Freitag, 28. August 2009

Neues vom Golfsport: Wird Sarrazin bald eingelocht? Update!


Dieser Beitrag wurde am 29.08.2009 um ca. 00:20 ergänzt.

Die Financial Times Deutschland meldet, dass gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin zwei Anzeigen wegen Untreue vorliegen.

Gegen Berlins früheren Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Dabei gehe es um einen 99 Jahre laufenden Pachtvertrag des Landes Berlin mit dem Golf-Club Wannsee, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Martin Steltner.

Es gebe zwei Anzeigen gegen Sarrazin, sagte er. Jetzt werde geprüft, ob der Pachtvertrag angemessen sei.


Zum Hintergrund der Affäre:

Bei der Verpachtung eines landeseigenen Grundstücks an den Golfclub Wannsee hat der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) auf Einnahmen von drei Millionen Euro verzichtet. Denn bei den Verhandlungen im Sommer 2008 über ein neues Erbbaurecht für 99 Jahre war absehbar, dass der Verein ab 2010 die Gemeinnützigkeit verliert. Damit hätte der Golfclub den Anspruch auf eine besonders günstige Pacht verloren, die förderungswürdigen Sportvereinen zusteht, und müsste eigentlich den doppelten Pachtzins zahlen. Eine solche Nachbesserungsklausel steht aber nicht im Vertrag.
[...]
Sarrazin, der seit Mai im Vorstand der Bundesbank sitzt, ist inzwischen gern gesehener Gast in Wannsee: Zum Neujahrsempfang 2009 war der Golf-Anfänger eingeladen, und beim Rotary- und Lions-Turnier im Juni spielte er erstmals mit, obwohl er ein schlechtes Handicap von 54 hat. Die Sache mit dem Pachtzins sieht er anders. Voraussetzung für einen begünstigten Pachtzins sei nicht die Gemeinnützigkeit, sondern die förderungswürdige Bindung der Vereinsarbeit an sportliche oder kulturelle Zwecke, sagte er am Mittwoch auf Anfrage.

Im Sportförderungsgesetz des Landes Berlin steht aber: "Förderungswürdig ist eine Sportorganisation, wenn sie gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt und dies durch einen Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer nachweist".

Quelle: Tagesspiegel


Für den Fall des Falles: wünschen wir ihm einen angenehmen Aufenthalt!



;-)

Nachtrag:

Der Tagesspiegel vom 28.08.09 meldet, dass gegen Sarrazin nicht zum ersten Mal wegen Untreue ermittelt wird:

Gegen Sarrazin wurde schon einmal wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Im Zusammenhang mit der Tempodromaffäre erhob die Berliner Staatsanwaltschaft 2004 Anklage gegen den damaligen Finanzsenator. Das Landgericht lehnte zwar die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, stellte aber fest, dass Sarrazin und der frühere Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt“ hätten.


Apropos Strieder.
der hat sich politisch mittlerweile wohl vollständig in Luft aufgelöst. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er noch Bezirksbürgermeister von Kreuzberg und übte sichtlich konzentriert den richtigen Hüftschwung. Man weiss ja nie wozu es noch mal gut ist.
"Number forty-seven said to number three: Come on and do the jailhouse rock with me. ..."

:-D




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Sprachforschung im Wahlkampf (2): "Die Rhetorik der klaren Kritik" (FDP)


Zu der kürzlich hier bereits besprochenen Analyse des Sprachgebrauchs der Parteien im Wahlkampf ("Die Linke nutzt Schimpfvokabular") haben sich inzwischen ein paar weitere Untersuchungen gesellt. Eine von ihnen befasst sich mit der Rhetorik der FDP (im Vergleich zu SPD und CDU):

Die FDP versteht es in ihrer Rhetorik, direkter, klarer und emphatischer als SPD und CDU aufzutreten und so ihre Ansichten in der Rolle der Oppositionspartei besonders deutlich zu präsentieren. Was das Themenspektrum angeht, so lässt sich trotz gewisser rhetorischer Überschneidungen mit der SPD in den Bereichen Bildung und Entwicklung jedoch eine gewisse Konzentration bzw. Engführung in den Bereichen Steuer- und Finanzpolitik erkennen im Vergleich zu den beiden Volksparteien, die einhergeht mit einem überdurchschnittlichen Gebrauch von technischen und bürokratischen Ausdrücken.
Quelle

So lautet das Fazit, das die Autoren dieser Analyse ziehen. Mein eigenes Résumé weicht davon freilich doch ein wenig ab; zunächst jedoch noch einige Beispiele.

Das mit Abstand häufigste sprachliche Muster bei der FDP im Vergleich zu CDU und SPD sind Sätze, die Modalverben enthalten. [...] Bei der FDP dominieren jene Modalverben, die eine Aufforderung oder Notwendigkeit ausdrücken. Dazu gehören müssen, (nicht) dürfen und sollen.

Besonders typisch bei der FDP sind Modalverben in Verbzweitsätzen. Verbzweitsätze stellen innerhalb der Satztypen des Deutschen den einfachsten, da unmarkierten Fall dar. Entsprechend sind sie unmissverständlich und direkt. Darum geht es der FDP:

Das Umweltministertreffen muss die Weichen ?
Die Bundesregierung muss die Präsidentschaft ?
Der Staat muss den Spielraum ?
[...]
Sehr häufig kommen Modalverben auch in Verbindung mit einem Temporaladverb vor, etwa am Satzanfang ? Jetzt muss / Nun muss / Dann muss ? oder im Satzinnern:
[...]
Das Programm muss jetzt
Der Staat muss endlich
Die Bundesregierung sollte endlich
Die Koalition muss nun

Neben den Modalverben finden sich deutlich häufiger als bei der SPD und der CDU auch performative Verben, also Verben, durch die bestimmte Handlungen vollzogen werden. Dazu gehören beispielsweise ablehnen, auffordern, versprechen und zustimmen.

Die Wortwolke mit den häufigsten Verben bei der FDP zeigt dies auf.

