Bedingungsloses Grundeinkommen
Zur überarbeiteten Fassung vom 27.01.2009 (Klick!)
Wenn ich schon nicht oft schreibe, dann wenigstens lang, dafuer aber (im Folgenden) ausnahmsweise mit deutschen Umlauten. ;-)
Lohn und Einkommen
Ich wills mal mit Marx einleiten: Damit Menschen (überhaupt) als Menschen leben können, müssen sie ihre Lebensmittel selbst produzieren. Nur um zu überleben, muss aber gerade heute nicht mehr (im Sinne von Produktion) unbedingt von jedermann gearbeitet werden. Man kann auch arbeitslos ganz gut durchs Leben kommen und es z.B. durch Raub, Betrug oder Übervorteilung sichern. Vor allem aber muss man dann nicht von seiner eigenen Produktivität leben, wenn man Mittel und Wege findet, sich der Arbeitskraft anderer zu bemächtigen.
Es gilt also zunächst einmal mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass ein jeder von seiner (physisch) eigenen Arbeit leben würde oder müsste. Alle leben von Arbeit - das ist klar - aber damit ist eben noch nicht gesagt, dass alle von ihrer je eigenen Arbeit leben und auch nicht, dass jeder, der arbeitet, auch in den vollen Genuss der Früchte seiner Arbeit käme. Trotzdem wird an dem Paradigma, dass im wesentlichen jeder auch den Lohn erhalte, den er verdiene, eisern festgehalten. Was aber versteht man überhaupt unter "angemessenem Lohn"? Wonach wird dieser Lohn berechnet - nach der aufzuwendenden, geleisteten Arbeit oder nach anderen Kriterien? Gibt es hier überhaupt objektive Kriterien? Ist es nicht sogar so, dass der gezahlte Lohn immer nach einem Minimalprinzip zugestanden wird, d.h. dass er auf die tatsächlich geleistete Arbeit gar keine Rücksicht nimmt, sondern nur darauf abzielt, möglichst viel Arbeit für einen möglichst niedrigen Preis einzukaufen?
Ein häufig gegen das bedingungslose Grundeinkommen vorgebrachter Einwand lautet etwa: "Kaum jemand würde noch niedere, wenig attraktive Arbeiten verrichten, wenn er auch ohne sie ein Einkommen hat". Ein Beweis für diese These kann freilich nicht erbracht werden, denn dazu mangelt es schlicht an empirischen Beispielen. Allerdings kann man eines sicher annehmen: niemand würde irgendeine unattraktive Tätigkeit dann noch zu einem (zu) niedrigen Preis ausüben wollen - und das zu Recht. Es geht freilich ohnehin kaum wirklich darum, ob Menschen (überhaupt) arbeiten oder produktiv sind oder nicht, sondern um die "Gefahr", dass sich womöglich nur noch sehr wenige bereit finden könnten, für andere (genauer: für deren - höhere - Einkommen) zu arbeiten - respektive ihre Arbeitskraft an den nächstbesten "Arbeitgeber" zu Niedrigstlöhnen zu verschleudern. Nicht ohne Grund wird ja nicht jede produktive menschliche Tätigkeit auch als "Arbeit" gewertet. Tätigkeiten aus denen Dritte keine unmittelbaren Gewinne "erwirtschaften" können, fallen seit je aus der Statistik (Haushalt, Kindererziehung usw.).
Einkommen können mithin nur gesellschaftlich generiert werden. Aus rein privater Tätigkeit kann vielleicht Subsistenz gesichert, niemals aber ein Einkommen erworben werden. Um ein "privates" Einkommen erzielen zu können, muss ein Teil der je privaten Tätigkeit sich in gesellschaftliche Tätigkeit wandeln, es muss zum Austausch von Produkten kommen, wozu sich die Produkte (nach Marx) in Waren zu wandeln haben und es muss, um das Tauschverfahren auf Permanenz zu stellen, einen Repräsentanten für gerade nicht vorhandene/benötigte/verfügbare Produkte geben: Geld. Geld ist eigentlich nichts anderes als ein allgemein einlösbares Versprechen, ein Produkt oder eine Leistung im Austausch für eine bereits erbrachte (vorgeschossene) Leistung zu erhalten (bei Marx: W-G-W). Den Anspruch hat, wer das Geld besitzt und zwar ganz unabhängig davon, wer etwa die jeweilige vorgeschossene Leistung tatsächlich erbracht hat. Dass es beim Tauschen allerdings keineswegs (immer) mit rechten Dingen zugeht, darauf verweist schon die Herkunft des Wortes:
Tausch und Täuschung
Nach wie vor, wird im "Tausch" vornehmlich ein asymmetrisches Wechselverhältnis ausgedrückt. Im Tausch wechseln verschiedene Objekte ihren Platz (In einer Gesellschaft von Eigentümern abstrakt: ihren Eigentümer) und werden dabei ungeachtet ihrer eigentlichen (unmittelbaren) Unvergleichbarkeit als äquivalent betrachtet. Wirkliche Äquivalenz gibt es ohnehin nur auf quantitativ abstrakter Ebene: Ein Kilo Blei ist einem Kilo Brot äquivalent, insofern als beide das gleiche Gewicht einer unabhaengig von ihnen und ihrer verschiedenen Beschaffenheit definierten Grösse namens Kilogramm aufweisen. Damit ist die Äquivalenz aber auch schon erschöpft. Hier kommt nun die Metaphysik im Gewande der Rationalität ins Spiel: wir tauschen nicht (was ihre materielle Beschaffenheit angeht) äquivalente Waren, sondern äquivalente "Werte". Ein empirischer Wert (eine Größe oder Menge) drückt sich im Ergebnis einer Messung (i.e. des Vergleichs eines Aspektes einer Sache mit einer festgesetzten Skala, die unabhängig der mit ihr zu messenden Gegenstände definiert wird) aus. Man misst z. B. die räumliche Ausdehnung eines Gegenstands, indem man ihn mit der Länge eines Maßstabs vergleicht. Ein solcher Maßstab kann eine Elle sein, ein Zoll ein Meter usw. Es muss aber Einigkeit über die zu verwendende Maßeinheit herrschen und sie muss angegeben sein: "Dieses Brett ist ein (Meter) lang." - "Unsinn es misst zwei (Ellen)." - So geht das eben nicht. Um einen physischen (empirischen) Wert zu ermitteln, muss er also messbar sein und es muss einen eindeutig definierten Maßstab geben und: dieser Maßstab muss selbst die zu messende Eigenschaft aufweisen, d.h.: er muss eine Länge besitzen, wenn man eine Strecke messen will, ein Gewicht, wenn man etwas wiegen will usw. In Hinsicht auf den Zweck ist der jeweilige Maßstab eigentlich ganz und gar als nur diese eine Eigenschaft zu betrachten (wie z.B. das handgreifliche "Gewicht", das bei einer Balkenwaage Verwendung findet). Mit diesen Maßen allein lässt sich freilich schwer Handel treiben - welcher Bäcker z.B. möchte schon für sein Kilo Brot ein Kilo Wackersteine erhalten? Und welchen "objektiven" Maßstab könnte man an menschliche Lebenszeit anlegen? Man vergleicht (misst) Strecken mit Strecken, Gewicht mit Gewichten - aber kann man (Lebens-arbeits-)Zeit "exakt" mit Geld messen?
