Donnerstag, 29. Oktober 2009

Comedian (Dis-)Harmonists

Schon vor der Wahl stellten einige Vertreter der kommenden Koalition demonstrativ ihr inniges und harmonisches Verhältnis zur Schau:




Inzwischen hat sich der große Vorsitzende selbst dazu geäußert:



Das schreit ja zum Himmel ...

Ah - nein, das ging anders ...

Wer schreit ist im Unrecht.

Hab' ich recht?

Und zu guter Letzt noch ein - wenn man einmal von der erforderlichen Währungsanpassung absieht - wirklich zeitloser Kommentar zu derartigen Zeitgenossen von Volker Pispers:




;-)


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Mittwoch, 28. Oktober 2009

Zum Koalitionsvertrag: Blindgänger und Blendgranaten

Update: 28.10.2009 ca. 16:25h

Eine These aus dem Wolkenkuckucksheim: Niedrigere Unternehmens- und Erbschaftssteuern sowie weiterer Verzicht auf die Einführung einer Vermögenssteuer sollen zu Investitionen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und damit zu "Wachstum" führen, das dem Staat dann trotz gesenkter Steuersätze zu höheren Steuereinnahmen verhelfen soll. Am Ende sollen dann mit diesen erwarteten Mehreinnahmen eben diejenigen Schulden getilgt werden, die jetzt gemacht werden um das Ganze in Gang zu bringen.

Wenn es ein Beispiel für eine Milchmädchenrechnung gibt, dann haben wir es hier gefunden.

Erstens besteht ganz offensichtlich kein Mangel an für Investitionen verfügbarem Finanzkapital, sondern gerade das Gegenteil ist der Fall: es gibt schon jetzt eher zu viel davon. Und weil es bereits seit geraumer Zeit mehr akkumuliertes Geldkapital gibt, als sich lukrative "realwirtschaftliche" Investitionsmöglichkeiten finden lassen, hat es überhaupt erst zur sogenannten Finanzkrise kommen können. Spekulation war (ist und bleibt) ganz offensichtlich gegenüber "realen" Investitionen die attraktivere "Anlagemöglichkeit".

Zweitens stehen die Milliardenbeträge, die die Regierung sich leiht, für unmittelbare Investitionen durch die Kapitaleigner nicht länger zur Verfügung. Warum leihen die aber der Regierung Geld, statt es selbst in Unternehmen zu investieren?

Vor allem - so wird man vermuten dürfen -, weil es lukrativer, mit weniger Aufwand verbunden und obendrein "sicherer" ist, der Regierung Geld zu leihen, als es irgendwo direkt zu investieren. Und so ist es ja auch: man erhält Zinsen für Geld, das man dem Staat leiht, damit er darauf verzichten kann, sich die erforderlichen Mittel etwa durch Steuern zu verschaffen und dieses Geld kann man dem Staat überhaupt erst leihen, weil er es einem nicht einfach "weggesteuert" hat. Letzteres wäre m. E. übrigens - abgesehen von Radikalmaßnahmen, wie etwa Hyperinflation oder Krieg - die einzige Möglichkeit, die Staatsschulden nach und nach tatsächlich abzubauen.

Zwischenbilanz: Es liegt also nicht an zu hohen Steuerlasten, wenn keine Investitionen vorgenommen werden, sondern an im Vergleich zu Spekulationserwartungen zu niedrigen und im Vergleich zu Staatsanleihen zu unsicheren Gewinnerwartungen.

Was dürfen wir als Folge erwarten?

Sobald das Kasino aus dem größten Schlamassel heraus ist, wird mit den erhöhten Gewinnen vor allem fröhlich weiterspekuliert werden. Der Effekt im Hinblick auf realwirtschaftliche Investitionen wird minimal sein - es sei denn, diese werden durch weitere offene oder versteckte Subventionen zusätzlich verzuckert.

Dazu kommt, dass man gemeinhin davon ausgehen darf, dass sich Steuersenkungen bestenfalls zu einem Drittel durch "wachstumsbasierte" Steuermehreinnahmen kompensieren lassen. Der Staat wird sich also auch künftig eifrig weiter verschulden und damit die Käufer von Staatsanleihen beglücken - frei nach dem Motto: der Staatshaushalt geht solange was pumpen bis er zusammenbricht.

Dass sich die Käufer von Staatsanleihen durch solche zumindest langfristig wenig erfreulichen Perspektiven nicht beunruhigen lassen, muss niemanden verwundern, die Gewinnerwartung von morgen überstrahlt jede Aussicht auf einen in relativer Ferne liegenden Totalverlust; man wird sich schon zu retten wissen. Hat doch bislang noch jede Regierung stets ihr Bestes gegeben, um den besitzenden Klassen auch in der Krise ihren Besitz zu sichern.

Was die angekündigte "Entlastung von Familien" angeht ist es um die Gegenfinanzierung deutlich besser bestellt. Man erhöht ein wenig das Kindergeld bzw. die Kinderfreibeträge und friert auf der anderen Seite die Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen ein. Steigen nun die Sozialversicherungsbeiträge, dann steigen sie nur auf Seiten der Arbeitnehmer, dort dafür aber um so heftiger. Vermutlich wird man, damit das "Netto" nicht sichtlich weiter schmilzt und um weitere Erhöhungen der Beitrage zu vermeiden oder zu dämpfen, in einem zweiten Schritt dann auch die Leistungen der Sozialversicherungen noch weiter beschneiden und die Leute auffordern mehr "private Vorsorge" zu betreiben, damit das "Netto" nicht ständig weiter schmilzt. Leisten können sie sich das ja jetzt, wo sie doch endlich mehr "netto vom brutto" haben. Dass ein geringes "Netto" bei paritätischer Beteiligung der Arbeitgeber an den Sozialabgaben immer auch ein höheres Brutto mit sich bringt, muss man ihnen ja nicht eigens auf die Nase binden.

Ein besonderer Clou ist der Plan, kommunale Unternehmen, die etwa in der Abfallbeseitigung tätig sind, künftig mehrwertsteuerpflichtig zu machen und zwar sehr wahrscheinlich zum vollen Satz - schließlich muss ja irgendwo wieder hereingeholt werden, was man durch die Absenkung der MWSt.-Sätze in der Gastronomie weggibt. Die MWSt. ist bekanntlich (?) eine Endverbrauchersteuer und somit für Unternehmen lediglich ein durchlaufender Posten. Sie gilt nicht als Bestandteil des Warenwerts (wovon der Endverbraucher gemeinhin aber keine Kenntnis besitzt), sondern eben als "Mehrwert". Als Endverbrauchersteuer ist sie auf den eigentlichen Wert (besser Preis), der Waren aufzuschlagen. Für die Preisentwicklung der betroffenen Betriebe gib es nun zwei Möglichkeiten: entweder schlagen sie die MWSt. auf die bisherigen Preise auf, dann werden ihre Leistungen für den Privatmann entsprechend teurer, während sich für Unternehmen an den Preisen gar nichts ändert, da diese die gezahlte MWSt. ja als Vorsteuer voll von Ihrer Steuerschuld abziehen können. Oder die kommunalen Betriebe "schonen" den Bürger und "übernehmen", wie es z.B. im Zuge der Privatisierung der Telekom der Fall gewesen ist, die MWSt. indem man auf Gebührenerhöhungen (vorläufig) verzichtet. Das hätte dann für Unternehmenskunden dieser Betriebe den angenehmen "Nebeneffekt", dass für sie die Kosten entsprechend den jeweils erhobenen MWSt.-Sätzen sinken würden. Angemerkt sei hier noch, dass die Endverbraucherpreise keineswegs um die vollen MWSt.-Sätze angehoben werden müssen um die Belastung auszugleichen, denn wer MWST. vereinnahmt und abführt, darf diese ja mit den verausgabten "Vorsteuern" verrechnen, was von der MWST. befreiten Betrieben nicht möglich ist. Man darf aber einigermaßen sicher sein, dass kaum ein Betrieb sich die Mühe machen wird, die ihm entstehenden Mehrkosten exakt zu errechnen. Aber ganz unabhängig davon ob die MWST. auf die Preise der Kommunalen Versorger aufgeschlagen oder in sie "integriert" wird; in jedem Fall werden Unternehmen durch diese Änderung gegenüber privaten Endverbrauchern begünstigt. Was hier als ein Mittel zur Verbesserung der "Wettbewerbsgerechtigkeit" zwischen kommunalen und privatwirtschaftlich betriebenen Unternehmen verkauft wird, entpuppt sich so als ein fauler Trick, den privaten Haushalten (und zwar allen, auch den sogenannten "Transferempfängern") durch die Hintertür eine höhere Steuerlast aufzuerlegen.

Bleiben noch die zu erwartenden "Verbesserungen" für den Bodensatz der Gesellschaft, die Bezieher von ALG2. Für diese bleiben sowohl die Anhebung des Kinderfreibetrages als auch die Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro pro Monat ohne jede positive Wirkung auf ihre Einkommensverhältnisse. Denn erstens zahlen sie ja keine Einkommenssteuer und zweitens wird das Kindergeld als "Einkommen" des Kindes vollständig mit ALG2 verrechnet. Abgesehen, dass diese Verfahrensweise an sich schon skandalös ist, denn für "Normalverdiener" bedeutet das Kindergeld ja eine Einkommenszulage, ist es obendrein eine doppelte Frechheit, dass bei diesem "Einkommen" nicht einmal die ansonsten üblichen "Freibeträge" für Nebeneinkünfte gewährt werden (pauschal 100 Euro plus 20% von jedem weiteren hinzu verdienten Euro). Immerhin sollen, wie man vernimmt, neben der an anderer Stelle bereits erörterten Verdreifachung des sog. "Schonvermögens" auch die "Zuverdienstmöglichkeiten" erweitert werden, was ohne die gleichzeitige Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes freilich bloß ein schlechter Witz ist. Denn durch diese "Verbesserung" wird vor allem gewerblichen oder privaten "Arbeitgebern" in zunehmendem Umfang ermöglicht, Menschen zu nicht existenzsichernden Löhnen zu "beschäftigen". Im Grunde genommen werden also auch hier in erster Linie einmal mehr Unternehmen und "besserverdienende" Privathaushalte entlastet. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen, wer die Arbeitskraft anderer Menschen dem eigenen Gewinnstreben nutzbar macht, der sollte dafür wenigstens soviel aufwenden müssen, dass der arbeitende Mensch bei Vollzeit von seinem Arbeitsentgeld auch "in Würde" leben kann. Und selbst dieses Minimum wäre streng genommen noch zu wenig, denn a) setzt es bei Paaren beide Personen unter Vollerwerbszwang und b) wäre ein solches Minimaleinkommen immer noch viel zu gering um auch noch Kinder aufziehen zu koennen. Was gerade für zwei reicht, kann ja wohl schlecht auch noch für drei, vier oder mehr reichen.