In der Tat zeigt die Wolke das und unter den besonders häufigen Verben findet sich auch "fordern". Ein Verb das an anderer Stelle übrigens als besonderes Merkmal der LINKEn bezeichnet wurde.

Autoren von Texten verfügen über verschiedene Mittel, ihre kritische Haltung einem Wort oder Begriff gegenüber zu kennzeichnen. Sie können dies beispielsweise explizit tun oder aber implizit, indem sie den Wörtern oder Begriffen ein "sogenannt" voranstellen oder sie in Anführungszeichen setzen.

Solche Sprachthematisierungen setzt die FDP mit Abstand am wenigsten ein,[...].
Neben den bereits genannten Sätzen, die eine kritische Haltung explizit machen, sind für die FDP auch Evaluationen "ex positivo" typisch. Dazu gehören Sätze, die mit Es ist oder Das ist beginnen. Beispiele sind:

Es ist gut, dass
Es ist erfreulich, dass
[...]
Das ist ein klarer Fall
Das ist ein echtes Alltagsproblem
Das ist ein gefährliches Spiel
[...]

Der Wolf hat die Kreide vielleicht fressen wollen, sie aber wohl nicht gefunden. Ein solcher Sprachduktus verweist m.E. mitnichten auf eine "Rhetorik der klaren Kritik" (und schon gar nicht auf eine Rhetorik der Freiheit), sondern erinnert viel eher an den Jargon des Kasernenhofes. Vorsichtig ausgedrückt: diese Rhetorik ist autoritär und etwas schärfer: totalitär - zumindest aber totalisierend. Wo die Autoren der Studie von "Aufforderung" und "Notwendigkeit" reden, kann man ebensogut von Imperativ und Zwang sprechen. Die Sprache der Freiheit kann jedenfalls nicht eine Sprache sein, bei der das Müssen, Sollen, (nicht) Dürfen derart im Vordergrund steht.

Die Häufigkeit von "es ist" Sätzen lässt überdies darauf schließen, dass wir es hier womöglich mit Zeitgenossen zu tun haben, die in dem unerschütterlichen Glauben stehen, die "Wahrheit" für sich gepachtet zu haben; mit bornierten "Realisten", die vor lauter eindimensionaler "Realität" offenbar gar keinen Blick mehr für die vielfältigen Realitäten, denen verschiedene Menschen sich nun einmal ausgesetzt sehen, haben. Die Realität eines Josef Ackermann, eines Guido Westerwelle oder auch eines Franz Müntefering ist z.B. eine ganz andere, als die eines Kleinunternehmers, einer Friseuse oder eines Arbeitslosen. Und auch die Realität des Arbeitslosen unterscheidet sich von der des Kleinunternehmers noch einmal ebenso, wie sich die Realität eines Westerwelle von der eines Ackermann unterscheidet. Die Differenzen mögen unterschiedlich groß sein, vorhanden sind sie aber immer. Dass Müntefering - der in einer Scheinwelt lebt, in der die SPD noch immer eine "Volkspartei" ist - ohnehin an komplettem Realitätsverlust leidet, dürfte mittlerweile unübersehbar geworden sein. Das aber nur am Rande. Jedenfalls werden Meinungen und Ansichten nicht schon dadurch zu Tatsachen, dass man sie in "es ist"-Sätze verpackt unters Volk streut.

Am Besten an diesen Hardcore-Realos gefällt mir - obwohl unvollständig - noch der Spruch auf ihren Wahlplakaten, der erstaunlicherweise ganz ohne "muss", "soll" und "darf (nicht)" auskommt:

"Deutschland kann (sic!) es besser!"

Mein Vervollständigungsvborschlag wäre folgender:

Jeder andere in Deutschland kann es besser - als diese Pfeifen!

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Dienstag, 25. August 2009

Spiegelfechtereien

Horst Seehofer:
"Wenn Herr Westerwelle glaubt, es wird nach der Wahl ein neoliberales Streichkonzert geben, lernt er den Widerstandsgeist der CSU kennen."

Guido Westerwelle:
"Jetzt ist Schluss mit lustig",[...] "Die Union kämpft gegen die FDP, anstatt dass sie sich gegen SPD, Grüne und Linkspartei wendet. Sie schießt aufs falsche Tor."
Quelle: taz

Ruhig Brauner Falber! Ganz ruhig!

So doof ist der Seehofer ja nun doch wieder nicht. Auch in der CDU/CSU bzw. soll es ja nach wie vor einen "linken Flügel" geben, dessen Anhängerschaft die Konzepte der FDP womöglich nicht ganz geheuer sind. Und das könnte zur Folge haben, dass dieser Teil des Wählerpotentials strategisch "falsch" oder gar nicht wählen wird. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, sind Seehofers Sprüche folglich wohl weniger als Attacken gegen den Wunschkoalitionspartner FDP, sondern eher als Sedativum für einen gewissen Teil der eigenen Wählerschaft zu begreifen: "Fürchtet Euch nicht - der Horst wird Euch beistehen! - Und jetzt ab in an die Urne!"

Davon abgesehen hat der SPD Schein-Kanzlerkandidat Steinmeier offenbar inzwischen auch gecheckt, dass das sinkende Schiff (regierende) Bundes-SPD nicht mehr zu retten ist und macht vorsorglich die Rettungboote klar, um so buchstäblich "Land zu gewinnen", ehe man auch in Hintertupfingen vergessen hat, dass es einmal eine SPD gegeben hat, die mehr war, als nur eine unter etlichen anderen unbedeutenden Splitterparteien.

Steinmeier hofft auf eine Stimmungswende im Bundestagswahlkampf mit Hilfe rot-roter Koalitionen bei den anstehenden Landtagswahlen. "Die SPD muss den Anspruch haben, Regierungen zu führen", sagte Steinmeier im Interview.