Man arbeitet nicht allein "für sich".
In einer halbwegs entwickelten, komplexen, arbeitsteiligen Gesellschaft ist es natürlich ganz fraglos so, dass praktisch jeder für andere arbeitet und zwar konkret für alle anderen, so wie letztlich alle anderen für ihn arbeiten, denn es ist praktisch unmöglich geworden, dass alle einzelnen sich komplett aus ihren je individuellen Tätigkeiten unmittelbar reproduzieren. Der Fehler im System ist aber dieser: dass eine Minderheit von Menschen den Überschuss, der von der Gesamtheit der Arbeitenden erzeugt wird, exklusiv abzuschöpfen in der Lage ist und infolgedessen überdies der Mehrheit die Bedingungen, zu denen sie zu arbeiten hat, diktieren kann. Damit das überhaupt möglich ist, bedarf es einer Grundbedingung in Form der Möglichkeit, die je verausgabte Arbeitskraft durch einen Bruchteil dieser Verausgabung wiederherzustellen. Der zweite Schritt ist dann: dem Arbeitenden jeweils nur soviel auszuhändigen, wie er zu seiner eigenen Reproduktion unbedingt benötigt und den Rest abzuzweigen und einzubehalten. Hier ist anzumerken, dass zur Reproduktion mehr gehört, als nur ausreichende Ernährung, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf; auch die je eigene Position im Sozialgefüge will ständig reproduziert sein. Es ist also wichtig festzustellen, dass das je notwendige Existenzminimum nicht etwa auf "natürlicher" Basis festgelegt werden kann, sondern sich immer aus den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen ergibt, es also keineswegs als hinreichend angesehen werden darf, dass "bei uns niemand verhungern muss".
Um dieses System ungleicher und letztlich unverhältnismäßiger Verteilung in Gang zu halten, darf die Mehrheit niemals so gut entlohnt werden, dass etwa jedermann von weiterer unzureichend vergüteter Tätigkeit einmal Abstand nehmen könnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, wenn schon nicht das nackte Leben zu riskieren, so doch wenigstens seinen sozialen Status einzubüssen. Kurz und gut: es geht um die Produktion und die Möglichkeit der exklusiven Aneignung von Mehrwert. Würde dieser Mehrwert an diejenigen, die ihn erzeugen, ausgeschüttet, wären sie der Notwendigkeit im gewohnten Umfang arbeiten zu müssen ledig - und damit: frei - auch frei dazu, ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben und weiter: ihre sozialen Bedürfnisse menschlich und nicht marktförmig zu gestalten, ihre Tätigkeiten an ihren eigenen Interessen auszurichten und nicht an von Dritten oktroyierten Zwängen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist letztlich nur die Forderung, diesen Mehrwert auszuschütten, respektive ihn anders und fairer zu verteilen, statt ihn denjenigen die ihn schaffen zu entziehen und exklusiv zu akkumulieren. Der Stand der Produktivkräfte erlaubt schon seit geraumer Zeit, mit einem Minimum an menschlicher Arbeit eine extreme Mehrwertrate zu erzeugen. Das heißt: es wird soviel Überschuss erzeugt, dass man es sich buchstäblich nicht mehr leisten kann, alle verfügbare menschliche Arbeitskraft zu mobilisieren, denn:
Wenn ich schon nicht oft schreibe, dann wenigstens lang, dafuer aber (im Folgenden) ausnahmsweise mit deutschen Umlauten. ;-)
Lohn und Einkommen
Ich wills mal mit Marx einleiten: Damit Menschen (überhaupt) als Menschen leben können, müssen sie ihre Lebensmittel selbst produzieren. Nur um zu überleben, muss aber gerade heute nicht mehr (im Sinne von Produktion) unbedingt von jedermann gearbeitet werden. Man kann auch arbeitslos ganz gut durchs Leben kommen und es z.B. durch Raub, Betrug oder Übervorteilung sichern. Vor allem aber muss man dann nicht von seiner eigenen Produktivität leben, wenn man Mittel und Wege findet, sich der Arbeitskraft anderer zu bemächtigen.
Es gilt also zunächst einmal mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass ein jeder von seiner (physisch) eigenen Arbeit leben würde oder müsste. Alle leben von Arbeit - das ist klar - aber damit ist eben noch nicht gesagt, dass alle von ihrer je eigenen Arbeit leben und auch nicht, dass jeder, der arbeitet, auch in den vollen Genuss der Früchte seiner Arbeit käme. Trotzdem wird an dem Paradigma, dass im wesentlichen jeder auch den Lohn erhalte, den er verdiene, eisern festgehalten. Was aber versteht man überhaupt unter "angemessenem Lohn"? Wonach wird dieser Lohn berechnet - nach der aufzuwendenden, geleisteten Arbeit oder nach anderen Kriterien? Gibt es hier überhaupt objektive Kriterien? Ist es nicht sogar so, dass der gezahlte Lohn immer nach einem Minimalprinzip zugestanden wird, d.h. dass er auf die tatsächlich geleistete Arbeit gar keine Rücksicht nimmt, sondern nur darauf abzielt, möglichst viel Arbeit für einen möglichst niedrigen Preis einzukaufen?
