefundenen Verhältnisse zu ändern - selbst dann nicht, wenn die Vernunft für eine Änderung spräche. Oft bejahen wir sie sogar, ohne dass wir unmittelbar an ihnen partizipieren würden. Dazu sind wir vor allem dann geneigt, wenn wir uns einbilden dürfen, dass jeder Einzelne jede beliebige Stelle in den bestehenden Strukturen einnehmen könnte, so er nur "fleißig, kreativ und zur richtigen Zeit am richtigen Ort" ist. Unsere Bejahung des Bestehenden ist aber nie mehr, als ein nachträgliches Abnicken, das zum Einen aus der Sorge, Veränderungen könnten zu (weiteren) Verschlechterungen führen, zum Anderen durch die permanent geschürte Hoffnung auf eine mögliche Verbesserung der eigenen Position, bzw. der möglichen Steigerung des eigenen Wohlbefindens innerhalb der bestehenden Verhältnisse, bewirkt wird.
Solche Hoffnungen werden aufrechterhalten durch Ausnahmekarrieren, die das System schon deswegen bereitstellen muss, weil es ein "Ventil" braucht. Andere Ventile sind total groteske Bezüge von Spitzensportlern, Lotterien mit enormen Gewinnbeträgen bei minimalen Gewinnchancen, Millionär werden (können) bei Günter Jauch, Castingshows oder ein Jahr im Container bei RTL II als Silberstreif am Horizont der ganz und gar zu kurz gekommenen. Das alles sind Ausnahmen von der Regel, die letztlich bloß die Regel bestätigen, die aber immer wieder massiv als scheinbar für jeden greifbare Realität ins Bewusstsein der Massen gerückt werden. Kein Tag ohne einen Gewinner. Häufig sind solche Ausnahme-Aufstiegschancen auch mit der Bedingung des (überspitzt gesagt) "Klassenverrats" verknüpft, der sich selbst auf vorgeblich "rein private" Bereiche erstrecken kann: "Man sagt, dass der sozial Aufsteigende in der Regel auch seine Konfession wechseln 'muss', wenn er aus einer 'niederen Konfession', etwa der Lutheraner oder Baptisten kommt." Dahrendorf. Die angewandte Aufklärung.
Man muss sich ganz und gar auf die "andere Seite" schlagen. Und wie so oft, ist es auch hier meist gerade der Proselyt, der sich am reaktionärsten gebärdet (man denke nur an Gerhard Schröder) und der das Bestehende, in dem er komfortabel einzurichten sich anschickt, mit Zähnen und Klauen zu verteidigen gewillt scheint.
Immerhin ist für die große Mehrheit nicht nur der deutschen, sondern der Weltbevölkerung ihre Arbeitskraft nicht nur die einzige "Ware", sondern auch das ganze "Kapital", das sie besitzt. Wenn dieses "Kapital" immer weiter entwertet wird, ist kaum abzusehen, wie es in Zukunft überhaupt noch als Verrechnungseinheit in Anschlag gebracht werden könnte. Man wird sich in also künftig wohl oder übel nach einem anderen "Verteilungsschlüssel" umsehen müssen - wenn es denn dann überhaupt noch was zu verteilen gibt. Aber das ist nun in der Tat ein ganz anderes Thema..
Es ist sonnenklar, dass das Allermeiste, was wir haben und nicht missen möchten, nur unter arbeitsteiligen Bedingungen zustande kommen kann. Ebenso klar ist, dass es dazu eines hohen Maßes an Koordination bedarf. Es ist auch überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass der Eine mehr und der Andere weniger besitzt - manchen interessiert ein größeres Besitztum vielleicht auch gar nicht. Es ist aber von wesentlicher Bedeutung, ob man zur Besitzlosigkeit von vornherein "genötigt" wird oder sie aus freien Stücken wählen kann.
Es kann und darf hinsichtlich zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklung freilich nicht bloß um die "sozialverträgliche" Verteilung von Arbeitsprodukten und schon gar nicht um die "Umverteilung" - ein Begriff, der lediglich anzeigt, dass die Verteilung nicht geklappt hat - gehen, sondern um die Aufhebung privater Besitzrechte an essentiellen Ressourcen, die immer Gegenstand öffentlichen Interesses sind, also um eine Demokratisierung der Art und Weise, wie mit ihnen verfahren wird, wie und durch wen oder was ihre Ausbeutung und ihre Verwertung kontrolliert und geregelt werden soll. Diese Kontrolle muss keineswegs durch den Staat vorgenommen werden um sie demokratisch nennen zu dürfen, sie sollte es auch nicht, denn die Teilung der Machtmittel (und organisierte Wirtschaft ist ein Machtmittel, und zwar seit je - d.h. seit es herrschaftliche Verhältnisse überhaupt gibt) und damit eine gewisse Teilautonomie der Wirtschaft ist durchaus sinnvoll. Diese Kontrollen müssen aber, wenn denn diese Gesellschaft als Ganzes das Prädikat "demokratisch" verdientermaßen tragen möchte, auch demokratischer Natur sein. Erste Ansätze dazu gab es ja bereits in Form der paritätischen Mitbestimmung in der Montanindustrie. Solche Ansätze werden aber zunehmend unterlaufen und sabotiert. In einer Zeit, in der das Wirtschaftsleben vorwiegend von Kapitalgesellschaften (also nicht von Einzelunternehmern) beherrscht wird, gerät die Floskel vom "Unternehmerischen Risiko", das entsprechend hohe und teilweise einfach überzogene Gewinnchancen fordern muss, zunehmend zur reinen Augenwischerei. "Unternehmer" dieser Art riskieren fast gar nichts, denn sie haften ja nicht mit den Gewinnen, die sie in guten Tagen machen oder ihren besonderen Einkünften aus den Firmen, sondern lediglich mit ihrer Einlage. Die wirklichen Risikoträger (auch für das Risiko unternehmerischen Versagens und Misswirtschaft) sind die Beschäftigten, die nach der Entlassung auf dem Arbeitsamt Schlange stehen dürfen, während, der arme, "ruinierte" Kapitalist bereits das nächste Eisen ins Feuer schiebt.
Ein Minimum an Verantwortlichkeit und ökonomischer Demokratie könnte immerhin dadurch erreicht werden, dass eine Firma, die unter wirtschaftlichen Druck gerät, sich nicht einfach auf Kosten der Gesamtgesellschaft entlasten kann indem sie "Arbeitskräfte freisetzt", das Management mit einer Millionengratifikation in den "wohlverdieneten" Vorruhestand verabschiedet und die Produktion in irgendein Billiglohnland verlagert, wo das Spiel dann von vorn beginnt, sondern dass alle an einem Unternehmen Beteiligten gemeinsam, also wenn man so will als eine Art "Produktionsgemeinde", Strategien entwickeln, mit deren Hilfe sie sich wieder "ins Spiel" bringen können. Dazu ist aber ein Rückgriff auf zuvor gemeinsam erwirtschaftete Überschüsse erforderlich, der bei privater Gewinnabschöpfung ja nicht möglich ist. Das sogenannte "Humankapital" - die Menschen jedenfalls gilt es zuerst zu retten und erst dann die Marktanteile und Aktienkurse. Man nehme sich ein Beispiel an der "Christlichen Seefahrt": Frauen und Kinder zuerst und der Kapitän verlässt das sinkende Schiff zuletzt.
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