Eine SPD-Regierungsbeteiligung im Saarland, in Sachsen oder Thüringen könne für die SPD im Bundestagswahlkampf einen Positivtrend begründen. Eine neue Diskussion über den Umgang mit der Linkspartei fürchtet er nicht.
Quelle: RP Online

Das Lustige ist, dass Steinmeier in diesem Interview gar nichts befürwortet - außer einer SPD-Regierungsbeteiligung und im Übrigen eigentlich nur wiederholt, was die Bundes-Genossenschaft schon länger runterbetet: "Wir (die Bundes-ReStPD mischen uns nicht in die Koalitions-Entscheidungen unserer Landesverbände ein - blablub ..."

Immerhin versucht er einen würdigen Kapitän abzugeben und bleibt an Bord, solange das Totenschiff SPD nicht komplett abgesoffen ist, dabei - against all odds - weiter tapfer sein Mantra murmelnd: "Ich will Bundeskanzler werden."

Immerhin: schon das reicht deraus, um das Gespenst des Kommunismus durch die Köpfe diverser Demokreaturen spuken zu lassen.
"Die rot-rot-grüne Volksrepublik ist eine reale Gefahr", sagte FDP-Vize Rainer Brüderle unserer Redaktion. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) warnte vor rot-roten Bündnissen auch nach der ebenfalls am Sonntag stattfindenden Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen.

"Niemand sollte sich täuschen lassen: Der rot-rote Freibrief von Steinmeier gilt für die Landtagswahlen, aber auch für die Kommunalwahlen in NRW",
Quelle: RP Online

Die Financial Times Deutschland berichtet unterdessen, dass es nach der Wahl zu einem "Kahlschlag" kommen werde.

Eine Art Stillhalteabkommen zwischen Industrie und Regierung verhindert derzeit einen größeren Arbeitsplatzabbau in Deutschland. Der Pakt gelte bis zur Bundestagswahl am 27. September, erfuhr die Financial Times von mehreren Spitzenmanagern. "Deutschland ist momentan vor Veränderungen sicher. Aber nach der Wahl wird sich die Botschaft ändern. Das ist ganz normal", sagte Hakan Samuelsson, Vorstandschef des Münchner Dax-Konzerns MAN.


Na und? - Das war doch abzusehen. - Ob nun ausdrücklich vereinbart oder in "stillem Einvernehmen", was spielt das da noch für eine Rolle?


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Bizarre Logik (III)


Angela Merkel:
"Hätte Lafontaine 1989 etwas zu sagen gehabt, dann wäre die Geschichte anders verlaufen", sagte die CDU-Politikerin am Montag bei einer Wahlkampfveranstaltung im sächsischen Borna.

Deshalb müsse verhindert werden, dass die Linke an die Macht komme.

Quelle: RP Online

Abgesehen davon, dass die conclusio daneben ist: es fehlt auch noch die zweite Prämisse.


Mehr bizarre Logik:
(I), (II), (III), (IV), (V), (VI)

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Sonntag, 23. August 2009

Alle an die Arbeit!

Angela Merkel im ZDF Sommerinterview:

Alle Parteien, die ich ernst nehme, FDP, Grüne, SPD und wir, sind der Meinung, dass "Arbeit für alle" unser Ziel sein sollte und dann geht es um die Frage, wie schaffen wir das? Darüber geht natürlich auch die Auseinandersetzung im Wahlkampf. Da sage ich das mit drei Worten: Wachstum schafft Arbeit.


"Arbeit für alle", auf den ersten Blick nimmt sich das, obwohl es sich eigentlich gerade anders herum verhält, viel "bescheidener" aus, als etwa Steinmeiers Vorhaben innerhalb von 10 Jahren 4 Millionen "neue Arbeitsplätze" zu schaffen. Denn 4 Millionen "neue Arbeitsplätze" bedeuten noch lange nicht: vier Millionen weniger Arbeitslose. Da ist der Saldo vor (4 Millionen "neue Arbeitsplätze minus x-Millionen "alte Arbeitsplätze") und andererseits sind "alle" auf jeden Fall wohl deutlich mehr als 4 Millionen. Der Verzicht auf eine numerische Angabe machts möglich, und vielleicht auch der Umstand, dass wenn alle angesprochen werden, jeder Einzelne (nur) sich unmittelbar gemeint fühlt.

Natürlich wird gar nicht erst gefragt, ob überhaupt alle (Einzelnen) irgendeine (x-beliebige) Arbeit haben wollen. Arbeit - und zwar: "Arbeit an sich", also rein abstrakte, eigentlich ganz gegenstandslose Arbeit - gilt hierzulande noch immer als ein so hohes Gut, dass selbst der beschissenste Job ganz unverfroren als "Wert an sich" angepriesen werden darf.

Wer wissen möchte, was er - in vermutlich weiter verschärfter Form - zukünftig von unseren offenbar über alle bürgerlichen Parteien recht gleichmäßig verteilten "Hohepriestern der Arbeitsgesellschaft" erwarten darf, schaue sich die folgenden clips an.

Niedriglohn und Minijobs:


Watch Die Lohnsklaven - Was ist Arbeit in Deutschland wert in Bildung | View More Free Videos Online at Veoh.com


Ein Euro Jobs:
Teil 1:



Teil 2:



Selbst die totalitärste technokratisch-politische Verwaltung bedarf, um reibungslos zu funktionieren, dessen, was gewöhnlich "moralisches Rückgrat" genannt wird: einer (relativ) "positiven" Einstellung der ihr unterworfenen Bevölkerung zur Nützlichkeit ihrer Arbeit und zur Notwendigkeit der Repression, wie die gesellschaftliche Arbeit sie ausübt. Eine Gesellschaft hängt von der relativ stabilen und verlässlichen "geistigen Gesundheit" der Menschen ab, wobei geistige Gesundheit definiert ist als das regelmäßige gesellschaftlich koordinierte Funktionieren von Geist und Körper - speziell bei der Arbeit, in den Werkstätten und Büros, aber auch bei Muße und Vergnügen. Außerdem verlangt eine Gesellschaft in beträchtlichem Maß, daß an die allgemeinen Überzeugungen (die zur geforderten "geistigen Gesundheit" gehören) und den operativen Sinn der gesellschaftlichen Werte geglaubt wird. Der Operationalismus ist in der Tat eine unerläßliche Ergänzung von Mangel und Angst als den Kräften des Zusammenhalts.
Herbert Marcuse. Versuch über die Befreiung. Suhrkamp Verlag. FfM 1969. S.123



Hartz IV Willkür:




Bite beachten: Zum letzten Clip gibt es noch 4 weitere sehenswerte Teile.