Ein häufig gegen das bedingungslose Grundeinkommen vorgebrachter Einwand lautet etwa: "Kaum jemand würde noch niedere, wenig attraktive Arbeiten verrichten, wenn er auch ohne sie ein Einkommen hat". Ein Beweis für diese These kann freilich nicht erbracht werden, denn dazu mangelt es schlicht an empirischen Beispielen. Allerdings kann man eines sicher annehmen: niemand würde irgendeine unattraktive Tätigkeit dann noch zu einem (zu) niedrigen Preis ausüben wollen - und das zu Recht. Es geht freilich ohnehin kaum wirklich darum, ob Menschen (überhaupt) arbeiten oder produktiv sind oder nicht, sondern um die "Gefahr", dass sich womöglich nur noch sehr wenige bereit finden könnten, für andere (genauer: für deren - höhere - Einkommen) zu arbeiten - respektive ihre Arbeitskraft an den nächstbesten "Arbeitgeber" zu Niedrigstlöhnen zu verschleudern. Nicht ohne Grund wird ja nicht jede produktive menschliche Tätigkeit auch als "Arbeit" gewertet. Tätigkeiten aus denen Dritte keine unmittelbaren Gewinne "erwirtschaften" können, fallen seit je aus der Statistik (Haushalt, Kindererziehung usw.).
Einkommen können mithin nur gesellschaftlich generiert werden. Aus rein privater Tätigkeit kann vielleicht Subsistenz gesichert, niemals aber ein Einkommen erworben werden. Um ein "privates" Einkommen erzielen zu können, muss ein Teil der je privaten Tätigkeit sich in gesellschaftliche Tätigkeit wandeln, es muss zum Austausch von Produkten kommen, wozu sich die Produkte (nach Marx) in Waren zu wandeln haben und es muss, um das Tauschverfahren auf Permanenz zu stellen, einen Repräsentanten für gerade nicht vorhandene/benötigte/verfügbare Produkte geben: Geld. Geld ist eigentlich nichts anderes als ein allgemein einlösbares Versprechen, ein Produkt oder eine Leistung im Austausch für eine bereits erbrachte (vorgeschossene) Leistung zu erhalten (bei Marx: W-G-W). Den Anspruch hat, wer das Geld besitzt und zwar ganz unabhängig davon, wer etwa die jeweilige vorgeschossene Leistung tatsächlich erbracht hat. Dass es beim Tauschen allerdings keineswegs (immer) mit rechten Dingen zugeht, darauf verweist schon die Herkunft des Wortes:
tauschen: Die nhd. Form tauschen geht zurück auf mhd. tüschen "unwahr reden, lügnerisch versichern, anführen", eine Nebenform von gleichbed. mhd. tiuschen (vgl. Täuschen). Die heute allein übliche Bed. "Waren oder dgl. auswechseln, gegen etwas anderes geben", in der das Verb zuerst im 15. Jh. bezeugt ist, hat sich demnach aus "unwahr reden, in betrügerischer Absicht aufschwatzen" entwickelt. Aus dem Verb zurückentwickelt ist das Substantiv Tausch m (16. Jh.) Beachte dazu die Zus. Tauschhandel (18. Jh.) und die Präfixbildung vertauschen "irrtümlich oder unabsichtlich auswechseln" (mhd. vertüschen "umtauschen; in der heutigen Bed. um 1700).Ziemlich passend dazu, lesen wir über die Phase von 1492 bis 1700:
Duden Etymologie. Bibliographisches Institut. Mannheim 1963. S. 703
Das Bürgertum in den Städten gewinnt durch Gewerbefleiß und Handel an Reichtum, Macht und Bildung. Frühkapitalismus in Deutschland: Bergbau und Großhandel (die Geschlechter der Fugger und Welser in Augsburg).Was sich aus solchen Zitaten freilich nicht erhellt, ist: in welchem Umfang je der Fleiß (und: wessen Fleiß) und der Handel am wachsenden Reichtum des Bürgertums ihren Anteil hatten - auch wird nicht unterschieden zwischen händlerischer Umtriebigkeit und "fleißiger" (wenngleich für manchen wohl vergeblicher) produktiver Tätigkeit im engeren Sinne. Auch ein Roßtäuscher kann seinem Gewerbe immerhin mit großem "Fleiß" nachgehen. Der Sieger schreibt die Geschichte, verweist auf den Erfolg (als solchen) und schreibt (ihn) sich gut. Und wie sollte die bürgerliche Geschichtsschreibung etwas anderes sein können, als die Geschichte von Krämern: was am Ende zählt, ist allein der Saldo.
Dr. Karl Ploetz. Auszug aus der Geschichte. A.G. Ploetz Verlag, Würzburg 1960. S.723
Tausch und Täuschung
Nach wie vor, wird im "Tausch" vornehmlich ein asymmetrisches Wechselverhältnis ausgedrückt. Im Tausch wechseln verschiedene Objekte ihren Platz (In einer Gesellschaft von Eigentümern abstrakt: ihren Eigentümer) und werden dabei ungeachtet ihrer eigentlichen (unmittelbaren) Unvergleichbarkeit als äquivalent betrachtet. Wirkliche Äquivalenz gibt es ohnehin nur auf quantitativ abstrakter Ebene: Ein Kilo Blei ist einem Kilo Brot äquivalent, insofern als beide das gleiche Gewicht einer unabhaengig von ihnen und ihrer verschiedenen Beschaffenheit definierten Grösse namens Kilogramm aufweisen. Damit ist die Äquivalenz aber auch schon erschöpft. Hier kommt nun die Metaphysik im Gewande der Rationalität ins Spiel: wir tauschen nicht (was ihre materielle Beschaffenheit angeht) äquivalente Waren, sondern äquivalente "Werte". Ein empirischer Wert (eine Größe oder Menge) drückt sich im Ergebnis einer Messung (i.e. des Vergleichs eines Aspektes einer Sache mit einer festgesetzten Skala, die unabhängig der mit ihr zu messenden Gegenstände definiert wird) aus. Man misst z. B. die räumliche Ausdehnung eines Gegenstands, indem man ihn mit der Länge eines Maßstabs vergleicht. Ein solcher Maßstab kann eine Elle sein, ein Zoll ein Meter usw. Es muss aber Einigkeit über die zu verwendende Maßeinheit herrschen und sie muss angegeben sein: "Dieses Brett ist ein (Meter) lang." - "Unsinn es misst zwei (Ellen)." - So geht das eben nicht. Um einen physischen (empirischen) Wert zu ermitteln, muss er also messbar sein und es muss einen eindeutig definierten Maßstab geben und: dieser Maßstab muss selbst die zu messende Eigenschaft aufweisen, d.h.: er muss eine Länge besitzen, wenn man eine Strecke messen will, ein Gewicht, wenn man etwas wiegen will usw. In Hinsicht auf den Zweck ist der jeweilige Maßstab eigentlich ganz und gar als nur diese eine Eigenschaft zu betrachten (wie z.B. das handgreifliche "Gewicht", das bei einer Balkenwaage Verwendung findet). Mit diesen Maßen allein lässt sich freilich schwer Handel treiben - welcher Bäcker z.B. möchte schon für sein Kilo Brot ein Kilo Wackersteine erhalten? Und welchen "objektiven" Maßstab könnte man an menschliche Lebenszeit anlegen? Man vergleicht (misst) Strecken mit Strecken, Gewicht mit Gewichten - aber kann man (Lebens-arbeits-)Zeit "exakt" mit Geld messen?
