Kapitalismus und Grundgesetz
Da frag' ich mich: Seit wann steht denn der Kapitalismus unter besonderem Schutz der Verfassung?Der neue, noch unveröffentlichte Verfassungsschutzbericht beschäftigt sich auf sechs Seiten mit der Unterwanderung von Lafontaine, Gysi & Co durch Linksextremisten und kommunistische Altkader. Den Bericht legt Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag vor.
• Stärkste Einzelgruppe (840 Mitglieder) innerhalb der Linkspartei ist demnach die „Kommunistische Plattform“ (KPF). Sie kämpfe offen für die „Überwindung des Kapitalismus“ und versuche massiv, das neue Parteiprogramm zu beeinflussen.
Quelle (BILD)
Schon 1954 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil über das Investitionshilfegesetz entschieden [...], dass die Marktwirtschaft nicht sakrosankt sei:
"Das Grundgesetz garantiert weder die wirtschaftspolitische Neutralität der Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt noch eine mit marktkonformen Mitteln steuernde 'Soziale Marktwirtschaft'. Die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach den Grundgesetz mögliche Ordnung, keineswegs aber die allein mögliche."
Frank Grube - Gerhard Richter. Das Wirtschaftswunder. Hoffman&Campe/Bertelsmann. o.J. S.103
Naja - 1954 - das ist ja auch schon 'ne Weile her ...
Nachtrag: (ca.22:30)
Vielleicht sollte man den Leuten vom Verfassungsschutz gelegentlich mal mitteilen, was sie denn da eigentlich schuetzen sollen ...
;-)
1 Kommentare:
Was hier der Verfassungsschutz tut, scheint in den Köpfen derer, die ihn anleiten, bereits seit längerem manifestiert zu sein. Als man einst über eine Haftentlassung Christian Klars nachdachte, sich dieser dahingehend äußerte, dass der Kapitalismus überwunden werden muß, da war der Aufschrei groß. Man solle den Unverbesserlichen bloß nicht freilassen, wenn er sich nicht an "unsere Werte" binden will, wenn er das System nicht duldet.
Nun kann man von Klar halten was man mag. Es ist schwer, in einem Pistolero einen Messias erkennen zu können. Und eben weil er mordete sitzt er in Haft. Meines Erachtens ist dies vertretbar, solange man ihn als "normalen Strafgefangenen" behandelt. Das beinhaltet auch die Bemühungen, ihn zu resozialisieren, sofern dies möglich ist. Die politischen Ansichten spielen dahingehend aber keine Rolle - dürfen gar keine Rolle spielen, weil eine verweigerte Resozialisierung aufgrund seiner Kapitalismusfeindlichkeit zu einer politischen Haft verwandelt würden. Dies würde eklatant gegen Artikel 4 und 5 (Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses und Meinungsfreiheit) des Grundgesetzes verstossen.
Es liegt mir fern, Christian Klar zu einem politischen Häftling zu erhöhen, den man in einem Atemzug mit Nelson Mandela oder dem steten Kurzzeithäftling Martin Luther King nennen könnte. Klar ist sicher kein moderner Thoreau - ein mordender schon eher. Aber: Man sieht, wie sich innerhalb dieser Gesellschaftsordnung die Werte verschieben. Ein Mörder soll weiterhin in Haft bleiben, weil er Kapitalismusfeind ist, nicht weil er Gefahr für das Leben bestimmter Menschen ist. Der Verfassungsschutz handelt danach und schützt nicht die Verfassung - so wie die INSM kein Interesse an sozialer Marktwirtschaft hat; so wie wir umgeben sind von allerlei Euphemismen -, sondern versucht die schützende Hand über das System zu legen, den Kapitalismus zu bewahren und von zersetzenden Subjekten zu befreien. Man muß befürchten, dass im Laufe einiger Jahre, eine neue Form des McCarthyism über die westliche Welt schwappt.
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