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Dienstag, 18. August 2009

Das hätte uns gerade noch gefehlt: Wahlwiederholung nicht auszuschließen


Die herrschende Klasse dieses Landes bemüht sich offenbar nach Kräften kein Fettnäpfchen in das sie treten könnte auszulassen. So berichtet SpOn heute, dass Gabriele Pauli die Bundestagswahl - womöglich erfolgreich - anfechten könnte, da der Bundeswahlausschuss Paulis "Freie Union" in einem - wie es heißt - "juristisch fragwürdigen Verfahren" von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen hat.

nach dem Bundeswahlgesetz hätte Pauli sogar nach Ablauf der Frist noch unterschreiben dürfen, nämlich dann, wenn trotz fehlender Unterschrift der Wahlvorschlag "an sich" gültig war. Aus Kleins Sicht ist das der Fall, so dass "der Mangel auch noch nach Fristablauf zu beheben war". Zumindest aber hätte der Ausschuss "dies eingehend beleuchten müssen". Doch das geschah nicht. Zwar erwähnte Egeler die einschlägige Vorschrift, ließ deren Inhalt aber außer Acht.

Musste Pauli überhaupt selbst unterschreiben? Im Gesetz steht das Wörtchen "soll" und nicht "muss". Die Vertreter der Grünen und SPD wiesen darauf mehrfach hin, doch ihre Kollegen von Union und FDP gingen nicht weiter darauf ein.

Pauli und ihre Partei wären wohl vor allem CSU und FDP gefährlich worden. Deshalb "wäre es gut gewesen", sagt der Bielefelder Rechtsanwalt Hartmut Geil, der von den Grünen in den Ausschuss entsandt wurde, wenn sich die Vertreter von Union und FDP auch "an der juristischen Diskussion im Ausschuss beteiligt hätten" - um zu zeigen, "dass es um eine juristische und nicht um eine politische Entscheidung ging".
Quelle: SpOn

Ich fände eine solche Wiederholung freilich äußerst lästig, denn egal ob mit oder ohne "Freie Union" - es ist doch jetzt schon so gut wie sicher, wer uns anschließend regieren wird: eine Horde marktreligiöser Vollpfosten - wie gehabt.

Nachtrag (18.08.2009, ca 15:40h):

Siehe dazu auch:
Pauli zieht vor das Bundesverfassungsgericht
Die Freie Union der früheren CSU-Politikerin Gabriele Pauli will mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht doch noch ihre Zulassung zur Bundestagswahl erreichen.
Quelle: Focus

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Montag, 17. August 2009

Schöner wohnen? Nicht mit Hartz IV!

Hartz-IV-Empfänger dürfen nach einem Urteil nicht in eine größere Wohnung umziehen, auch wenn sie ihnen zusteht. Sie müssen mit der kleineren Bleibe vorliebnehmen.

Ein Umzug in eine teurere Wohnung, nur weil die bisherige Wohnfläche unter der örtlichen Angemessenheitsgrenze liege, sei für einen Hartz-IV-Empfänger nicht notwendig, urteilte das Thüringer Landessozialgericht in Erfurt (L 9 AS 586/09 ER). Deshalb müssten die höheren Kosten für die neue Wohnung auch nicht erstattet werden.
Quelle: Focus

"Wer aber anderen vorgibt, wo und wie sie zu leben haben, ist extremistisch und verfassungsfeindlich", so Körting zur taz.
Quelle: taz

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

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Sonntag, 16. August 2009

Den Staat bescheißen - warum nicht?

Nach eigenen Angaben sammelte sie Blaubeeren und verkaufte sie der "Handelsgenossenschaft für Obst und Gemüse". Diese zahlte für ein Kilo Blaubeeren vier Mark. Weil Blaubeeren vom Staat subventioniert wurden, verkaufte die Genossenschaft das Kilo dann wieder für zwei Mark. "Einer hat verkauft, der zweite ist nach einer Stunde in den Laden und hat gefragt, ob es Blaubeeren gibt. Da hat er dann für zwei Mark das Kilo wieder kaufen können",

Quelle

Ein vorbildlicheres "Staatsoberhaupt" kann man sich doch wahrlich nicht wünschen!

Bürger, Banker, Biedermänner - nehmt Euch ein Beispiel!

Wie? - "Haben wir doch längst!" - Na denn ...


Merke(l):
Erst kommt das Fressen, dann die Moral - nur wer nichts zu fressen hat, dem kommt man gleich mit ihr.

Und so funktioniert der Blaubeeärtrick heute.


Anmerkung:
Gut für Frau Merkel, dass der Vorfall a) verjährt ist und b) er ihr inzwischen ohnedies vermutlich als Akt des Widerstandes gegen einen Unrechtsstaat mehrheitlich sogar hoch angerechnet werden dürfte. Kann man doch ansonsten hierzulande seinen Job wegen noch nichtigerer Vorfälle ganz schnell loswerden.

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Freitag, 7. August 2009

Gestern bei Illner: Konservativ-(neo)liberaler Sonderwahlwerbespot im ZDF

"Wie ehrlich können Politiker sein?" lautete der Titel der gestrigen Schwafelrunde von Maybritt Illner. Schon bald sollte sich zeigen, dass diese Frage wohl eher rhetorisch gemeint gewesen sein muss, denn es ging um alles Mögliche, nur nicht (bzw. nur am Rande) um die Fragen, die im teaser zur Sendung angekündigt worden waren.