Man arbeitet nicht allein "für sich".
In einer halbwegs entwickelten, komplexen, arbeitsteiligen Gesellschaft ist es natürlich ganz fraglos so, dass praktisch jeder für andere arbeitet und zwar konkret für alle anderen, so wie letztlich alle anderen für ihn arbeiten, denn es ist praktisch unmöglich geworden, dass alle einzelnen sich komplett aus ihren je individuellen Tätigkeiten unmittelbar reproduzieren. Der Fehler im System ist aber dieser: dass eine Minderheit von Menschen den Überschuss, der von der Gesamtheit der Arbeitenden erzeugt wird, exklusiv abzuschöpfen in der Lage ist und infolgedessen überdies der Mehrheit die Bedingungen, zu denen sie zu arbeiten hat, diktieren kann. Damit das überhaupt möglich ist, bedarf es einer Grundbedingung in Form der Möglichkeit, die je verausgabte Arbeitskraft durch einen Bruchteil dieser Verausgabung wiederherzustellen. Der zweite Schritt ist dann: dem Arbeitenden jeweils nur soviel auszuhändigen, wie er zu seiner eigenen Reproduktion unbedingt benötigt und den Rest abzuzweigen und einzubehalten. Hier ist anzumerken, dass zur Reproduktion mehr gehört, als nur ausreichende Ernährung, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf; auch die je eigene Position im Sozialgefüge will ständig reproduziert sein. Es ist also wichtig festzustellen, dass das je notwendige Existenzminimum nicht etwa auf "natürlicher" Basis festgelegt werden kann, sondern sich immer aus den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen ergibt, es also keineswegs als hinreichend angesehen werden darf, dass "bei uns niemand verhungern muss".
Um dieses System ungleicher und letztlich unverhältnismäßiger Verteilung in Gang zu halten, darf die Mehrheit niemals so gut entlohnt werden, dass etwa jedermann von weiterer unzureichend vergüteter Tätigkeit einmal Abstand nehmen könnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, wenn schon nicht das nackte Leben zu riskieren, so doch wenigstens seinen sozialen Status einzubüssen. Kurz und gut: es geht um die Produktion und die Möglichkeit der exklusiven Aneignung von Mehrwert. Würde dieser Mehrwert an diejenigen, die ihn erzeugen, ausgeschüttet, wären sie der Notwendigkeit im gewohnten Umfang arbeiten zu müssen ledig - und damit: frei - auch frei dazu, ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben und weiter: ihre sozialen Bedürfnisse menschlich und nicht marktförmig zu gestalten, ihre Tätigkeiten an ihren eigenen Interessen auszurichten und nicht an von Dritten oktroyierten Zwängen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist letztlich nur die Forderung, diesen Mehrwert auszuschütten, respektive ihn anders und fairer zu verteilen, statt ihn denjenigen die ihn schaffen zu entziehen und exklusiv zu akkumulieren. Der Stand der Produktivkräfte erlaubt schon seit geraumer Zeit, mit einem Minimum an menschlicher Arbeit eine extreme Mehrwertrate zu erzeugen. Das heißt: es wird soviel Überschuss erzeugt, dass man es sich buchstäblich nicht mehr leisten kann, alle verfügbare menschliche Arbeitskraft zu mobilisieren, denn:
- setzt man auf "Vollbeschäftigung" und steigert die Produktion entsprechend, dann fallen, durch das Überangebot bedingt, die Preise für die erzeugten Güter und die Mehrwertrate sinkt.
- verteilt man die Arbeit um, so dass alle arbeiten können, aber eben weniger (oder weniger produktiv) arbeiten müssten, dann steigert man die Produktionskosten und die Mehrwertrate sinkt ebenfalls.
Nun gibt es noch eine ganze Reihe von wünschenswerten Tätigkeiten, aus denen aber kein (oder: noch kein) Mehrwert generiert werden kann. Man denke z.B. an Erziehung, Bildung etc. Im Prinzip alles das, was entweder aus dem Anteil des Mehrwerts finanziert werden muss, der in Form von Steuern dem Staat zufließt oder aber in die verbliebenen Reste einer "rein" sozialen Sphäre fällt und innerhalb von Familien oder anderen (Lebens-) Gemeinschaften ohne monetäre Vergütung erledigt wird. Dieser Teil wird aber nach allen Regeln der Kunst so klein als möglich gehalten (Stichwort: Unternehmenssteuerreform). In den vergangenen 50 Jahren ist der Anteil derjenigen Steuern die aus abhängiger Arbeit abgeführt wurden, gegenüber dem Teil der aus Einkünften aus Vermögen stammt, ständig gestiegen und das bei abnehmender Beschäftigungsrate und bei steigenden Einkünften aus Vermögen. D.h. eine privilegierte Minderheit erzielt immer größere Einkommen, ohne dass sie dafür noch (selbst) arbeiten müsste. Und bei der zur Arbeit "verurteilten" Mehrheit häuft sich zunehmend die Zahl derer, denen man abverlangt "für sich selbst zu sorgen", ohne dass sie dazu überhaupt eine reelle Chance hätten. Solange sich an dieser Situation nichts ändert, bleibt so oder so kein anderer Weg als die "Überflüssigen" auf diese oder jene Weise zu alimentieren. Die gängige Strategie kennen wir ja, man gibt ihnen ein schmales Almosen (Hartz IV) und ein ordentliches Pfund Schuldgefühl indem man ihnen weiter einhämmert, dass wer nicht arbeitet, (eigentlich) auch nicht essen soll.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist kein "Lohn", sondern ein Recht.