Und dann wird auch noch etwas für die Bildung getan, indem man "besonders begabten" Studenten Stipendien in Höhe von 300 Euro pro Monat in Aussicht stellt. Dass davon mehrheitlich mit Sicherheit nicht diejenigen profitieren werden, die aus eher bescheidenen Verhältnissen stammen, wird man nicht eigens erklären müssen. Auch sollen "kleine Selbständige" künftig "Zugang zur Riester_Rente" erhalten - ich höre jetzt schon das Knallen der Sektkorken bei den Versicherungsgesellschaften.

Zum Abschluss noch ein paar Worte über das Verhältnis von Eigentum und Demokratie. Am Montag sah ich mal wieder ein Fetzchen "Unter den Linden" auf phoenix. Eingeladen waren dieses Mal Katja Kipping (MdB und stellvertretende Bundesvorsitzende Die Linke) und Jens Spahn (MdB CDU). Als ich zuschaltete, hatte Kipping gerade vorgeschlagen, Banken samt und sonders dauerhaft zu vergesellschaften (nicht zu verstaatlichen) um sie unter demokratische Kontrolle zu bringen. Da packte ihr Kontrahent gleich mal die Keule "Eigentumsrecht" aus und zwar als "Bedingung der Demokratie". Ein vollkommen lächerliches Argument. Ein Eigentumsrecht ist nicht einmal ein besonderes Merkmal einer Demokratie, es ist eigentlich eine "Selbstverständlichkeit". In irgendeiner codifizierten oder auch einfach traditionalen Form gibt es immer und überall ein "Eigentumsrecht". Aber, wie gesagt, in irgendeiner Form und nicht etwa in einer ganz bestimmten. Nicht einmal das Grundgesetz schützt ausdrücklich eine ganz bestimmte Form des Eigentums; es gewährleistet nur das Eigentum überhaupt, ohne dabei etwa explizit zwischen Gemein- und Privateigentum zu unterscheiden. Diese Unterscheidung bleibt dem BGB vorbehalten. Wer also neue Formen des Eigentums entwickeln und umsetzen möchte vergreift sich dabei keineswegs an einer Grundbedingung der Demokratie, sondern realisiert Demokratie überhaupt erst, insbesondere wenn er das Eigentumsrecht zu einer Frage macht, über die demokratisch entschieden werden soll. Das gegenwärtige Eigentumsrecht beruht ja nicht etwa auf demokratischen Entscheidungsprozessen, sondern wurde aus vordemokratischen Verhältnissen quasi vor der Demokratie, bzw. vor dem demokratischen Zugriff "gerettet". Und bezeichnenderweise hat man sich zur Einführung eines allgemeinen Wahlrechts erst durchgerungen, als man einigermaßen sicher sein durfte, dass das blöde Volk die besitzende Klasse nicht kraft Mehrheitsbeschlusses sogleich enteignen würde.

P.S.
Bemerkenswert in diesem Zusammhang finde ich, dass in besagter phoenix-Sendung ausgerechnet der CDU Mann Spahn Frau Kipping meinte darauf hinweisen zu müssen, dass die Kassiererin an der Kasse mit ihren Steuern für die Zinsen aufkomme, die die Bundesregierung den im Besitz von Staatsanleihen befindlichen Millionären zahle.

Nachgereicht: (28.10.2009 ca. 16:25h)

Abkassiert wird später!


Video via Politprofiler

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Sonntag, 25. Oktober 2009

Vertrauensfrage

Kontrolle wär' gut, Vertrauen macht's leichter ...



Muss man das noch kommentieren?

Nein - da erübrigt sich wohl wirklich jeder Kommentar. Es bleibt aber festzuhalten, dass es offenbar vollkommen egal ist, ob man als (ausländischer) Reporter bei gelben, schwarzen oder schwarz-gelben Pressekonferenzen seine Fragen auf Deutsch oder in seiner jeweiligen Muttersprache stellt. Man wird so oder so keine oder eben einmal mehr nur eine dümmliche Antwort bekommen.

via Reizzentrum

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Samstag, 24. Oktober 2009

Déjà-vu (III)

Das politisch anspruchslose Volk wollte simple Charaktere mit simplen Botschaften. [Er] vermittelte sie ihnen [...]: Die aufgeblähte Bürokratie sei drastisch abzubauen, die Steuerlast ganz erheblich zu kürzen, der Freiraum der Bürger, insbesondere auch der Freiraum der Industrie zu vergrößern. Er trug - Tag für Tag mehrfach - seine Standardrede [vor], die einzige, die er beherrschte und lange einstudiert hatte. Vor allem aber redete der Kandidat ausführlich über [...] die "Werte der Nation", und davon, daß man [...] unter seiner Führung aufhören werde, die Faulheit gewisser Bevölkerungskreise durch Sozialklimbim auch noch zu honorieren.
Seine [...] Zuhörer waren entzückt. Sie erkannten in [...] "gewissen Bevölkerungskreisen" unschwer die [...] wieder, von denen viele arbeitslos waren und Wohlfahrtsunterstützung erhielten. Der Kandidat [...] konzentrierte sich auf den [...] Mittelstand, den er mehrfach täglich mit dem Zucker des Egoismus versorgte: weniger Steuern, weniger Wohlfahrt, weniger Staat.

nebenbei bemerkt ...: oben ist nicht etwa - wie der geneigte Leser vielleicht annehmen möchte - von Guido Westerwelle die Rede, sondern von Ronald Reagan. (Quelle: Rolf Winter. Ami Go Home. Goldmann Verlag 1990. S. 393f.)

Während Reagans Amtszeit (1980-1988) stieg die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten übrigens von rund 930 Millarden auf 2,6 Billionen Dollar. Damit entspricht Reagans Endstand so ziemlich dem schwarz-gelben Schuldenstartkapital in Höhe von derzeit rund 1,7 Billionen Euro (= 2,551 Billionen US-Dollar). Falls Schwarz-Gelb mit ähnlichen "Wachstumsraten" operieren wird, wie weiland der alte Ron, dann dürfte die Staatsverschuldung der BRD in acht Jahren bei ca. 4,74 Billionen Euro liegen.


Er war [...] ein militanter Konservativer , ein [...] "Extremist des Marktes", zum Mindesten gab er dies alles vor. [...] Er [...] vertrat seine [...] Überzeugungen unerbittlich und ließ sich vor allem beim "commie-bashing" nicht überbieten, bei der populären Agitation gegen die Roten, die er einerseits für unfähig hielt, einen Staat zu organisieren, andererseits für jederzeit fähig , die freie Welt zu erobern.
Rolf Winter. Ami Go Home. Goldmann Verlag 1990. S. 391.



Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.
Karl Marx/Friedrich Engels - MEW Band 8. "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte". Dietz Verlag. Berlin 1960 S.115

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Donnerstag, 22. Oktober 2009

Mahlzeit!

Gerade aus dem Briefkasten gefischt:

Scharfe Schotten.




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Samstag, 17. Oktober 2009

Netter Versuch ...

Bei der morgendlichen Presseschau stolperte ich bei WELT-Online über diese ganz entzückende Umfrage.
"Auf welchem Gebiet erwarten Sie von Schwarz-Gelb vor allem eine Verbesserung?"
begehrt man vom Leser zu wissen und bietet ihm die folgenden Optionen zum anklicken:
  • Wirtschaftslage
  • Bildung
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Löhne
  • Soziale Gerechtigkeit
  • Integration

Nanu? Fehlt da nicht etwas?

Genau! "Gar keine Verbesserungen" steht nicht zur Auswahl. So bastelt man sich ein positives WELT-Bild. Denn erstens ist klar: es muss zu irgendwelchen Verbesserungen kommen, etwas anderes "kommt ja gar nicht in Frage" und zweitens wird die Redaktion bei der Auswertung dieser Umfrage erfreut feststellen können:

"Einhundert Prozent der Befragten rechnen mit Verbesserungen durch eine Schwarz-Gelbe Regierung!"

Hier gefunden.

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Freitag, 16. Oktober 2009

Josef Schlarmann: ein Drittel der Arbeitslosen will gar nicht arbeiten

Nachdem man ein wenig mit der Zuckerwatte (viel Volumen, kaum Substanz) gewedelt hat, werden im Hintergrund bereits die Peitschen zurechtgelegt und Josef Schlarmann (CDU) sowie der allseits beleiiebte Philipp Mißfelder (JU) laufen sich verbal schon mal warm.

„Etwa ein Drittel der Arbeitslosen will gar nicht arbeiten", behauptet Schlarmann in der BILD. "Sie haben sich damit abgefunden, leben gut, und wer schwarz arbeitet, lebt sogar sehr gut. Die Problemlösung kann nur eine Leistungskürzung sein.“ Und weiter: „Wir brauchen ein degressives System, bei dem die Behörden die Möglichkeit haben, die Sätze schneller zu kürzen. Wenn man weiß, dass einer nicht arbeiten will, muss ein stärkerer finanzieller Druck aufgebaut werden.“

Sein Wissen hat er aus erster Hand: „Ich habe mich immer wieder mit Mitarbeitern aus den Jobcentern unterhalten. Auch Jobvermittler sagen: Diese Hartz-IV-Empfänger bekommen zu viel Geld.“

Dem letzten Satz spendiert BILD gleich eine eigene Zeile im Fettdruck, wodurch beim schnellen Lesen der Eindruck entsteht, dass es sich hier um eine von Schlarmann unabhängige Aussage der Redaktion handele.

