Alles, was Männern Spaß macht ...
Die Stewardess kauert auf ihren Knien. Tief in ihr langes Haar am Hinterkopf bohrt sich der Lauf einer Pistole. Der Mann über ihr schwitzt. Er schreit auf Polnisch: "Wir landen in Westberlin! Wenn ich Schönefeld sehe, schieße ich!"Nein liebe Leser, das ist kein Auszug aus einem Groschenroman, sondern eine "Reportage", die man bei Focus/Playboy ("Alles, was Männern Spaß macht") nachlesen kann und die uns einmal mehr deutlich macht: man kann das größte Arschloch der Welt sein, man darf Frauen auf die Knie zwingen und mit dem Tode bedrohen, man muss es nur für die "gerechte" Sache und "die Freiheit" tun. Das "Geschenk" des "Freiheitsfanatikers" Alexander Tiede, die "Chance auf Freiheit" , nahmen, wie wir im Weiteren erfahren, außer dem Entführer selbst lediglich fünf andere Personen. Außer diesen sechsen
[...]
Auch dem US-Militär ist dieser kleine, drahtige Freiheitsfanatiker auf Anhieb sympathisch. Die Amerikaner bewundern seinen Mut und feiern ihn als Helden, weil er 50 DDR-Bürgern, die am 30. August 1978 an Bord der Tupolew 134 sitzen, die Chance auf Freiheit schenkt.
...besteigen alle am Abend einen doppelstöckigen Linienbus. Mit einem Umweg über den Ku´damm, vorbei am KaDeWe, der Gedächtniskirche, dem „Café Kranzler“ fährt der Bus in den Ostteil der Stadt. Jeder Passagier könnte zu jeder Zeit den „Bitte halten“-Knopf drücken und aussteigen. Keiner macht es, obwohl im Ostteil der Stadt schon Mielkes Stasi-Truppe zur Vernehmung wartet.Natürlich stimmte nur einer der Geschworenen für "schuldig" und der war - wie könnte es anders sein? - ein Stasi-Agent. Dass der Richter dem Kidnapper dann trotzdem wegen "Geiselnahme" noch ein paar Monate Knast, die freilich schon mit der Untersuchungshaft "abgegolten" waren, aufgebrummt hat, macht die Farce komplett ...
Tiede kümmert das Schicksal der Passagiere wenig. Er hat alles erreicht. [...] Es war Glück, dass er gerade den Amerikanern in die Hände geflogen war. Er weiß das. Bei einer Eisschokolade rekapituliert er seine fast neunmonatige Untersuchungshaft: [...] Die ersten fünf Monate davon saß er in Tempelhof ab. „Jeden Mittag habe ich im Knast mit einem anderen Offizier gegessen. So viele T-Bone-Steaks wie noch nie in meinem Leben.“ Während seine amerikanischen Freunde erfolgreich alle Auslieferungsgesuche der DDR abwehren, geht er auf dem Flugfeld joggen.
[...] Die USA hatten gerade ein internationales Abkommen gegen Luftpiraterie unterschrieben. Eine Reaktion auf die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu ein Jahr zuvor. Die Amerikaner müssen ihrem sympathischen Flugzeugentführer den Prozess machen. Für 100000 D-Mark bauen sie ihm im Flughafengebäude Tempelhof einen amerikanischen Gerichtssaal. Verhandelt wird nach US-Verfahrensvorschriften, weswegen die Amerikaner aus 500 Berlinern zwölf Geschworene wählen.
Dazu gibts noch diese nette Fotostrecke. Man beachte insbesondere die erste Bildunterschrift.
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