Es heißt "Bedingungsloses Grundeinkommen" und nicht etwa "Bedingungsloser Grundlohn" und das impliziert, dass es sich bei dieser (noch hypothetischen) Einrichtung eben nicht um eine Leistungsvergütung ohne (Gegen-) Leistung handelt, und man sollte es deshalb vielleicht auch nicht als eine Art "Lohnersatz" diskutieren, sondern als ein Recht. Dazu gleich mehr. Zunächst noch ein Hinweis zu Einkommen im allgemeinen: Ich habe weiter oben bereits angedeutet, dass mitnichten alle Einkünfte aus eigener Arbeit stammen, sondern dass es auch einen gewissen (wachsenden) Teil an Einkünften aus Vermögen gibt, der als etwas ganz selbstverständliches angesehen wird. Kaum jemand würde (zumindest gegenwärtig) auf die Idee kommen, solche Einkünfte abschaffen zu wollen, da sie die von solchen Einkünften Begünstigten ja vielleicht vom arbeiten abhalten könnten.Und obgleich diese Einkommen zum Teil sehr beträchtlich sind, machen sie meist nur einen Teil der gesamten Einkünfte einer Person aus - es gibt also hinreichend Beispiele, dafür, dass Leute dauerhaft irgendeiner Arbeit (oder was man so dafür hält) nachgehen, ohne dass sie durch ihre wirtschaftliche Lage dazu gezwungen wären. Der Hinweis, dass auch noch andere (und vielleicht sogar: schwerwiegendere) Gründe als nur monetäre gibt, einer Erwerbs-Arbeit nachzugehen, scheint also berechtigt. Zum anderen wirft dieser Umstand die Frage auf, warum man z.B. aus einem "privat" ererbten Aktienpaket, also einen privaten Anteil am Produktivvermögen, arbeitslose Einkünfte erwerben, darf, nicht aber aus einem "Erbteil" am gesellschaftlich erwirtschafteten, folglich eigentlich gemeinsamen Vermögen?
"Wer erbt, arbeitet nicht ..."
Das BGE ist also keine Lohnersatzleistung, macht dedizierte Lohnersatzleistungen aber weitgehend überflüssig (man könnte immer noch über Versicherungen gedeckte zusätzliche Leistungen anbieten) - es würde praktisch alle nicht versicherungsfinanzierten Sozialleistungen einheitlich abdecken bzw. überflüssig machen. So z.B. Kindergeld, BaFöG, Sozialhilfe (heute Sozialgeld), das sog. ALG II, usw., aber auch etliche heute noch versicherungsfinanzierte Leistungen wie z.B. Arbeitslosengeld I würden entbehrlich. Damit entfiele zugleich mit einem Schlag der ganze derzeit mit diesen Leistungen noch verbundene bürokratische Aufwand. Das würde freilich, wie anzunehmen ist, zumindest zunächst die "Arbeitslosenquote" weiter in die Höhe treiben, denn es würden ja jede Menge "Arbeiten" überflüssig, vor allem solche, die überhaupt erst infolge der gegenwärtig geltenden repressiven Regelungen "geschaffen" wurden; angefangen beim bürokratischen Ueberbau bis hin zu den zahllosen, oft ziemlich fragwürdigen "Bildungsträgern", deren Hauptaufgabe eben nicht die Bildung der gerade Erwerbslosen ist, sondern hauptsächlich darin besteht, die Arbeitslosenstatistiken aufzuhübschen. Damit wäre aber auch - jedenfalls ist davon auszugehen - eine zusätzliche Nachfrage nach Tätigkeiten in anderen Sektoren des Arbeitsmarktes entstehen.
Selbst für den Bereich der niedrig entlohnten Tätigkeiten wäre ein solches Grundeinkommen m.E. keineswegs hemmend - im Gegenteil: es gab schon immer, und es gibt sie nach wie vor, Tätigkeiten, die so niedrig vergütet werden, dass ein Anspruch der sie Ausübenden auf sog. "ergänzende Sozialleistungen" besteht. Mit anderen Worten: es gab und gibt längst Menschen, die irgendeinen Scheißjob für einen Hungerlohn machen, obwohl sie auch ohne zu arbeiten das gleiche Einkommen erzielen könnten. Hier würde sich folglich gar nichts ändern, außer dass der bürokratische Overhead wegfiele und die in entsprechenden Bereichen Tätigen über ein insgesamt wenigstens halbwegs anständiges Einkommen verfügen könnten. Weiters ist ein solches Grundeinkommen ohnedies niedrig genug, als dass sich davon nennenswerte Beträge ansparen ließen, d.h. diese Gelder müssten praktisch in vollem Umfang ständig wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen und wer nach mehr als einem nur auskömmlichen Dasein verlangt, der wird dieses über ein zusätzliches Erwerbseinkommen erarbeiten müssen. Es ist also kaum anzunehmen, dass sich eine wirklich nennenswerte Zahl von Menschen mit einem Einkommen in der Höhe dieses Grundeinkommens (je nach Konzept zwischen 600 - 1500 Euro monatlich) zufrieden geben würde. Immerhin: es setzte einen jeden in den Stand jederzeit "Nein!" sagen zu können, ohne dass er dabei irgendwelchen Repressionen zu fürchten hätte. Es geht nicht um Spaß und Freude an dieser oder jener Arbeit, sondern um eben diese Möglichkeit "Nein!" sagen zu können. Es geht um ein Stück Freiheit.
Was sich mithin entscheidend ändern würde, wäre die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gerade derjenigen, für die die Wirtschaft zeitweilig oder dauerhaft keine Verwendung hat. Es wäre z.B. jedermann möglich auf Teilnahme am Arbeitsleben vorübergehend zu verzichten und stattdessen ein Studium zu beginnen oder sich sonstwie zu bilden oder zu qualifizieren; man könnte sich aber auch frei dafür entscheiden, irgendwelche Arbeiten auszuführen, die sonst nicht zu finanzieren wären (z.B. im sozialen Bereich) usw. Niedrig dotierte Jobs würden wie oben gezeigt vermulich keineswegs an "Attraktivität" verlieren - im Gegenteil: selbst ein gleichbleibend niedriges Salär in Verbindung mit dem BGE, würde ja bereits eine deutliche Anhebung des jeweiligen Einkommens bewirken.
Was mich immer schon stutzig macht, ist: dass der massivste Widerstand gegen das BGE oft von Leuten kommt, die es selbst eigentlich gar nicht nötig hätten gegen Entgelt zu arbeiten, da sie auch von den Erträgen ihrer Vermögen sehr gut leben könnten, von Menschen also, die im Grunde selbst geradezu der performative Widerspruch zur von ihnen vertretenen These, dass die Leute nur arbeiten würden, wenn wirtschaftliche Not sie hinreichend zwingt, sind. Offenbar hält man hier die eigene Gier - obgleich man sie andererseits gern als eine allgemeine menschliche Eigenschaft unterstellt (Tenor: "nicht nur Zumwinkel hinterzieht Steuern und bescheißt den Staat, auch "kleine Leute" haben reichlich Dreck am Stecken!" usw.) - insgeheim doch eher für eine Ausnahmeerscheinung oder - als eine Art "Nachbeben" der "protestantischen Ethik" (Max Weber) - für ein seltenes Zeichen göttlicher Gnade.