Im gleichen Blatt äußert sich - weniger direkt - auch Philipp Mißfelder, der "einen Aufbruch" fordert: "Bürgerliche Mehrheiten sollten auch zu bürgerlicher Politik führen." und bedauert, "dass das Thema Umbau der sozialen Sicherungssysteme „leider“ in den Hintergrund getreten sei."

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Es ist vollkommen müßig, darüber zu raisonieren, ob und wie viele der derzeit Arbeitslosen Menschen - nach herrschenden Maßstäben, i.e. den Maßstäben der Herrschenden - "zu faul" oder "zu unmotiviert" sind. Die Arbeitslosigkeit ist durch solche "Überlegungen" jedenfalls nicht zu bekämpfen, sondern nur die Arbeitslosen selbst. Zweck solcher Verbalattacken kann also nur sein, das eigene, trotz "Krise" prall gefüllte Portemonnaie vor dem Zugriff durch eigentlich für entbehrliche gehaltene Proleten zu schützen.

Angsichts solch offenbar unausrottbarer Borniertheit fehlen mir langsam die Worte, drum leih' ich sie bei Brecht:

Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben
Und Sünd und Missetat vermeiden kann
Zuerst müßt ihr uns was zu fressen geben
Dann könnt ihr reden: damit fängt es an.



Ihr, die ihr euren Wanst und unsre Bravheit liebt
Das eine wisset ein für allemal:
Wie ihr es immer dreht und wie ihr's immer schiebt
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muß es möglich sein auch armen Leuten
Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden.

Denn wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich
Den Menschen peinigt, auszieht, anfällt, abwürgt und frißt.
Nur dadurch lebt der Mensch, daß er so gründlich
Vergessen kann, daß er ein Mensch doch ist.

Ihr Herren, bildet euch nur da nichts ein:
Der Mensch lebt nur von Missetat allein!

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Donnerstag, 15. Oktober 2009

Schwarz-gelb: Blendende Aussichten für Hartz IV Empfänger

Wie man hören und lesen kann, will die (über uns) kommende schwarz-gelbe Regierung "Hartz-IV-Empfänger besserstellen" - manche jedenfalls. So soll z.B. das sogenannte "Schonvermögen" verdreifacht werden. Zu dumm nur, dass die meisten Betroffenen vermutlich schon froh wären, wenn sie wenigstens das "einfache" Schonvermögen ihr eigen nennen könnten. Ganz zu schweigen davon, dass als "Schonvermögen" ohnedies nur angesehen wird, was im Rahmen der privaten Altersvorsorge - z.B. in Form einer Lebensversicherung - fest angelegt und somit dem beliebigen Zugriff entzogen ist. Man darf sein Geld also nur behalten wenn und solange man es anderen überlässt.

Immerhin: die Versicherungswirtschaft wird vermutlich erfreut feststellen, dass sie ihre großzügigen Zuwendungen an die Regierungsparteien nicht in den Sand gesetzt hat.

Auch die Zuverdienstmöglichkeiten fuer ALG II Empfänger sollen verbessert werden. Auf die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes aber meint man verzichten zu können müssen, denn ein solcher würde "zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen und zur Abwanderung in die Schwarzarbeit" führen. Dafür aber will man mit aller Strenge gegen "sittenwidrige Löhne" vorgehen. Sittenwidrig ist laut Ronald Pofalla (CDU) ein Lohn, "wenn er ein Drittel unter dem Durchschnitt des branchenspezifischen Lohnes liegt". Mit anderen Worten: Liegt der branchenübliche Durchschnitt bei sechs Euro, dann sind vier Euro pro Stunde noch als "sittlich" anzusehen. Und wenn möglichst viele Unternehmen sich bequemen die "Mindeststandards" strikt einzuhalten ... ?
Genau: dann sinkt der Durchschnitt - und mit ihm auch die "Sittlichkeit".

Bravo Herr Pofalla!

Wem das alles noch zu wenig ist, der sollte eventuell ernsthaft erwägen sich selbständig zu machen. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Einstieg in eine Karriere als Zahnseide-Magnat?



Yippy-Ty-O-Ty-Ay!
;-)

Hier gibt es den Text zum Clip.

Nachtrag:
Inzwischen gibt es dazu auch lesenswerte Artikel in der Süddeutschen Zeitung und im Freitag.

Nachtrag (II):
Und das schreibt die BLEND-"Zeitung".

Nachtrag (III):
Und hier noch ein Artikel der taz.


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Mittwoch, 14. Oktober 2009

Schwarz-Gelbe Roadmap

Oder: wem sich die über uns kommende Regierung ganz besonders wird verpflichtet fühlen dürfen.


Den Kampf um die Gunst der großen Spender haben CDU und FDP jedenfalls klarer gewonnen als den Wettstreit um die Stimmen der Bürger: Fast 3,5 Millionen Euro gab es 2009 für die Union von Unternehmen und reichen Persönlichkeiten. Über 1,3 Million Euro konnte die FDP an Großspenden für sich verbuchen. Die SPD musste sich dagegen mit einem guten Drittel dieser Summe – gut 460.000 Euro – begnügen. Die Grünen erhielten gerade mal 60.001 Euro und die Linke ging vollständig leer aus.

CDU/CSU haben damit fast zwei Drittel aller Großspenden kassiert. Zusammen mit der FDP ( 24,5 Porzent) verfügen sie über die satte Groß-Spenden-Mehrheit von 90 Prozent. Für Rotgrün bleiben nur zehn Prozent übrig. Dabei fällt 2009 in der Spendenverteilung nicht einmal sonderlich aus dem Rahmen.

Quelle: ARD plus minus

Wozu es dann überhaupt noch wochenlange und allem Anschein nach doch recht heftige Koalitionsverhandlungen gibt, fragen Sie?

Ich vermute mal dass man sich a) über die cleverere Verschleierungstaktik noch nicht einig ist und dass man b) doch wenigstens den Eindruck erwecken möchte, man vertrete unterschiedliche Interessen und es gäbe tatsächlich etwas zu verhandeln.

Fragt sich nur noch, warum man diesen Beitrag nicht einen Monat eher senden konnte/wollte/durfte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Clip zum Beitrag in der ARD Mediathek

Weitere Informationen Unklarheiten.de

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Sonntag, 11. Oktober 2009

Bizarre Logik (V)

Obama will die Atomwaffen abschaffen ...

Das erhöht die Nachfrage nach konventionellem Sprengstoff.
Dynamit ist ein konventioneller Sprengstoff.

Wer hat das Dynamit erfunden?
Alfred Nobel.

Welchen Preis hat Obama bekommen?
Den Nobelpreis.

Passt doch alles!


Mehr bizarre Logik:
(I), (II), (III), (IV), (V), (VI)

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Freitag, 9. Oktober 2009

Allerlei Trash vom Tage

Zuerst eine gute Nachricht: mit der (Bundes-)SPD wird es ab sofort wieder steil bergauf gehen. Der Grund dafür: Oskar Lafontaine gibt den Fraktionsvorsitz der LINKEn im Bundestag ab und zieht sich ins Saarland zurück. Und wie man weiß, war es ja einzig und allein dieser Oscar Lafontaine, der den Niedergang der einst so stolzen SPD zu verantworten hat, denn:

Als Chef der Linken hat er dann alles getan, die SPD klein zu machen. Er dürfte das Ergebnis vom 27. September mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben: 23 Prozent bei der Bundestagswahl für die einst so stolze Sozialdemokratie. Tiefer kann es eigentlich gar nicht gehen.
[...]
Lafontaine ist der lebende Stachel im Fleisch der SPD. Er hat sich in der Wunde gedreht und gesuhlt, hat sich immer tiefer hineingerammt. Lafontaine ist der größte aller denkbaren Hinderungsgründe für Rot-Rot.
[...]
Lafontaine ist 66. Er hat in seiner Rolle als SPD-Vernichter erreicht, was zu erreichen war. Sein Rachefeldzug scheint vorbei zu sein. Wer ihm am Wahlabend ins Gesicht gesehen hat, sah für einen Augenblick mehr Erschrecken über den Absturz der SPD, als Freude über den eigenen Wahlsieg.

Das schreibt heute ein gewisser Thorsten Denkler in der Süddeutschen Zeitung. Man sieht: es lag nicht am falschen Programm der SPD, an verfehlter Reformpolitik womöglich und natürlich auch nicht an der Presse, die etwa versucht haben könnte, die SPD nach Strich und Faden in den Keller zu schreiben. - Dass sie in den letzten Jahren permanent mit dem rosa-roten Gespenst des Kommunismus hausieren ging, Kurt Beck zerriss und dazu beitrug, dass Steinmeier, Miterfinder und strikter Befürworter der Agenda 2010, als vermeintlicher Retter schließlich auf den Schild gehoben wurde. Das alles blieb vollkommen geschah in bester Absicht und blieb ohne negativen Einfluss und inzwischen nur noch Schnee von gestern. Das Gespenst ist endlich davongeschwebt. Ohne Lafontaine wird die LINKE rasch zur Vernunft kommen, die ganze SPD-Politik gutheißen und vermutlich in spätestens sechs Jahren geschlossen in die wiedererstarkte SPD eintreten, denn

Inhaltlich lässt sich inzwischen über vieles reden. Die Nato einfach abschaffen will auch die Linke nicht mehr. Aus einem "sofort raus aus Afghanistan" ist schon ein "möglichst schnell" geworden. Statt von "Hartz IV weg" sprechen manche in der Linken offen über "Hartz IV verändern". Das wollen viele in der SPD auch.