SPD-Kandidat Frank-Walter Steinmeier will bis 2020 die Arbeitslosigkeit besiegen und Vollbeschäftigung erreichen. Trotz nie gekannter Staatsschulden versprechen Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle den Bürgern Steuersenkungen. Arbeitsminister Scholz garantiert den Älteren, es werde nie mehr Rentenkürzungen geben. Auch Grüne und Linke haben wohlklingende Visionen auf viele Seiten Wahlprogramm gepackt. Gerechte Einkommensverteilung, volle Gleichberechtigung von Frauen in der Wirtschaft, sozial und ökologisch handelnde Unternehmen, gleiche Bildungschancen und bessere Ausbildung für den Nachwuchs - gut sieben Wochen vor der Bundestagswahl präsentiert sich Deutschland als Land der (leeren?) Versprechen.

Hier ist also von folgenden politischen Kräften die Rede: SPD (Steinmeier), CDU (Merkel), FDP (Westerwelle), noch einmal SPD (Scholz), Grüne und Linke (ohne Namensnennung).

Und wer saß von denen in der Runde?

Niemand, sondern Thomas Oppermann (SPD), Dirk Niebel (FDP), Gabriele Pauli (FU), Werner Marnette (CDU), Wolfgang Herles (ZDF). Dazu gesellte sich noch - "im Schaltgespräch" - Paul Kirchhoff (parteilos), ehemaliger CDU-Phantomfinanzminister (-kandidat).

Na - das nenne ich doch mal ausgewogen und der Thematik angemessen.

Ich will aber auf diese merkwürdige Sendung und die Nichtberücksichtigung von Grünen, Linken und Piraten hier gar nicht en detail eingehen und mich auch nicht darüber auslassen, was ausgerechnet die Vertreterin einer Partei, die zur kommenden Wahl gar nicht zugelassen wurde, in dieser Runde zu suchen hatte, sondern nur einen einzelnen Punkt herausheben.

Wie nicht anders zu erwarten, erklärte Dirk Niebel mal wieder, warum gerade in der Krise Steuersenkungen angesagt seien. Es sei eben nicht so, dass die Steuern nur gesenkt werden könnten wenn es Wirtschaftswachstum gebe, sondern gerade umgekehrt, würden niedrigere Steuern wirtschaftliches Wachstum bewirken.

Dass diese These absoluter Mumpitz ist, lässt sich leicht zeigen. Niebel tut geradezu so, als sei alles Geld, das in die Staatskasse fließt, dem "Markt" (und damit der Wirtschaft, die es ja ach so dringend braucht) vollständig und ein für alle Mal entzogen. Er sagt das nicht explizit, aber genau das wäre doch die Voraussetzung dafür, dass die Höhe der Besteuerung überhaupt wachstumsrelevant wirksam werden könnte. (Kurz und knapp: Weniger Geld im Umlauf = Weniger Warenzirkulation). Nun behält "der Staat" aber keinen müden Cent seiner Einnahmen in der Kasse; denn weder hat er einen Sparstrumpf unter dem Kopfkissen, noch gibt es so etwas wie einen Nibelungenhort, dem ständig neue Reichtümer zugeführt würden um niemals wieder hergegeben zu werden. Genau genommen hat der Staat nicht einmal eine konkrete Kasse - aber dazu später mehr. Einen Kausalzusammenhang wie ihn Niebel und Konsorten unterstellen (weniger Steuern -> mehr Wachstum -> mehr Arbeitsplätze) jedenfalls gibt es schlicht nicht. Höhe und Form der Besteuerung haben zwar - in ganz unterschiedlicher Weise(!), - Einfluss auf die Kaufkraft aller Einzelnen, führen aber nicht zu einer Verminderung der Gesamtkaufkraft oder der zirkulierenden Geldbeträge.

Andererseits verhält es sich in der Tat so - ein einigermaßen ausgeglichener Haushalt (ja ich weiß, das ist ein Hirngespinst) vorausgesetzt -, dass in Wachstumsphasen die Steuern gesenkt werden könnten, da (theoretisch) mehr eingenommen werden würde, als der Staat für seine Aufgaben benötigt. Wie gesagt: unter der Voraussetzung, dass der Haushalt ausgeglichen wäre und dass die Staatsaufgaben nicht ausgeweitet werden müssen oder sollen, also im Wesentlichen konstant bleiben.

Dass irgendein halbwegs klar denkender Finanzminister - ganz gleich welcher Partei er angehört - die Steuern (in summa) in absehbarer Zeit senken wird ist m. E. also absolut nicht zu erwarten, Änderungen des Steuersystems und Umschichtungen sind damit aber keineswegs ausgeschlossen.

Ein anderes Argument (auch aus der Richtung von Kirchhoff) für niedrigere Steuern wäre, dass der (mündige) Bürger (den man im Übrigen in aller Regel für einen Volltrottel zu halten scheint), selber am besten weiß, wie er sein Geld ausgibt.

Na und? Wer ist es denn, der am Ende die "Staatsknete" empfängt und zwar in Form von Staatsaufträgen, Diäten, Besoldungen, Honoraren, Lohnzuschüssen, Sozialleistungen an Arbeitende und Arbeitslose usw. usf., um sie dann "selbst" wieder auszugeben, wenn nicht die Bürger des Staates?

Nur ein sehr geringer Teil der staatlichen Einnahmen wird dem inländischen Wirtschaftskreislauf tatsächlich entzogen und zwar z.B. in Form von Entwicklungshilfe oder Zahlungen an supranationale Einrichtungen - und selbst dieses Geld fließt zu einem guten Teil wieder zurück (unterm Strich vermutlich sogar mehr als abfließt - jedenfalls so lange dieses Land einen Handelsbilanzüberschuss aufweisen kann).