So weit so gut. Man sollte das BGE also nicht als eine Lohnersatzleistung auffassen, sondern als ein Recht. Als ein neuformuliertes Eigentumsrecht als ein Recht auf ein Einkommen aus etwas, wie es z.B. MacPherson bereits vor dreißig Jahren einleuchtend formuliert hat:
Die herrschende Ideologie beruht auf Grundannahmen, wie der, dass das Leben nicht gratis sein dürfe, sondern etwas kosten müsse. Was kostet denn das Leben? Das Leben "kostet" sich selbst. (das Wort "kostet" darf, nein: soll hier ruhig im doppelten Sinne verstanden werden). Arbeit vergüten, heißt unter gegenwärtigen Bedingungen: Leben in Geld zu verwandeln, das wiederum in Leben verwandelt wird. Der "Wert" der Arbeit kann also schlecht am Produkt gemessen werden, das durch sie geschaffen wird, denn weder ist jede Tätigkeit, die monetär abgegolten wird, auch eine produktive Tätigkeit, noch wird jede Form produktiver Tätigkeit entgeltlich vergütet. Es ist allerdings so, dass jede Arbeit, die monetär entlohnt wird (gleich ob sie der Sache nach produktiver oder destruktiver Natur ist), letztendlich einen reproduktiven Charakter hat, indem sie dem Arbeitenden seine eigene Reproduktion ermöglicht. Der eigentliche Zweck einer jeden Arbeit ist m.E. jedoch der Erhalt des je eigenen Lebens über ein Leben in Arbeit hinaus. D.h.: die (Erwerbs-) Arbeit ist da, um ihrer weitestgehend ledig zu werden. Wäre das anders, dann hätte wohl nie jemand für die Einführung der 5-Tage/40-Stunden-Woche votiert. Mit anderen Worten: die wirklich freie Tätigkeit des Menschen (und damit sein eigentliches Leben) beginnt stets erst jenseits der zum Leben notwendigen Tätigkeit oder, wie es Ernst Bloch formulierte: "Als letzthin freies wurde stets ein Leben jenseits der Arbeit gemeint."
Man kann sich unter gegebenen Bedingungen aber praktisch keine Freiheit "erarbeiten". Es mag sein, dass sich einzelne aus ihrer Unfreiheit herausarbeiten können - wäre das aber eine allgemein realisierbare Option, dann bräche das System zusammen - denn es lebt davon, dass die Mehrzahl der Beteiligten in ökonomischen Fesseln liegt; diese kann man zwar hie und da lockern, entfernen aber darf man sie nicht. Es geht schließlich nicht darum, dass Menschen überhaupt einer Arbeit nachgehen, sondern darum, dass viele Menschen für wenige andere arbeiten. Kurz: dass eben (wie es im Falle realisierter Freiheit der Fall wäre) nicht jeder machen kann, was er will - aber manche eben schon. Es ist der Horror derjenigen die heuer oben auf sind, dass es ein solches "oben" einst nicht mehr geben könnte - und mit diesem Horror einher geht die alte Arroganz derer, die zu ihrer eigenen Rechtfertigung aus ihrem Obenaufsein herleiten, dass es Menschen gebe, die zur Freiheit nicht fähig - früher unverblümt: zum Sklaven geboren (Aristoteles) - seien. Der Unterschied ist nur, dass sich das, was früher als unverhohlene Unterdrückung zu Tage trat, sich gegenwärtig als "Fürsorglichkeit" zu tarnen trachtet. Die "Freiheit" von Menschen darf aber nicht von Bedingungen abhängen, die andere Menschen erst diktieren. Die Realität ist nach wie vor, dass die Mehrzahl seit jeher nicht nur für ihren eigenen Lebensunterhalt, sondern auch für Vermögen und/oder Kapital anderer zu arbeiten gezwungen ist. Das ist aber nicht - wie hier offenbar angenommen wird - ein objektiv unvermeidlicher Zwang, sondern ein vermeidbarer, der mit der Ideologie, auf der er aufruht, fallen müsste. Solange aber mehrheitlich für Recht gehalten wird, was nur wenigen (Vor-) Recht sein kann, wird sich an den bestehenden (Zwangs-) Verhältnissen nichts ändern.
Nachtrag (14.05.2008)
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Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist kein "Lohn", sondern ein Recht.
Es heißt "Bedingungsloses Grundeinkommen" und nicht etwa "Bedingungsloser Grundlohn" und das impliziert, dass es sich bei dieser (noch hypothetischen) Einrichtung eben nicht um eine Leistungsvergütung ohne (Gegen-) Leistung handelt, und man sollte es deshalb vielleicht auch nicht als eine Art "Lohnersatz" diskutieren, sondern als ein Recht. Dazu gleich mehr. Zunächst noch ein Hinweis zu Einkommen im allgemeinen: Ich habe weiter oben bereits angedeutet, dass mitnichten alle Einkünfte aus eigener Arbeit stammen, sondern dass es auch einen gewissen (wachsenden) Teil an Einkünften aus Vermögen gibt, der als etwas ganz selbstverständliches angesehen wird. Kaum jemand würde (zumindest gegenwärtig) auf die Idee kommen, solche Einkünfte abschaffen zu wollen, da sie die von solchen Einkünften Begünstigten ja vielleicht vom arbeiten abhalten könnten.Und obgleich diese Einkommen zum Teil sehr beträchtlich sind, machen sie meist nur einen Teil der gesamten Einkünfte einer Person aus - es gibt also hinreichend Beispiele, dafür, dass Leute dauerhaft irgendeiner Arbeit (oder was man so dafür hält) nachgehen, ohne dass sie durch ihre wirtschaftliche Lage dazu gezwungen wären. Der Hinweis, dass auch noch andere (und vielleicht sogar: schwerwiegendere) Gründe als nur monetäre gibt, einer Erwerbs-Arbeit nachzugehen, scheint also berechtigt. Zum anderen wirft dieser Umstand die Frage auf, warum man z.B. aus einem "privat" ererbten Aktienpaket, also einen privaten Anteil am Produktivvermögen, arbeitslose Einkünfte erwerben, darf, nicht aber aus einem "Erbteil" am gesellschaftlich erwirtschafteten, folglich eigentlich gemeinsamen Vermögen?