Dieser Kommentar ist dermaßen neben der Spur, dass mir eigentlich nur noch die vage Hoffnung bleibt, beim Autor desselben möge es sich um den Chefsatiriker der Süddeutschen handeln, dessen feiner Ironie mein schwacher Intellekt bloß nicht gewachsen ist.

Der Spiegel sieht die Chancen für eine baldige rosa-rote Fusion allerdings in weniger rosigen Farben. SpOn-Autor Björn Hengst zufolge muss die NRW-LINKE vor allem erst einmal mit ihren "Radikalinskis" fertigwerden, die stellen nämlich ganz und gar ungeheuerliche Forderungen, als da wären:

  • Beschäftigte müssten nur 30 Stunden in der Woche arbeiten ("Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich")
  • die Energiekonzerne E.on und RWE wären in staatlichen Händen
  • auch "Großbetriebe der Grundstoffindustrie" würden "in Gemeineigentum überführt"
  • wegen der geringeren Zahl an Freiheitsstrafen wären "keine weiteren Gefängnisse" nötig
  • Schüler müssten keine Angst vorm Sitzenbleiben haben, weil es keine Noten ("Druck-, Disziplinar- und Selektionsmittel") mehr gibt
  • Religion als Unterrichtsfach würde abgeschafft und durch Ethik ersetzt
  • ein "Recht auf Rausch" wäre "Bestandteil der freien Entfaltung der Persönlichkeit", in einem ersten Schritt würde hierfür die Legalisierung von Cannabis erfolgen.

Ja, so geht das natürlich nicht. Vor allem die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung ist mit den Vorstellungen einer zur "Volkspartei" heruntergekommenen ehemaligen Arbeiterpartei, doch ganz und gar unvereinbar. Das zeigt schon das unverdrossene Festhalten an der "Rente mit 67".

Und dann war da noch der Bundes-Horst Köhler, der heute in Leipzig mal wieder eine Rede gehalten hat, in der unter anderem sagte:

Es ist aber auch das Vermächtnis der friedlichen Revolution von 1989, für solche Verbesserungen selber aktiv einzutreten, statt nur herumzukritteln. Damals sind Millionen Menschen auf die Straße gegangen, weil ein Wunsch alle bewegte: Wir wollen in einer besseren Gesellschaft leben.

Und ich dachte immer, die Menschen wären für einen anderen Staat und bessere wirtschaftliche Bedingungen auf die Straße gegangen. Allein, dass sie das gemacht und sich damit gegen den Staat, in dem sie leben mussten, durchgesetzt haben, zeigt doch ziemlich deutlich, dass es um die gesellschaftliche Verfasstheit (im Gegensatz zur politischen) eigentlich so schlecht nicht bestellt gewesen sein kann. Jetzt aber, wo diese Menschen endlich in einer "besseren" Gesellschaft angekommen sind, geziemt es sich nicht länger, Transparente schleppend und Parolen grölend durch die Straßen zu ziehen und andere Mitglieder der "besseren Gesellschaft" damit in Angst und Schrecken zu versetzen, darum wohl empfiehlt der Bundeshotte den "erstklassige[n] Revolutionäre[n]" in Leipzig, sich doch bitte künftig bei "tausend" (anderen) "Gelegenheiten" zu engagieren, z. B.

- in der Bürgerinitiative, im Sportverein, in der Kirchengemeinde, im Elternbeirat und in den politischen Parteien.

Und wo wir schon mal beim "Straßenkampf" in Form von Demonstrationen sind: in der DDR hat man so war gestern im ZDF Heute-Journal zu hören, Demonstranten "ins Gefängnis geworfen". Tja Leute, das ist der entscheidende Unterschied: in der Bundesrepublik macht man so etwas nämlich nicht, hierzulande werden Demonstranten höchstens inhaftiert oder "in polizeilichen Gewahrsam genommen". Und wenn das nicht ein deutliches Zeichen für gesellschaftliche Verbesserung ist - was dann?

Nachtrag (09.10.2009, ca. 23:00h):
Inzwischen findet es sich auch von anderer Seite bestätigt, dass unserem Bundeshotte offenbar ziemlich Wurst ist, was er bei solchen Gelegenheit in die Welt plärrt, bzw. ihn seine Redenschreiber in die Welt plärren lassen, solange es sich für ihn nur einigermaßen "gut anfühlt":

"Zeugenaussagen und Dokumente belegen: (...) Vor der Stadt standen Panzer (...) und in der Leipziger Stadthalle wurden Blutplasma und Leichensäcke bereitgelegt."

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) teilte mit, diese Darstellung zur Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 sei nicht korrekt. Nach Recherchen des MDR gab es weder Panzer vor der Stadt noch seien Blutplasma oder Leichensäcke bereitgestellt worden. Der Bundespräsident habe seine Angaben wahrscheinlich aus einem bekannten Buch, das teils falsche Fakten nenne, sagte der Leiter der Feature-Redaktion beim MDR-Hörfunk, Ulf Köhler. Seine Redaktion hat die Befehls-Akten der DDR-Machthaber aus dem Herbst 1989 studiert.
Quelle: beliebig, da die gesamte Presse eh nur die DPA Meldung buchstabengetreu abschreibt.

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Virtueller Sex 2.0?

Mit dem Zweiten sieht man besser? Mag sein. Aber die Tonspur kann man sich glatt schenken.





;-)

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Donnerstag, 8. Oktober 2009

Was Menschen im Netz bewegt

Man mag es kaum glauben. Doch sehen Sie selbst:



Bild oben anklicken für Ansicht in voller Größe.

Ein Klick auf das untere Bild führt zum derzeit offenbar "meistgesuchten" Artikel.



;-)

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Mittwoch, 7. Oktober 2009

Zu Hartz IV und pseudoliberalem Bürgergeld

Der sogenannte Hartz IV Regelsatz orientiert sich am gesetzlich festgelegten sozio-kulturellen Existenzminimum. Diese Festlegung beruht aber keineswegs auf den tatsächlichen materiellen und gesellschaftlichen Verhältnissen und Existenzbedingungen, sondern erfolgte vor allem mit Blick auf haushalts- und wirtschaftspolitische Wünschbarkeiten. Die empirische Lebenswirklichkeit der Betroffenen spielt hier - wie übrigens in der gesamten Hartz-Gesetzgebung -, wenn überhaupt, dann eine "höheren" ökonomischen Interessen (nicht: Gegebenheiten) untergeordnete Rolle. Man könnte auch sagen, dass die Höhe des ALG II nach dem Grundsatz "Und wer nicht kommt zur rechten Zeit, muss nehmen das was übrig bleibt" festgelegt wurde. Die ökonomisch Abgehängten haben sich mit dem zu bescheiden, was dem Gewinnstreben der ökonomischen "Eliten" gerade noch entbehrlich erscheint. Die Fragwürdigkeit der Kriterien, nach denen der Eckregelsatz ermittelt wurde hier erschöpfend zu erörtern, mangelt es mir freilich an Zeit. Wer sich mit den Einzelheiten auseinandersetzen möchte, der folge den im Text enthaltenen Verweisen. Diskutiert werden soll hier vornehmlich die Aufgabe, die der Gesetzgeber den Grundsicherungen zuweist und die darin besteht,

„den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht“. Es ist weitgehend unstrittig, dass mit der Bezeichnung eines menschenwürdigen Lebens die Deckung eines sozio-kulturellen Mindestbedarfs gemeint ist, was den Betroffenen eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll."

Quelle: Uni Köln, "Ordnungspolitischer Kommentar" (pdf)

Nun sind Formulierungen, wie die vom Gesetzgeber gewählte einigermaßen gummiartig. Was kann denn unter einem "Leben, das der Würde des Menschen entspricht" überhaupt verstanden werden?

Ein Leben, das der Würde des Menschen entspricht
Ich will es kurz machen: Man kann darunter verstehen, dass "der Leistungsberechtigte" in die Lage versetzt sein soll, in einer gegebenen Gesellschaft ein Leben zu führen, das nicht von vornherein dergestalt beschaffen ist (bzw. sein muss), dass es ihn zu einer gesellschaftlichen Randerscheinung, zu einem Paria degradiert. Eine Würde des Menschen "an sich" gibt es nicht, die Würde des Menschen findet ihren Ausdruck immer nur in der "Qualität" seiner gesellschaftlichen Beziehungen. Zur Würde des Menschen in einer (liberalen!) bürgerlichen Gesellschaft gehört die grundsätzliche Möglichkeit, eine bürgerliche Lebensweise zu pflegen und mit seinen Mitbürgern "auf Augenhöhe" zu verkehren. Und zwar auch dann, wenn er sich, aus welchen Gründen auch immer, von einzelnen Bereichen des bürgerlichen Daseins, wie z.B. dem "Erwerbsleben" (ob vorübergehend oder dauerhaft) ausgeschlossen findet. Vor allem aber bedeutet es, dass seine weiteren Grundrechte nicht angetastet werden.

Es reicht also nicht hin, dass die vielbeschworenen "menschlichen Grundbedürfnisse", die - wie ich an anderer Stelle dargelegt habe - ohnedies eigentlich die bloß animalischen Bedürfnisse des Menschen ausmachen, halbwegs hinreichend befriedigt werden. Der Begriff des sozio-kulturellen Existenzminimums schließt die Möglichkeit, sein Leben so zu leben, dass man nicht von vornherein und ungewollt als "Randexistenz" auffällt geradezu zwingend ein. Das bedeutet: Wenn ein Bedürftiger seinen Hunger bei der Tafel oder in einer Volksküche stillen muss, wenn er, um über die Runden zu kommen, seinen Lebensmittelbedarf ausschließlich beim Discounter decken muss, wenn er auf den regelmäßigen Bezug einer Tageszeitung verzichten muss, wenn er jede ihm angebotenen "Beschäftigungsmöglichkeit" akzeptieren und annehmen muss (damit er wenigstens "formal" arbeitet, auch wenn er dabei selbst innerlich verödet, sich in seiner Würde also beschädigt findet), dann ist entweder die Vorgabe des Gesetzgebers nicht erfüllt oder der Betroffene lebt in einer Gesellschaft, in der diese Vorgaben praktisch nicht gelten - mithin in keiner bürgerlichen Gesellschaft, jedenfalls in keiner, die diesen Namen verdienen würde.