Bliebe noch das Totschlagargument "Kapitalflucht". - Okay, die gibt es auch. Aber wer schleppt denn die Kohle über die Grenzen - "der Staat" vielleicht? Und es sind ja nicht nur Arbeitslose oder Arbeitsunfähige, denen Geld aus der Staatskasse zugewiesen wird; gerade Unternehmen profitieren in vielfältiger Form von Zuwendungen, die nicht unmittelbar an sie selbst ausgeschüttet werden (Kurz: vom "Sozialstaat"). Ich nenne hier nur "Aufstocker" und "Wohngeld", Leistungen also, durch die der Staat massiv die Lohnkassen diverser Unternehmen "entlastet". Das wäre doch eigentlich eher ein Grund sein Geld im Lande zu lassen. Andererseits wäre hier freilich in der Tat eine Möglichkeit gegeben Steuergelder zu sparen - durch Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes nämlich, wodurch gewährleistet würde, dass diejenigen, die aus fremder Arbeitskraft ihren Profit schlagen, diese Arbeitkraft wenigstens auf dem Niveau der gegebenen gesellschaftlichen Reproduktionskosten derselben vergüten müssten - in einer Höhe also, von der schon Marx feststellte, das sie nicht unterschritten werden kann.

Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel. Die Arbeitskraft verwirklicht sich jedoch nur durch ihre Äußerung, betätigt sich nur in der Arbeit. Durch ihre Betätigung, die Arbeit, wird aber ein bestimmtes Quantum von menschlichem Muskel, Nerv, Hirn usw. verausgabt, das wieder ersetzt werden muß. Diese vermehrte Ausgabe bedingt eine vermehrte Einnahme.Wenn der Eigentümer der Arbeitskraft heute gearbeitet hat, muß er denselben Prozeß morgen unter denselben Bedingungen von Kraft und Gesundheit wiederholen können. Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat.
Karl Marx. MEW 23, Das Kapital. Karl Dietz Verlag Berlin 2001. S. 185

Wir halten also fest, dass es sich bei Steuern nicht um Beträge handelt, die der Wirtschaft entzogen werden. Es gibt nicht einen Geldkreislauf des Marktes und einen Geldkreislauf des Staates, sondern der eine Geldkreislauf bildet praktisch die Klammer die Markt und Staat zusammenhält.

Nun noch ein paar Worte zur Staatskasse. Der Staat packt die Milliarden ja nicht in cash in eine Schatulle und verstaut diese dann unter dem Stuhl des Finanzministers. Wo also befindet sich der Staatshaushalt bzw. die ihm zur Verfügung stehenden Mittel? Sie haben's erraten: sie liegen auf "der Bank". Und hier wird's wirklich lustig: denn hier ist auch der einzige Punkt, wo der ("Real"-) Wirtschaft Geld entzogen wird; oder anders: wo aus all dem Geld, das weder verkonsumiert wird, noch an den Staat abgeführt werden muss, noch sich lukrativ in der Realwirtschaft investieren lässt, die schillerndsten Blasen so lange aufgepumpt werden, bis sie platzen. In einer Zeit, in der Billionen Euro in Spekulationsblasen verpuffen, macht es gerade keinen Sinn, (Unternehmens-)Steuern zu senken, denn es würde dadurch kaum ein Cent mehr in reale Investitionen (und damit: reales Wachstum) gesteckt. Es macht aber auch keinen Sinn, Steuern dort zu erhöhen (Bzw. "Leistungen" zu senken), wo ohnehin kaum Geld abgezweigt und zurückgelegt werden kann. Ergo: Änderung des Steuersystems: Ja! - Steuersenkungen: Nein!

Wichtig ist an dieser Stelle: Der bei weitem grösste Teil aller Geldbeträge zirkuliert inzwischen nur noch "virtuell". Bargeld lacht? - Das war einmal. Der Staat kann - ich erwähnte es bereits - über bestimmte Beträge verfügen - und Sie übrigens auch. Aber weder der Staat noch Sie selbst besitzen diese Beträge auch tatsächlich. Die Beträge, die dem Zugriff irgendwelcher Geldinstitute (temporär) entzogen werden (können), dürften heutzutage völlig unerheblich sein. Wieviel von dem Geld, das sie verdienen, geht tatsächlich noch durch ihre Hände - und nicht bloß über ihr Konto? Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht? Falls nicht, sollten Sie das tun. Einer der Gründe - wenn nicht der Grund überhaupt - dafür, dass Banken als "systemrelevant" eingestuft werden und um jeden Preis "gerettet" werden (müssen), liegt in dem Umstand, dass Banken nicht etwa Geld nur ("in Verwahrung") haben, sondern praktisch längst das Geld selbst sind. Und eben diese Tatsache spricht für eine dringende Vergesellschaftung des Geldwesens - jedoch nicht für eine Verstaatlichung von Banken, denn die könnte in ganz anderer Weise böse Folgen haben, z.B. solche oder ähnliche, wie sie die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood sich bereits vor über 20 Jahren in ihrer Dystopie "A Handmaids Tale" ausgemalt hat:

Damals war das Papiergeld schon veraltet, man konnte nichts mehr damit kaufen. Wertloses Papier, das sich weich und fettig anfühlte, grün, mit Bildern auf beiden Seiten, einem alten Mann mit einer Perücke und auf der anderen Seite eine Pyramide mit einem Auge darüber. Und mit den Worten Auf Gott vertrauen wir. [...] Man mußte solche Papierfetzen mitnehmen, wenn man einkaufen ging, obwohl zu der Zeit, als ich neun oder zehn war, die meisten Leute schon Plastikkarten benutzten. Allerdings nicht für Lebensmittel, das kam später. Es wirkt so primitiv, geradezu totemistisch, wie Muschelgeld. Ich muß diese Art von Geld noch benutzt haben, eine Zeitlang, bevor alles von der Compubank eingezogen wurde.

Nur so, nehme ich an, konnten sie es überhaupt durchführen, ganz plötzlich, ohne das jemand vorher etwas davon wusste. Hätte es noch bares Geld gegeben, wäre es schwieriger gewesen.

Es war nach der Katastrophe, als der Präsident erschossen und der ganze Kongress mit Maschinengewehren niedergemäht wurde und die Armee den Notstand erklärte. Die Schuld wurde damals islamischen Fanatikern zugeschrieben.