"Wer erbt, arbeitet nicht ..."
Das BGE ist also keine Lohnersatzleistung, macht dedizierte Lohnersatzleistungen aber weitgehend überflüssig (man könnte immer noch über Versicherungen gedeckte zusätzliche Leistungen anbieten) - es würde praktisch alle nicht versicherungsfinanzierten Sozialleistungen einheitlich abdecken bzw. überflüssig machen. So z.B. Kindergeld, BaFöG, Sozialhilfe (heute Sozialgeld), das sog. ALG II, usw., aber auch etliche heute noch versicherungsfinanzierte Leistungen wie z.B. Arbeitslosengeld I würden entbehrlich. Damit entfiele zugleich mit einem Schlag der ganze derzeit mit diesen Leistungen noch verbundene bürokratische Aufwand. Das würde freilich, wie anzunehmen ist, zumindest zunächst die "Arbeitslosenquote" weiter in die Höhe treiben, denn es würden ja jede Menge "Arbeiten" überflüssig, vor allem solche, die überhaupt erst infolge der gegenwärtig geltenden repressiven Regelungen "geschaffen" wurden; angefangen beim bürokratischen Ueberbau bis hin zu den zahllosen, oft ziemlich fragwürdigen "Bildungsträgern", deren Hauptaufgabe eben nicht die Bildung der gerade Erwerbslosen ist, sondern hauptsächlich darin besteht, die Arbeitslosenstatistiken aufzuhübschen. Damit wäre aber auch - jedenfalls ist davon auszugehen - eine zusätzliche Nachfrage nach Tätigkeiten in anderen Sektoren des Arbeitsmarktes entstehen.
Selbst für den Bereich der niedrig entlohnten Tätigkeiten wäre ein solches Grundeinkommen m.E. keineswegs hemmend - im Gegenteil: es gab schon immer, und es gibt sie nach wie vor, Tätigkeiten, die so niedrig vergütet werden, dass ein Anspruch der sie Ausübenden auf sog. "ergänzende Sozialleistungen" besteht. Mit anderen Worten: es gab und gibt längst Menschen, die irgendeinen Scheißjob für einen Hungerlohn machen, obwohl sie auch ohne zu arbeiten das gleiche Einkommen erzielen könnten. Hier würde sich folglich gar nichts ändern, außer dass der bürokratische Overhead wegfiele und die in entsprechenden Bereichen Tätigen über ein insgesamt wenigstens halbwegs anständiges Einkommen verfügen könnten. Weiters ist ein solches Grundeinkommen ohnedies niedrig genug, als dass sich davon nennenswerte Beträge ansparen ließen, d.h. diese Gelder müssten praktisch in vollem Umfang ständig wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen und wer nach mehr als einem nur auskömmlichen Dasein verlangt, der wird dieses über ein zusätzliches Erwerbseinkommen erarbeiten müssen. Es ist also kaum anzunehmen, dass sich eine wirklich nennenswerte Zahl von Menschen mit einem Einkommen in der Höhe dieses Grundeinkommens (je nach Konzept zwischen 600 - 1500 Euro monatlich) zufrieden geben würde. Immerhin: es setzte einen jeden in den Stand jederzeit "Nein!" sagen zu können, ohne dass er dabei irgendwelchen Repressionen zu fürchten hätte. Es geht nicht um Spaß und Freude an dieser oder jener Arbeit, sondern um eben diese Möglichkeit "Nein!" sagen zu können. Es geht um ein Stück Freiheit.
Was sich mithin entscheidend ändern würde, wäre die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gerade derjenigen, für die die Wirtschaft zeitweilig oder dauerhaft keine Verwendung hat. Es wäre z.B. jedermann möglich auf Teilnahme am Arbeitsleben vorübergehend zu verzichten und stattdessen ein Studium zu beginnen oder sich sonstwie zu bilden oder zu qualifizieren; man könnte sich aber auch frei dafür entscheiden, irgendwelche Arbeiten auszuführen, die sonst nicht zu finanzieren wären (z.B. im sozialen Bereich) usw. Niedrig dotierte Jobs würden wie oben gezeigt vermulich keineswegs an "Attraktivität" verlieren - im Gegenteil: selbst ein gleichbleibend niedriges Salär in Verbindung mit dem BGE, würde ja bereits eine deutliche Anhebung des jeweiligen Einkommens bewirken.
Was mich immer schon stutzig macht, ist: dass der massivste Widerstand gegen das BGE oft von Leuten kommt, die es selbst eigentlich gar nicht nötig hätten gegen Entgelt zu arbeiten, da sie auch von den Erträgen ihrer Vermögen sehr gut leben könnten, von Menschen also, die im Grunde selbst geradezu der performative Widerspruch zur von ihnen vertretenen These, dass die Leute nur arbeiten würden, wenn wirtschaftliche Not sie hinreichend zwingt, sind. Offenbar hält man hier die eigene Gier - obgleich man sie andererseits gern als eine allgemeine menschliche Eigenschaft unterstellt (Tenor: "nicht nur Zumwinkel hinterzieht Steuern und bescheißt den Staat, auch "kleine Leute" haben reichlich Dreck am Stecken!" usw.) - insgeheim doch eher für eine Ausnahmeerscheinung oder - als eine Art "Nachbeben" der "protestantischen Ethik" (Max Weber) - für ein seltenes Zeichen göttlicher Gnade.
So weit so gut. Man sollte das BGE also nicht als eine Lohnersatzleistung auffassen, sondern als ein Recht. Als ein neuformuliertes Eigentumsrecht als ein Recht auf ein Einkommen aus etwas, wie es z.B. MacPherson bereits vor dreißig Jahren einleuchtend formuliert hat:
"Ich möchte jetzt behaupten,Was steht der Einführung eines BGE im Wege?
(1) daß der heute in westlichen Gesellschaften vorherrschende Eigentumsbegriff überwiegend eine Erfindung des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts ist und daß er nur einer autonomen kapitalistischen Marktgesellschaft voll angemessen ist: es ist der Begriff des Eigentums als (a) identisch mit Privateigentum - ein individuelles (oder korporatives) Recht, andere vom Gebrauch oder Nutzen von Etwas auszuschließen; (b) eher ein Recht an materiellen oder auf materielle Dinge, denn ein Recht auf ein Einkommen (und im allgemeinen Sprachgebrauch, sogar verstanden eher als die Dinge selbst denn als die Rechte), (c) das hauptsächlich die Funktion hat, einen Anreiz zur Arbeit zu geben sowie (oder eher als) ein Instrument zur Ausübung menschlicher Anlagen zu sein.