Man kann es auch noch kürzer fassen: Ein Leben, das der Würde des Menschen entspricht ist eines, für das er sich, ohne es zu verantworten zu haben, vor einigermaßen humanistisch eingestellten Mitbürgern nicht schämen muss, und das andererseits nicht diese Mitbürger beschämen muss.

Es bedarf weder eines Thiessen, noch eines Sarrazin und deren Rechenkünsten, um zu erkennen, dass die bestehenden Regelungen der Sozialgesetzgebung einigermaßen ausreichen, die Arbeitslosen in diesem Land so zu versorgen, dass zumindest ihr unmittelbares Überleben nicht gefährdet ist. Immerhin müssen wir (noch) nicht davon hören oder lesen, dass massenhaft Arbeitslose dem Tod durch Verhungern oder erfrieren anheim gefallen sind. Andererseits weiß man an zuständiger Stelle aber ganz genau, dass die Transferleistungen für ein als "menschenwürdig" zu bezeichnendes Leben" bei weitem nicht ausreichen - und offenbar auch gar nicht ausreichen sollen:

Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit hält die größte und umstrittenste Arbeitsmarktreform in Deutschland für einen Erfolg. Heinrich Alt, der für die 6,8 Millionen Hartz-IV-Empfänger zuständig ist, lehnt höhere Regelsätze ab: "351 € reichen nicht dauerhaft zum Leben. Aber das soll auch kein Mensch. Die Menschen sollen mit uns einen Weg zurück ins Arbeitsleben finden. Das soll der Anreiz sein und ist es auch für fast alle", sagt der Arbeitsmarktexperte.
Mehr dazu.

Hartz IV im Quadrat: FDP und "Liberales Bürgergeld"
Guido Westerwelle sang nicht nur im Wahlkampf oft und gerne das Loblied der "Fleißigen" und schmähte zugleich nach Kräften die "Faulen". Die Fleißigen sind ihm dabei alle die, die ihre Arbeitskraft "erfolgreich" als Ware feilbieten und Waren produzieren (die den Karren ziehen, die morgens um sechs aufstehen und zur Arbeit gehen, die "Mittelschicht", das Maß aller Dinge, das Mittelmaß), die Faulen sind diejenigen, die das - aus welchen Gründen auch immer - nicht tun oder nicht tun können. Dabei spielt die tatsächliche Produktivität der einzelnen "Mitglieder" dieser Gruppen gar keine Rolle. Faulheit verwirklicht sich aber gerade im Prozess der Warenproduktion ("Wer Arbeit kennt hat und sich nicht drückt, der ist verrückt.") auf das Vortrefflichste. Wer das organisierte Arbeitsleben aus eigener Erfahrung kennt und nicht mit völliger Blindheit geschlagen ist, der weiß längst, dass ein Großteil der bezahlten Arbeitszeit darauf verwendet wird, sich die Arbeit leicht zu machen, d.h. sie sich möglichst vom Halse zu halten und anderen aufzubürden (schon, um besser für das eigene berufliche "Weiterkommen" sorgen zu können) - was ja ohnehin das Grundprinzip der kapitalistischen Wirtschaftsweise zu sein scheint: Gewinn erzielt man nicht durch unablässige, "fleißige" Arbeit - jedenfalls nicht durch die je eigene, denn dann wären die Gewinne keine Gewinne, sondern Löhne. Andererseits wird jede Menge Arbeit verrichtet, deren Produkt nicht als Ware auf den Markt geworfen wird, die also unbezahlt bleibt. Jeder Mensch der einen Familienhaushalt führt und/oder Kinder aufzieht, weiß ein Lied davon zu singen und mancher blogger, der mitunter stundenlang an diesem oder jenem Artikel arbeitet, sicher auch. Ferner kann man den "Fleiß" und die Produktivität nicht an äußerer Aktivität erkennen. Auch wer vor der Arbeit wegläuft, bewegt sich ja ordentlich, andererseits gibt es Menschen die im Zustand scheinbarer Passivität verharrend, hart arbeiten: Schriftsteller, Wissenschaftler oder auch Künstler.

Ich habe immer gefunden, daß es gar keine Arbeit gibt, die nicht geistig wäre oder nicht wenigstens geistig betrieben werden könnte, und daß es keine "geistige" Arbeit gibt, die nicht zugleich mit körperlicher Anstrengung verbunden wäre. Leistet wirklich der Amtsrichter, der beispielsweise Ehescheidungsprozesse zu erledigen hat und Tag für Tag ein Paar nach dem anderen nach Paragraph 165ff. BGB auseinander einigt, höhere Geistesarbeit als ein erfinderischer Feinmechaniker, der unausgesetzt mit den verschiedenartigsten, subtilsten Gebilden zu tun hat? Und ist die Arbeit eines Arztes, der seine Finger in alle Öffnungen fremder menschlicher Körper zu legen hat, keine körperliche? Verlangt der Anspruch an den Schuster, daß der Stiefel der Form des Fußes genau angepasst sein soll, daß er zierlich geformt und nirgends drückend sei, keine geistige Anstrengung? Und sind die verdorbenen Augen und der Schreibkrampf des Literaten, die krumme Haltung und die Hämorrhoiden des Germanisten nicht deutliche Beweise seiner körperlichen Leistungen? Selbst der Kloakenreiniger kann aus seiner Beschäftigung geistige Befriedigung schöpfen, wenn es ihm gelingt, die Arbeit unter möglichster Vermeidung von Gestank zu verrichten und dadurch den Dank seiner Mitmenschen zu verdienen und die eigene Gesundheit zu schonen. Umgekehrt kann manch "geistiger Arbeiter", wie ein Pfarrer, der nie über das auswendig gelernte Pensum denkt, oder ein Trichinenbeschauer, der mechanisch einen Schinken nach dem anderen untersucht, ohne sich über das Erwerbsinteresse hinaus dafür zu interessieren, seine Tätigkeit völlig entgeistigen. Den "Rat geistiger Arbeiter" werden diese Herren dennoch zieren. Denn hier gilt es ja zu zeigen, dass man etwas Besseres ist als Schuster oder Maurer.
Erich Mühsam. Ausgewählte Werke Band 2. Publizistik, Unpolitische Erinnerungen. Verlag Volk und Welt. Berlin 1978. S.341.

Die Hartz IV Gesetze erfüllen ihre eigenen Vorgaben nicht einmal annähernd. Dabei sind die (zu?) niedrigen Regelsätze m.E. beinahe das geringste Problem. Schwerer wiegt in meinen Augen, die durch die Randbedingungen erzeugte Entwürdigung und Entmündigung der Betroffenen. Hier zeigt sich: Hartz IV ist in allererster Linie ein Disziplinierungs- (Um-)Erziehungs- und Kontroll"instrument" und erst dann eine Einrichtung zur materiellen (Grund-)Sicherung derjenigen, die weder über Einkommen noch Vermögen verfügen. Eines der erklärten Ziele der Hartz-Gesetzgebung ist das Eindämmen der Schwarzarbeit, die angeblich einen Umfang von 350 Milliarden Euro per anno angenommen haben soll. Eine völlig abstruse Annahme. Wären nämlich tatsächlich die Arbeitslosen als Schwarzarbeiter dermaßen aktiv, dann würde - bei geschätzten 3,5 Millionen Erwerbslosen - jeder von ihnen im Schnitt jährlich 100.000 Euro "nebenbei" verdienen.

Man bilde sich nicht ein, dass das sogenannte "Liberale Bürgergeld", der Lage der Betroffenen in irgend einer Weise gerechter werden könnte. Viel eher scheint mir das Gegenteil der Fall zu sein. Zum einen ist mit noch rigideren Sanktionen zu rechnen zum anderen ist eines der erklärten Ziele (das in der Mainstreampresse freilich meist unter den Tisch fällt) dieses "Bürgergeldes", die weitere Ausdehnung des Niedrigstlohnbereichs mittels im "Bürgergeld" versteckter Subventionen gerade an die größten Aasgeier unter den "Arbeitgebern".

Das Bürgergeld wirkt wie dargestellt aktivierend durch richtige Anreize auf der einen und Sanktionen auf der anderen Seite. Die Sanktionsmechanismen müssen konsequent angewendet werden, nicht zuletzt auch zum Schutze des Steuerzahlers und zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Deshalb wird die Pauschale für den Lebensunterhalt um bis zu 30% gekürzt, wenn angebotene zumutbare Arbeit abgelehnt wird. Eine weitere Ablehnung zieht die gleiche Rechtsfolge nach sich, so dass die tatsächliche Kürzung bei Arbeitsverweigerung erheblich höher liegen kann.

Durch das Bürgergeld wird die Nachfrage und damit das Angebot an Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich gesteigert: Aus Sicht des Arbeitnehmers wird ein für ihn nicht existenzsichernder Lohn durch das Bürgergeld ergänzt und somit attraktiv. Arbeitgeber werden - die notwendige Lohnöffnung der Tarife vorausgesetzt - vermehrt Arbeit für nicht oder gering qualifizierte Bürgergeldempfänger anbieten, deren Arbeitskraft eine nicht existenzsichernde Wertschöpfung hat.
Quelle: FDP / Abschlussbericht Bürgergeld (pdf)

Der Unterschied: wird bei Hartz IV "nur" der Eckregelsatz gekürzt, so beim Bürgergeld die Gesamtsumme, also auch die Pauschale für die Mietkosten. Geht man von einer Bürgergeldpauschale von 650 Euro aus, dann betrüge der Kürzungsbetrag 195,-- Euro. Dem Betroffenen blieben also ganze 455 Euro um seinen gesamten Lebensunterhalt zu bestreiten. Bei Hartz IV hingegen beträgt die entsprechende Kürzung 30% des Regelsatzes: also bei einem Alleinstehenden 105 Euro. Die Härte der Sanktionen würde somit fast verdoppelt.