Ruhe bewahren hieß es im Fernsehen. Alles ist unter Kontrolle.
[...]
Und dann wurde die Verfassung aufgehoben. Es hieß, das sei nur eine vorübergehende Maßnahme. Und es gab nicht einmal Aufstände. Die Leute blieben Abends zu Hause, sahen fern und suchten nach einer neuen Richtung. Es gab nicht einmal einen Feind, auf den man mit dem Finger zeigen konnte.
[...]
Die Zeitungen wurden zensiert, und einige mußten ihr Erscheinen einstellen, aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Die ersten Straßensperren waren plötzlich da, und die Identipässe wurden eingeführt. Alle hielten das für sinnvoll, da es offenkundig war, daß man gar nicht vorsichtig genug sein konnte.[...] Das worauf es jetzt ankomme, hieß es, sei so weiterzumachen wie gewöhnlich.
[...]
Tut mir leid, sagte er, diese Nummer ist nicht gültig. Das ist lächerlich, sagte ich, sie muß gültig sein, ich habe Tausende auf meinem Konto. Gerade vor zwei Tagen habe ich den Auszug bekommen. Versuchen Sie es noch einmal.
Sie ist ungültig, wiederholte er halsstarrig. Sehen Sie das rote Licht? Das bedeutet: ungültig.
[...]
Sie haben die Guthaben eingefroren, sagte sie. [...] Alle Konten mit einem W. anstelle von einem M. Sie brauchten nur ein paar Knöpfe zu drücken. Wir sind abgeschnitten.
Margaret Atwood. Der Report der Magd. Reclam Verlag. Leipzig 1990 (zuerst: 1985). S.191ff.



Zum weiterlesen empfohlen:

nebenbei bemerkt ... Zur Staatsverschuldung (30.08.2008)

nebenbei bemerkt ... Anmerkungen zur Wirtschafts- und Finanzkrise (28.12. 2008)



Weiterlesen...

Mittwoch, 5. August 2009

Zur Vollbeschäftigung

Wenn heute Demagogen wie Hitler oder Goebbels aufträten, dann würden sie ihren Völkern in einem Atem Rationalisierung und Vollbeschäftigung versprechen, nein, die Rationalisierung geradezu als Vorbedingung der Vollbeschäftigung propagieren. - Aber warum "würden"?

Und wenn ihre Völker so betrügbar wären, wie das deutsche Volk im Jahre 33 war, dann würden sie diesem Doppelversprechen zujubeln und sich jubelnd in den Abgrund stürzen. Aber noch einmal: Warum "würden"?
Günther Anders. Die Antiquiertheit des Menschen 2. Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck). München 1992 (1980). S. 91, Die Antiquiertheit der Arbeit, 1977.


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Dienstag, 4. August 2009

Sprachforschung im Wahlkampf: "Die Linke nutzt Schimpfvokabular"


Datiert vom 02.08. 2009 erschien in der taz ein Interview mit dem Sprachforscher Noah Bubenhofer, der "die Sprache der Grünen und der Linken untersucht" hat. Der Beitrag trug den Titel "Die Linke nutzt Schimpfvokabular", dass es auch um die Grünen geht erschließt sich erst bei der Lekture des Artikels. Wer angesichts dieser Schlagzeile Kampagnenjournalismus vermutetet liegt so falsch womöglich nicht. Dazu aber abschließend mehr. Zunächst eine Kostprobe:

Die Linke und insbesondere die Kommunistische Plattform als Teil der Linke verwenden viele negativ wertende Adjektive wie kalt, schlimm, falsch, bitter. Außerdem ist ein gewisses ideologisches Vokabular bei der Linken nach wie vor sehr ausgeprägt, was für die DDR ebenfalls typisch war. Wir haben auch untersucht, wie extremistisch Die Linke argumentiert und ob es sprachliche Parallelen zu Gruppierungen am rechten Rand gibt. Wir haben herausgefunden, dass die Kommunistische Plattform sprachliche Muster verwendet, die für extremistische Parteien generell üblich sind.

Was genau hat denn Die Linke rhetorisch mit der NPD gemein?

Man muss unterscheiden: Die Linke ist nicht so nah an rechtsextremer Rhetorik. Die Kommunistische Plattform dagegen spielt auch mit Emotionalität, sie treten sprachlich sehr rigoros für etwas ein. Beide setzen ein Mittel der Sprachthematisierung ein, sie schreiben "so genannte" oder setzen Begriffe in Anführungszeichen. Damit stellen beide, Rechte und Linke, sehr grundsätzliche Dinge in Fragen, Demokratie oder Freiheit zum Beispiel. Außerdem verwenden beide extrem wertende Adjektive. Je extremistischer eine Partei ist, desto stärker wertend und vor allem negativ wertend sind die Adjektive: sie sollen skandalisieren und dramatisieren.

Man beachte: in der Headline geht es um "Die Linke", leider scheint es aber so zu sein, dass die Analyse der Gesamtpartei nicht viel Aufregendes zu bieten hat, also verengt man den Untersuchungsgegenstand und kapriziert sich auf die "Kommunistische Plattform". So richtig "Böses" kann man der aber offenbar auch nicht anlasten, so dass nur die Flucht ins vage bleibt: "spielt auch mit Emotionalität, sie treten sprachlich sehr rigoros für etwas ein." Man beachte hier auch die vorbildliche Grammatik mit der eleganten Wende vom Singular in den Plural (sie spielt ... sie treten). Weiter: Offenbar ist es ein Zeichen von politischem Extremismus, wenn man nicht alles für bare Münze nimmt, was einem erzählt wird. Nur Extremisten betreiben "Sprachthematisierung" - pfui Teufel.

Dass es sich bei "Demokratie oder Freiheit zum Beispiel" keineswegs um "Dinge", sondern um Begriffe, die Verhältnisse bzw. Zustände kennzeichnen, handelt, ist Herrn Bubenhofer offenbar auch noch nicht in den Sinn gekommen. Natürlich kann man die Verhältnisse selbst in Frage stellen (also Demokratie und Freiheit als Zustand generell ablehnen), man kann aber eben auch danach fragen, ob die realen Verhältnisse überhaupt (noch) den Begriffen entsprechen, durch die sie (evtl. schon rein gewohnheitsmäßig) beschrieben werden. Aus einer Sammlung einzelner Wörter ist die jeweilige Position dessen, der sie "thematisiert", jedenfalls nicht zu entnehmen. Reine Spekulation also.