(2) Daß dieser Eigentumsbegriff sich schon zu wandeln begonnen hat, was zu nächst sichtbar wird im Hinblick auf (b): Eigentum wird zunehmend wieder als ein Recht auf Einkommen verstanden; und daß dies für die meisten Menschen jetzt bestehen muß in einem Recht, sich ein Einkommen zu verdienen, was einem Recht des Zuganges zu den Arbeitsmitteln gleichkommt.
(3) Daß jede Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, demokratisch zu sein (d.h. jedem einzelnen gleichermaßen die Möglichkeit zu geben, seine menschlichen Anlagen zu verwenden und zu entwickeln) anerkennen muß, daß Individualeigentum zunehmend in dem individuellen Recht bestehen muß, nicht vom Zugang zu den Arbeitsmitteln ausgeschlossen zu werden, die sich heute in korporativem oder staatlichem Besitz befinden: daß also eine demokratische Gesellschaft den Begriff von Eigentum als einem Recht des einzelnen, andere auszuschließen, wieder erweitern muß, indem sie ihm Eigentum als ein Recht des einzelnen, nicht von anderen ausgeschlossen zu werden, hinzufügt.
(4) Daß der Begriff von Eigentum als Recht des Zugangs zu Arbeitsmitteln (im engeren Sinne von Arbeit, die materieller Produktion dient) überholt sein wird, wenn und in dem Ausmaß wie die technologische Veränderung heutige Arbeit weniger notwendig macht; daß der Begriff (und die Institution) von Eigentum, soll er mit einer wirklichen Demokratie vereinbar sein (einschließlich jeder wirklich liberalen Demokratie), sich vom Zugang zu den Arbeitsmitteln zum Zugang zu den Mitteln für ein vollkommenes menschliches Leben wandeln und daß er daher werden muß: (a) ein Recht auf Teilhabe an politischer Macht, um die Verwendungsweisen des akkumulierten Kapitals und der natürlichen Ressourcen der Gesellschaft zu kontrollieren und (b) darüber hinaus ein Recht auf eine Art von Gesellschaft, ein Gefüge von Machtrelationen innerhalb der Gesellschaft, die für ein vollkommen menschliches Leben wesentlich sind."
C.B. Macpherson. Demokratietheorie. Verlag C.H.Beck. München 1977. S.198f.
Die herrschende Ideologie beruht auf Grundannahmen, wie der, dass das Leben nicht gratis sein dürfe, sondern etwas kosten müsse. Was kostet denn das Leben? Das Leben "kostet" sich selbst. (das Wort "kostet" darf, nein: soll hier ruhig im doppelten Sinne verstanden werden). Arbeit vergüten, heißt unter gegenwärtigen Bedingungen: Leben in Geld zu verwandeln, das wiederum in Leben verwandelt wird. Der "Wert" der Arbeit kann also schlecht am Produkt gemessen werden, das durch sie geschaffen wird, denn weder ist jede Tätigkeit, die monetär abgegolten wird, auch eine produktive Tätigkeit, noch wird jede Form produktiver Tätigkeit entgeltlich vergütet. Es ist allerdings so, dass jede Arbeit, die monetär entlohnt wird (gleich ob sie der Sache nach produktiver oder destruktiver Natur ist), letztendlich einen reproduktiven Charakter hat, indem sie dem Arbeitenden seine eigene Reproduktion ermöglicht. Der eigentliche Zweck einer jeden Arbeit ist m.E. jedoch der Erhalt des je eigenen Lebens über ein Leben in Arbeit hinaus. D.h.: die (Erwerbs-) Arbeit ist da, um ihrer weitestgehend ledig zu werden. Wäre das anders, dann hätte wohl nie jemand für die Einführung der 5-Tage/40-Stunden-Woche votiert. Mit anderen Worten: die wirklich freie Tätigkeit des Menschen (und damit sein eigentliches Leben) beginnt stets erst jenseits der zum Leben notwendigen Tätigkeit oder, wie es Ernst Bloch formulierte: "Als letzthin freies wurde stets ein Leben jenseits der Arbeit gemeint."
Man kann sich unter gegebenen Bedingungen aber praktisch keine Freiheit "erarbeiten". Es mag sein, dass sich einzelne aus ihrer Unfreiheit herausarbeiten können - wäre das aber eine allgemein realisierbare Option, dann bräche das System zusammen - denn es lebt davon, dass die Mehrzahl der Beteiligten in ökonomischen Fesseln liegt; diese kann man zwar hie und da lockern, entfernen aber darf man sie nicht. Es geht schließlich nicht darum, dass Menschen überhaupt einer Arbeit nachgehen, sondern darum, dass viele Menschen für wenige andere arbeiten. Kurz: dass eben (wie es im Falle realisierter Freiheit der Fall wäre) nicht jeder machen kann, was er will - aber manche eben schon. Es ist der Horror derjenigen die heuer oben auf sind, dass es ein solches "oben" einst nicht mehr geben könnte - und mit diesem Horror einher geht die alte Arroganz derer, die zu ihrer eigenen Rechtfertigung aus ihrem Obenaufsein herleiten, dass es Menschen gebe, die zur Freiheit nicht fähig - früher unverblümt: zum Sklaven geboren (Aristoteles) - seien. Der Unterschied ist nur, dass sich das, was früher als unverhohlene Unterdrückung zu Tage trat, sich gegenwärtig als "Fürsorglichkeit" zu tarnen trachtet. Die "Freiheit" von Menschen darf aber nicht von Bedingungen abhängen, die andere Menschen erst diktieren. Die Realität ist nach wie vor, dass die Mehrzahl seit jeher nicht nur für ihren eigenen Lebensunterhalt, sondern auch für Vermögen und/oder Kapital anderer zu arbeiten gezwungen ist. Das ist aber nicht - wie hier offenbar angenommen wird - ein objektiv unvermeidlicher Zwang, sondern ein vermeidbarer, der mit der Ideologie, auf der er aufruht, fallen müsste. Solange aber mehrheitlich für Recht gehalten wird, was nur wenigen (Vor-) Recht sein kann, wird sich an den bestehenden (Zwangs-) Verhältnissen nichts ändern.
Nachtrag (14.05.2008)
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