Ergänzung: Die Bedürftigkeitsprüfung und die Auszahlung des Bürgergeldes sollen die Finanzämter übernehmen. Bei Geringstverdienern soll die Zahlung über den Arbeitgeber laufen und mit dem Lohn ausgezahlt werden. Abgesehen davon, dass es den Arbeitgeber wohl einen Scheixx angeht, was sein Personal an Sozialleistungen bezieht, schießt sich die FDP hier auch als angebliche Anti-Schnüffel und Bürgerrechtspartei von hinten durch die Brust ins Auge. Mit einiger Sicherheit werden obendrein die Zumwinkels dieser Republik allerhand Grund zur Freude haben, wenn massenhaft Steuerfahnder zu Bedürftigkeitsprüfern umqualifiziert werden müssen. /Ergänzung

Die Arroganz derjenigen, die in diesem Lande das Sagen haben scheint grenzenlos. In diversen Talkrunden hocken Leute, deren jeweilige monatliche Pro-Kopf-Einkünfte locker ein Vielfaches dessen betragen, was sie einer vierköpfigen "Hartz IV Familie" so gerade noch zubilligen würden und finden es unverschämt, wenn ein lausiger "Minderqualifizierter" es wagt, einen gerade existenzsichernden Mindestlohn für seine Arbeit zu fordern. Eine Lohnarbeit, die keine "existenzsichernde Wertschöpfung hat" gibt es indes gar nicht. Denn entweder ist ein Unternehmen auf die Arbeit aller seiner Beschäftigten angewiesen um überhaupt eine "Wertschöpfung" zu realisieren oder es "leistet" sich Arbeitnehmer, die es nicht benötigt. Das wäre dann aber nicht der Fehler der Beschäftigten, sondern der Fehler der Unternehmensführung - aber deren Saläre sind ja unantastbar.

Ergänzung:
  • Jeder Bürger muss durch Arbeit ein höheres Einkommen erzielen können als wenn er nicht arbeitet (Leistungsprinzip).
  • Wer staatliche Leistungen in Anspruch nimmt muss auch zu einer zumutbaren Gegenleistung bereit sein (Solidaritätsprinzip).
  • Der Sozialstaat muss den Schwachen wirksam helfen und darf von Findigen und Faulen nicht ausgenutzt werden (Prinzip der Transparenz und Zielgenauigkeit).
Quelle: FDP / Abschlussbericht Bürgergeld (pdf)

Erstens: Wer als arbeitender Mensch Hartz IV oder Bürgergeld bezieht, erzielt eben nicht "durch Arbeit ein höheres Einkommen".
Zweitens: Das, was hier "Solidaritätsprinzip" genannt wird, hat mit Solidarität rein gar nichts nichts zu tun, sondern ist nichts anderes als das Marktprinzip.
Drittens: die "Findigen und Faulen" - ich nehme mal an, dass man hier an gewisse findige Bankmenschen ganz sicher nicht gedacht haben wird. /Ergänzung

Auch das "Konzept" der Bedarfsgemeinschaften soll beim Bürgergeld beibehalten werden. Auf der einen Seite wird allseits das Individuum gepriesen und von dessen "Eigenverantwortlichkeit" gefaselt, auf der anderen Seite hat man nicht die geringsten Hemmungen die "freien Individuen", wenn man sie nur schwach genug findet im Elend ins Kollektiv zu zwingen, das man dann "Bedarfsgemeinschaft" nennt.

Dabei hätte ich noch nicht einmal Einwände gegen eine pauschalierte Grundversorgung, nicht einmal in der genannten niedrigen Höhe. Das könnte durchaus einiges vereinfachen. Aber damit müssten a) die "Bedarfsgemeinschaften wegfallen, der Anspruch also ein rein individuell, persönlicher sein, und b) müsste ggf. ergänzendes Wohngeld, sowie ggf. andere Beihilfen (für chronisch Kranke etc.) beantragt werden können. Außerdem hat sich das Konzept der regionalen JobCenter und ArGen meiner Ansicht nach in keiner Weise bewährt. Doch ebenso wie bei den Hartz Gesetzen ist beim Bürgergeldentwurf davon die Rede, dass die jeweilige Regelung wegen der regionalen Abwicklung "bürgernah" sei.

Die Betreuung der Bürgergeldempfänger erfolgt dort, wo der notwendige persönliche Kontakt gewährleistet werden kann: auf kommunaler Ebene.
[...]
Insbesondere für Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte ist es wichtig, dass die vermittelnde Stelle die größtmögliche Nähe zu den vermittelnden Arbeitslosen und den örtlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes hat.
Quelle: FDP / Abschlussbericht Bürgergeld (pdf)

Das ist Traumtänzerei. Im Laufe von drei Jahren habe ich von meinem JobCenter exakt einen konkreten Vermittlungsvorschlag (Aktensortieren im Auftrag einer Leiharbeitsfirma für satte 1.300 Euro brutto bei Vollzeit) bekommen und einen zweiten aus der Brandenburger Pampa über die Datenbank der Arbeitsagentur; da hieß es: Führerschein und eigener PKW zwingend erforderlich. Leider besitze ich aber beides nicht, was meinem in der Datenbank hinterlegten Profil auch unschwer hätte entnommen werden können. Dafür gab es reichlich Angebote an irgendwelchen Maßnahmen teilzunehmen, deren Hauptzweck vermutlich darin besteht den zahllosen sog. "Bildungsträgern" satte Einkünfte zu sichern. Gelernt wird in solchen Maßnahmen mehrheitlich nichts. Darum geht es aber auch nicht. Wichtig ist, dass der "Betreuungsfall" daran gewöhnt bleibt "morgens früh aufzustehen" und sein Dasein weitgehend fremdbestimmt zu fristen. Es kommt übrigens nicht selten vor, dass man als erstes gefragt wird, ob man einen "Vermittlungsgutschein" besitze; so mancher Dozent betreibt nämlich nebenher seine eigene private Arbeitsvermittlung. Im Angebot: Niedrigstlohnjobs und Zeitarbeit. Was den persönlichen Kontakt angeht: in dieser Zeit waren insgesamt fünf verschiedene Sachbearbeiter für mich zuständig, von denen ich allerdings nur vieren persönlich begegnet bin.

Vorwärts in die Vergangenheit?
Während die Zahl der erwerbstätigen Menschen im vergangenen Jahr mit 40,84 Millionen einen Höchststand erreichte, wurden gleichzeitig offiziell ca. 3,5 Millionen Menschen als arbeitsuchend geführt. Das scheint mir zu bestätigen, was Günther Anders bereits 1977 schrieb:

Mindestens ebenso fundamental wie die durch die Automation verursachte Revolution ist diejenige, die darin besteht, daß heute Mittel und Zweck ausgetauscht sind. Daß die zwei Umwälzungen nur Faktoren einer einzigen sind, wird sich schnell herausstellen. Zwar trifft es natürlich auch heute noch zu, daß der Einzelne sein Arbeiten als Mittel (zum Kauf von Lebensmitteln im weitesten Sinne) einsetzt. Aber während früher das Ziel der Arbeit darin bestanden hatte, Bedürfnisse durch Erzeugung von Produkten zu befriedigen, zielt heute das Bedürfnis auf Arbeitsplätze; Arbeitsbeschaffung wird zur Aufgabe, Arbeit selbst wird zum herzustellenden Produkt. Zum Ziel, das allein dadurch erreicht werden kann, daß Zwischenprodukte erzeugt werden. Diese neuen Produkte heißen "neue Bedürfnisse", die vermittels einer Arbeit, die "Werbung" heißt hergestellt werden. Sind diese Bedürfnisse erzeugt, dann ist auch neue Arbeit als Endprodukt erfordert und ermöglicht.
Günther Anders. Die Antiquiertheit des Menschen 2. Verlag C. H. Beck. München 1992. S.99.

Insgesamt läuft die Entwicklung ganz offensichtlich darauf hinaus, möglichst viele Menschen für möglichst geringe Entlohnung arbeiten zu lassen. Gestützt wird diese Strategie m. E. selbst durch scheinbar soziale Einrichtungen wie kostenlose Kindergartenplätze. Zum einen werden hier (natürlich schlecht bezahlte) Arbeitsplätze geschaffen, zum anderen werden weitere Arbeitskräfte mobilisiert. Genau betrachtet ist auch das eine versteckte Subvention. Denn statt die Lohnarbeit der Eltern oder Alleinerziehenden so zu vergüten, dass sie aus eigener Kraft durch die (doppelte) Berufstätigkeit sowohl selbst die Betreuung ihrer Kinder finanzieren als auch ein gewisses surplus erwirtschaften können, nötigt man sprichwörtlich jeden, irgendeinen mies bezahlten Job anzunehmen und "erleichtert" ihm dieses, indem man den Kindergartenbesuch praktisch zur Pflicht macht, und so ist der von der Last der Erziehung Befreite in die glückliche Lage versetzt, jede "angebotene zumutbare Arbeit" annehmen zu müssen dürfen.


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Weitere Clips zum Thema finden sich hier: Alle an die Arbeit! (23.08.2009)


Am Ende zeigt sich, dass Marx mit dem, was er 1844 in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten als ein "gegenwärtiges Faktum" beschrieben hat, auch heute noch auf der Höhe der Zeit sein dürfte:
Der Arbeiter wird um so ärmer, je mehr Reichtum er produziert, je mehr seine Produktion an Macht und Umfang zunimmt. Der Arbeiter wird eine um so wohlfeilere Ware, je mehr Waren er schafft. Mit der Verwertung der Sachenwelt nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältnis zu. Die Arbeit produziert nicht nur Waren, sie produziert sich selbst und den Arbeiter als eine Ware, und zwar in dem Verhältnis, in welchem sie überhaupt Waren produziert.
Karl Marx. Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844). MEW 42 (Ergänzungsband. Erster Teil). Dietz Verlag. Berlin 1968. S. 511.