Es finden sich noch weitere Unterstellungen, die als Tatsachen gehandelt werden. So "muss Die Linke verdecken, dass sie aus unterschiedlichen Gruppierungen besteht". Das ist bei den Grünen natürlich ganz anders - bei SPD, CDU usw. sowieso - "Fundis"? "Realos"? linke/rechte Parteiflügel? Seeheimer? Hat es alles nie gegeben. Eine richtige Partei - das hat uns der Linguist soeben gelehrt- kommt aus einem Guss daher.

Ich habe mir dann noch die Mühe gemacht und die die Website des Dr. des. Bubenhofer zu besuchen. Dort wiederholt sich das Spiel; unter "Bundestagswahl '09: Eine Semantische Matrixanalyse" findet sich der Sub-Titel "Wie extremistisch ist die Linkspartei?" Auch hier erweist sich "Die Linke" im Ganzen als offenbar zu zahm, so dass der Untersuchungsgegenstand ebenfalls auf die Kommunistische Plattform verkürzt wird / werden muss um ueberhaupt ein "brauchbares" Resultat zu erhalten.

Kommunistischer Plattform und NPD ist also gemein, dass sie nicht nur Wörter und Begriffe aus aktuellen Politikfeldern zum Gegenstand sprachlich-semantischer Kritik machen, sondern und vor allem Wörter, die die Grundsätze der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland bezeichnen. Sie zeigen damit eine deutliche Distanz zur herrschenden Semantik der Gesellschaft, zu ihren Werten, ihrer Auffassung der Geschichte und zu ihrem politischen System.

Man beachte wie hier "wissenschaftlich" gearbeitet wird: man nimmt eine Teilmenge eines Objektes und vergleicht diese mit einem vollständigen anderen Objekt. Das ist etwa als würde man den Nährwert von zwei Äpfeln miteinander vergleichen, indem man vom Ersten die ganze Frucht untersucht, vom Zweiten aber nur das Kerngehäuse.

Und jetzt vergessen Sie bitte ganz schnell, was Sie hier gelesen haben und entfernen sie dieses blog ggf. umgehend aus Ihrem Newsreader oder Ihrer Favoritenliste. Der Verfasser dieses Artikels ist nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Extremist. Er werwendet (nicht nur in diesem Text) häufig "..." sowie "Adjektive, die auf vermeintliche Verblendungszusammenhänge verweisen", wie etwa angeblich, offenbar, offenkundig, offiziell, sogenannt, tatsächlich.

Diesen Adjektiven ist gemeinsam, dass sie das Potenzial haben, die Unwahrheit einer offiziell verbreiteten Meinung zu kennzeichnen oder die eigentliche Wahrheit zu markieren, die hinter einem von der herrschenden Meinung verbreiteten Verblendungszusammenhang verborgen ist. Dies ist insofern hier relevant, als die Konstruktion von Verschwörungstheorien ein typisches Merkmal des politischen Extremismus ist.
Quelle


P.S.: Flatter hat bereits ein paar Mal erwähnt, dass er nicht zu BILD verlinkt - ich bekomme langsam das Gefühl, dass man sich Links zu den arrivierten ("Qualitäts-")Medien erst recht schenken schenken sollte.

Nachtrag (04.08.2009, ca. 17:00h)
Leseempfehlung: "Ozeanien war schon immer unser Freund" (The Permanent Campain 04.08. 2009)

btw: heute gabs hier noch einen weiteren Eintrag.

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Von der Sowjetunion lernen ...

heißt siegen lernen!

Lektion 1:


Systemgefährdenden und umstürzlerischen Elementen in systemrelevanten Funktionen, die sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht einfach eliminieren oder wenigstens unter fadenscheinigen Beschuldigungen strafrechtlich belangen und in den Knast abschieben lassen, ist schnellstmöglich ihre geistige Unzurechnungsfähigkeit und dadurch bedingte lebenslange Dienstunfähigkeit amtsärztlich zu attestieren. Von der anschließenden Einlieferung in eine geschlossene Anstalt kann (vorerst noch) abgesehen werden.

Für Betrüger muss es unangenehm gewesen sein, wenn Steuerfahnder Rudolf Schmenger vor der Tür stand. Schmenger ließ sich nicht beirren - auch nicht als er 1996 die mächtige Commerzbank wegen Tausender Fälle von Steuerhinterziehung durchsuchen sollte. Das "Einmarschieren" der Fahnder finde man höchst unangebracht, teilte damals der Vorstand der Bank mit.
[...]
ab dem Jahr 2001 dreht sich für Schmenger und seine Kollegen der Wind. Zwischenzeitlich ist die CDU-FDP-Regierung ins Amt gekommen. Trotz anhaltend hervorragender Arbeit dürfen die Fahnder größere Steuerhinterziehungs-Fälle plötzlich nicht mehr verfolgen. Als sie protestieren, werden sie versetzt, mit Disziplinarmaßnahmen überzogen, zum Psychiater geschickt und schließlich mit Mitte Vierzig zwangspensioniert.
[...]
Schmenger sei paranoid, schreibt der Arzt ins Gutachten, er sei arbeitsunfähig, das gelte lebenslang. Heute ist Schmenger Steuerberater. Vermögende Bürger suchen seinen Rat. Ein Universitätsarzt hat ihm bescheinigt, dass er psychisch kerngesund ist.
Quelle: Frankfurter Rundschau


Hier noch das Vorbild und weitere Nachahmer.

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Sonntag, 2. August 2009

Auf den Hund gekommen ...

... ist nicht nur Feynsinn, sondern offenbar auch der hier (ausnahmsweise) folgende "Katzencontent":



Und wo wir schon mal dabei sind - ich hab'n Kater.



;-)


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