Und weiter:

Worin besteht nun die Entfremdung des Arbeiters?

Erstens, daß die Arbeit dem Arbeiter äußerlich ist, d.h. nicht zu seinem Wesen gehört, daß er sich in seiner Arbeit nicht bejaht, sondern verneint, nicht wohl, sondern unglücklich fühlt, keine freie physische und geistige Energie entwickelt, sondern seine Physis abkasteit und seinen Geist ruiniert. Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet, ist er nicht zu Haus. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig, sondern gezwungen, Zwangsarbeit. Sie ist nur ein Mittel um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen. Ihre Fremdheit tritt darin rein hervor, dass, sobald kein physischer oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen wird. Die äußerliche Arbeit, in welcher der Mensch sich entäußert, ist eine Arbeit der Selbstaufopferung, der Kasteiung. endlich erscheint die Äußerlichkeit der Arbeit für den Arbeiter darin, daß sie nicht sein eigen, sondern eines andern ist, daß sie nicht ihm gehört, dass er in ihr nicht sich selbst, sondern einem andern gehört. Wie in der Religion die Selbsttätigkeit der menschlichen Phantasie, des menschlichen Hirns und des menschlichen Herzens unabhängig vom Individuum, d.h. als eine fremde, göttliche oder teuflische Tätigkeit, auf es wirkt, so ist die Tätigkeit des Arbeiters nicht seine Selbsttätigkeit. Sie gehört einem andren, sie ist der Verlust seiner selbst.

Es kömmt daher zu dem Resultat, daß der Mensch (der Arbeiter) nur mehr in seinen tierischen Funktionen, Essen, Trinken und Zeugen, höchstens noch Wohnung, Schmuck etc., sich als freitätig fühlt und in seinen menschlichen Funktionen nur mehr als Tier. Das Tierische wird das Menschliche und das Menschliche das Tierische.

Essen, Trinken und Zeugen etc. sind zwar auch echt menschliche Funktionen. In der Abstraktion aber, die sie von dem übrigen Umkreis menschlicher Tätigkeit trennt und zu letzten und alleinigen Endzwecken macht, sind sie tierisch.
Karl Marx. Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844). MEW 42 (Ergänzungsband. Erster Teil). Dietz Verlag. Berlin 1968. S. 514f.


Anmerkung: Dieser Beitrag wird möglicherweise noch einmal überarbeitet (werden müssen).
;-)

Nachträge:
Ein langer Text, und trotzdem sind bei weitem nicht alle Aspekte des "Liberalen Bürgergeldes" hinreichend "gewürdigt" worden:
chefarztfraulicher:beobachter bemerkte am 07.10.2009::
Da das liberale Bürgergeld-Konzept nicht nur vorsätzlich Arbeitslose aktivieren soll, sondern auch die Grundsicherung für EU- und Minirentnerinnen, chronisch Kranke und andere Erwerbsunfähige wäre, stellt sich die Frage, wie denn diese Leute den überlebens- notwendigen Zusatzverdienst erzielen könnten? Eben. Den Restmenschen droht also Obdachlosigkeit, Suppenküche und Dritterklasse-Medizin. Bravo Herr Pinkwart.

By the way: Die Motivations-Möglichkeiten für ALG-2-Empfänger verstoßen bereits heute gegen internationale Vereinbarungen: Die Bundesrepublik Deutschland ist nämlich Unterzeichnerin der ILO-Abkommens 29. Nach Artikel 2 ist jede Art von Arbeit, die unter Strafandrohung angeordnet wird, als Zwangsarbeit definiert und verboten.

Es würde übrigens auch das Bafög ersetzten - und nach allem was mir bekannt ist, wären Studenten dann die "Reformgewinner", sie bekämen ein paar Euro mehr und müssten nichts zurückzahlen. Außerdem hätten sie keinen Grund mehr sich wegen unbezahlter Praktika aufzuregen. Das wäre jedenfalls, soweit ich es übersehen kann, die Konsequenz. Wenn also demnächst Euer Kumpel, der wo BWL studiert, Stein und Bein auf die FDP und ihr Bürgergeld schwört, müsst ihr Euch nicht weiter wundern ...
;-)

nebenbei bemerkt ... Bei Hartz IV landet man u.U. schneller, als man es für möglich halten möchte, siehe: Ran an die Bouletten?

Der Nachfrage wegen: Hier gibt es ein paar Clips zur Illustration des Ganzen.

Lesen Sie zu diesem Thema auch:
Ein paar Worte zu Hartz IV Repressionen, Eckregelsatz und Mindestlohn (01.10.2009)

Weiterlesen...

Ran an die an die Bouletten?

Dem Bauverband Westfalen scheint es in Zeiten der Krise ganz besonders schlecht zu gehen:
Verspeiste Brötchenhälften wurden zwei Sekretärinnen des Bauverbands Westfalen zum beruflichen Verhängnis. Sie kassierten die fristlose Kündigung.

Beide Fälle landen jetzt vor dem Dortmunder Arbeitsgericht: Am 6. und 12. Oktober. Die Sekretärinnen klagen gegen ihre Kündigungen, handelten „ohne jedes Unrechtsbewusstsein“, wie einer der beiden Rechtsanwälte betont. Die beiden Verbands-Angestellten, 34 Jahre beim gleichen Arbeitgeber beschäftig die eine, fast 20 Jahre die andere, waren mit der Zubereitung des Mittagessens für einen Ausschuss beschäftigt. Dann bedienten sie sich unangekündigt selbst. Zwei halbe Brötchen mit Aufschnitt und eine Frikadelle verputze eine der Frauen, zwei halbe Brötchen die andere.
Quelle: Ruhrnachrichten

Ein „gestörtes Vertrauensverhältnis“ konstatiert der Vertreter der Arbeitgeberseite zu den Vorkommnissen. Rechtsanwalt Prof. Dr. Jürgen Weidemann findet: „Es wäre ein Leichtes gewesen, nachzufragen, ob sie ihren Hunger stillen könnten.“

Mutmaßungen, fristlose Kündigungen aufgrund solcher Bagatellen auszusprechen, mit denen womöglich Arbeitgeber teure, alte Kräfte in wirtschaftlich schwerer Zeit los werden wollen, rückt Prof. Weidemann ins Reich der Fabel: Gleich gelagerte Fälle von Vertrauensverlust, die zu fristlosen Kündigungen führten, habe es zu jeder Zeit gegeben.
Ruhrnachrichten

Was für eine Logik. Weil etwas öfter vorkommt, kann man mit Sicherheit bestimmte Motive ausschließen. Zum Beispiel, das Motiv "teure, alte Kräfte" loszuwerden, deren Entlassung ansonsten der (noch vorhandene) Kündigungsschutz im Wege stehen würde..

Wer's glaubt ...

Interessant ist übrigens die Reaktion der allseits bekannten BILD. Dort darf sich heute eine "Kollegin" aus der BILD-Redaktion mit der Gekündigten, deren Fall gestern verhandelt wurde solidarisch erklären. Wenn sie da mal nicht Ärger mit Franz Josf Wagner kriegt.

Mehr davon:

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Dienstag, 6. Oktober 2009

Weg mit der Erbschaftssteuer!

Als ich vorhin kurz durchs abendliche TV Programm zappte, landete ich just in dem Augenblick bei "Unter den Linden" in dem ein gewisser Mario Ohofen sich mal wieder darüber ereiferte, dass die Erbschaftssteuer weg müsse, weil das vererbte Geld ja schon vom Erblasser als Einkommen versteuert worden sei. Es werde somit doppelt besteuert und das sei ja wohl ungerecht.

Ohofens Kontrahent, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Ulrich Schneider, konterte mit dem Argument, dass diese Mehrfachbesteuerung ja auch in anderen Bereichen gang und gäbe sei. Für das Geld, das man für seine Lebensmittel ausgebe, habe man ja zuvor in der Regel auch schon Einkommenssteuer abgeführt.

Des Pudels Kern haben damit freilich beide verfehlt.

Es ja keineswegs das Geld selbst, auf das eine Steuer erhoben wird, sondern die Bewegung des Geldes ist es, auf die durch Besteuerung Einfluss genommen werden soll. Das gilt genau besehen selbst für die Vermögenssteuer, die ja auf scheinbar "ruhendes" (Geld-)Vermögen erhoben wird. Der Effekt der Besteuerung ist hier eben der, dass ein Teil dieses Vermögens (wieder) in besonderer Richtung "in Bewegung gesetzt" wird.

Davon abgesehen: von mir aus können wir die Erbschaftssteuer trotzdem ganz abschaffen. Eine Erbschaft ist für den Erben ein (arbeitslos erworbenes) Einkommen. Lassen wir ihn doch einfach - ich wiederhole mich hier) -, ganz im Sinne eines "einfacheren und gerechteren Steuersystems", Einkommenssteuer dafür abführen.


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Montag, 5. Oktober 2009

Ein Lied für Guido

von Funny van Dannen.

Ein gelb-schwarzer Alptraum. Das Beste Schlimmste kommt zum Schluss.




;-)

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Freitag, 2. Oktober 2009

Nachgereicht: Ein Statement zur Familienplanung

Nach diesem Clip hatte ich am Tage nach der Ausstrahlung vergeblich Ausschau gehalten. Inzwischen ist die Wahl gelaufen und Dr. Christian Burholt (CDU), der hier zu Familienpolitik und Familienplanung befragt wird, hat das Direktmandat in Berlin-Mitte zwar nicht gewonnen, und er ist aber auch nicht über die Landesliste in den Bundestag eingezogen.



Der Wahlkreis ging übrigens an eine Frau: Eva Högl, die Kandidatin der SPD. Ob dieses Interview dazu beigetragen hat? Wer weiß ...

;-)

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Donnerstag, 1. Oktober 2009

SPD: Projekt 18-X läuft weiter

Die Entscheidung der Thüringer SPD für Koalitionsverhandlungen mit der CDU fiel in der vergangenen Nacht -
[...]
Matschie hatte in der Nacht zum Donnerstag in Erfurt nach Beratungen des Landesvorstands erklärt, in einer Koalition mit der CDU sei mehr Stabilität möglich. Die Entscheidung des Landesvorstands fiel mit 18 zu 6 Stimmen für Koalitionsverhandlungen mit der CDU, die bereits Anfang kommender Woche beginnen sollen.
Quelle: SpOn

Ich wage schon jetzt die Prognose, dass angesichts derartiger, anscheinend unausrottbarer Borniertheit die Partei "Die Linke" in vier Jahren auch bundesweit die SPD überholt haben wird und die SPD womöglich noch froh sein darf, wenn sie dann in den Wahlergebnissen nicht unter


Sonstige Parteien Deutschlands

geführt wird.

Dass auch unabhängig von aktuellen Wahlkämpfe und Koalitionsverhandlungen das rosarote Projekt 18-x nicht an Schwung verliert, dafür werden ausgewiesene soziale Analphabeten wie der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrrazin ganz sicher sorgen, indem sie auch künftig ihre solidarischen Beiträge regelmäßig aus der untersten Schublade holen.



Weiteres vom Tage:
Ein paar Worte zu Hartz IV Repressionen, Eckregelsatz und Mindestlohn.


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Ein paar Worte zu Hartz IV Repressionen, Eckregelsatz und Mindestlohn

Im Grunde genommen bin ich ja strikt für die Entkopplung von Arbeit und Einkommen und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Aber man kann ja nicht alles haben, jedenfalls nicht sofort und auf einen Schlag. Außerdem fällt die Notwendigkeit von Mindestlöhnen durch die Einführung eines BGE nicht weg - ganz im Gegenteil. Ein BGE, so wie ich es begreife, wäre ja nicht als Lohn oder Lohnersatz zu verstehen, sondern eher als eine Art "Gewinnbeteiligung" aller Einzelnen am gesellschaftlich erzeugten volkswirtschaftlichen Gesamtprodukt. Damit ist (für mich zumindest) u. a. ausgeschlossen, dass es etwa über Verschuldung finanziert werden könnte. Da Gewinne aber nicht im voraus feststehen, kann man nicht fordern, dass es zugleich bedingungslos und existenzsichernd sein muss. Man kann sich aber sehr wohl das Ziel setzen, dass es - nach Möglichkeit - existenzsichernd sein soll. Die Frage der Existenzsicherung wäre also gesondert zu klären. Die meisten anderen Befürworter eines BGE, mit denen ich diese Frage erörtert habe, können sich mit meiner Position freilich kaum oder nur schwer anfreunden.

Ein solcher Ansatz "beißt" sich in gewisser Weise auch mit der Forderung der Linken nach einer Beteiligung von Arbeitnehmern an den Firmen für die sie arbeiten. Diese Lafontainsche Forderung ist m. E. deshalb eher wenig sinnvoll, weil sie lauter Kleinstkapitalisten hervorbrachte, die dann eifersüchtig über ihre Pfründe wachen und zum Erhalt ihrer Privilegien andere aus dem "Wettbewerb" kicken müssten. Die Beteiligung der Gesellschaft an den Unternehmen sollte abstrakter gemanaged werden, schließlich sind nicht nur die Belegschaften vom Gedeihen ihrer jeweiligen Betriebe abhängig, sondern auch die Standorte (Gemeinden, Länder, Staaten). Deshalb sollte es eher einen Beteiligungspool geben, an den ein Teil aller Gewinne und Einkommen, die eine gewisse Größe überschreiten, abgeführt wird, und der dann eine allgemeine "Dividende" in Form des BGE ausschüttet. Ggf. müsste man darüber nachdenken ob und wie auch aus anderen Steuerquellen Anteile in diesen Pool einfließen sollten und in welcher Weise Mitspracherechte zu organisieren wären.

Die Rechtfertigung für eine solche Umstrukturierung findet sich in dem Umstand, dass alle Erträge in letzter Konsequenz das Ergebnis (nicht nur gegenwärtiger) gesellschaftlicher Anstrengungen sind, dass nach dem Stand der Dinge niemand in der Lage ist, unabhängig von anderen ein Einkommen zu generieren - es sei denn er ändert seine besondere Lage, indem er sich in die Steinzeit retourniert und zum 100%igen Selbstversorger wird. Soviel als grobe Skizze.

Ehe es aber (wenn überhaupt) einmal so weit kommt, kann man nur versuchen, die größten Mißstände zu beseitigen.

  1. Die Sanktionen für die von Hartz IV Betroffenen müssen abgeschafft werden
  2. Der Eckregelsatz soll auf mindestens 500 Euro erhöht werden
  3. Ein flächendeckender Mindestlohn in Höhe von mindestens 10 Euro ist einzuführen.

Zu 1
Derzeit läuft eine e-Petition, in der die Abschaffung des § 31 SGB II gefordert wird.

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen ... sofort die Sanktionen nach § 31 SGB II abzuschaffen.

Begründung

Begründung: § 31 SGB II verletzt die Menschenwürde und die Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit und wandelt die gebotenen Hilfestellungen des Staates zu Zwangsmaßnahmen um. Abzüge vom absoluten Lebensminimum können nur durch Hungern kompensiert werden. Die Sanktionierung mit Hunger oder mit gesellschaftlicher Ausgrenzung steht auf derselben Stufe wie die Sanktionierung durch unmittelbare staatliche Gewalt.

Auch ich halte die Abschaffung dieses Paragraphen für besonders dringlich und bitte meine Leser, soweit noch nicht geschehen, diese Petition mitzuzeichnen, bzw. andere zur Mitzeichnung aufzurufen. Die Zeichnungsfrist läuft am 28.10.2009 ab. Leider gibt es vorerst lediglich 3038 Mitzeichner und das bei einem skandalösen Gesetz von dem Zehntausende betroffen sind. Leute, wehrt Euch!

Zu 2
Unabhängig von dieser Petition wurde eine Initiative ins Leben gerufen, die die Erhöhung des Eckregelsatzes auf mindestens 500 Euro fordert. Weitere Informationen dazu gibt es hier. Auf der verlinkten Seite finden sich einige Texte, die diese Forderung sehr sachlich begründen, Gegenpositionen analysieren, Milchmädchenrechnungen zerpflücken und überaus lesenswert sind. Auch dort werden Unterstützerunterschriften gesammelt. Derzeit haben etwa 3000 Personen unterzeichnet.

Zu 3
Der unter "Milchmädchenrechnungen" oben bereits verlinkte Text behandelt auch die Frage, wie weit man mit einem Mindestlohn von 10 Euro kommt und es wird klargestellt: Für einen Alleinstehenden mit einem Vollzeitzeitjob reicht es gerade etwas weiter als Hartz IV. Eine vierköpfige Familie mit einem Alleinverdiener hingegen bleibt als Aufstocker auf (etwa 274 Euro) ALG II angewiesen. Das verdeutlicht, dass die Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 10 Euro alles andere als überzogen ist. Es ist eine Minimalforderung, denn wenigstens der Arbeitende selbst sollte doch mit dem Entgelt, das er für seine Leistung erhält, bei Vollzeit auf staatliche Zuschüsse nicht mehr angewiesen sein.

Kombilöhne und ergänzendes ALG II sind schon deswegen keine vertretbare Lösung, weil sie eigentlich den Unternehmer subventionieren. Man gewährt ihm praktisch einen generösen Rabatt auf die "Ramschware" Arbeitskraft und die "Leistungsempfänger" kriegen obendrein den schwarzen Peter zugeschoben, denn wer hierzulande ALG II bezieht, bekommt das Etikett "Sozialschmarotzer" gleich mitgeliefert. Er ist es ja, der "dem Steuerzahler" auf der Tasche liegt und nicht etwa das Unternehmen, das ihn zu einem Hungerlohn beschäftigt. Der eigentliche Skandal wird also verschleiert. Dabei ist im Grunde gar nicht einzusehen, warum ausgerechnet "Marktradikale" sich so vehement gegen die Einführung flächendeckender Mindestlöhne wehren, die den "Wettbewerb" ja gerade entzerren würden. Wer nicht bereit ist, die Arbeit, die ein anderer Mensch für ihn verrichtet, wenigstens so zu bezahlen, dass der Arbeitende von seinem Salär für die Wiederherstellung seiner verausgabten Arbeitskraft angemessen Sorge tragen kann, der sollte seinen Kram gefälligst selbst erledigen. Dann darf er sogar das ganze Geld, das er mit seiner eigenen Arbeitskraft erwirtschaftet, behalten. Es steht aber zu befürchten, dass sein Ertrag – und damit sein Einkommen, dann sehr viel bescheidener ausfallen dürfte, als das Einkommen, das er durch die Inanspruchnahme fremder Arbeitskraft erzielt. Wer hingegen aufgrund von Umständen, die er nicht selbst zu verantworten hat, vorübergehend nicht in der Lage ist, die Summen für die laufenden Kosten aufzubringen, dem sollte der Staat ggf. direkt helfen, und nicht Subventionen qua Umweg über den Arbeitnehmer als "Sozialleistungen" tarnen. Es ist schließlich das Unternehmen, das sich hier als "sozial schwach" erweist und nicht dessen Arbeiter und Angestellte. Und nebenbei bemerkt: "Dank" Hartz IV, können auch Unternehmer ergänzendes ALG II beantragen, wenn ihr eigenes Einkommen unter dem Existenzminimum liegt.

Zum Abschluss noch ein Filmchen zur "Aufmunterung":



;-)


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