Donnerstag, 17. September 2009

Bizarre Logik (IV)

Heute: das "Zuflussprinzip"

Nehmen wir einmal an, wir würden nach einer Zeit des ALG-II Bezuges endlich einen der begehrten "Arbeitsplätze" ergattert haben und so der "Bedürftigkeit" entronnen sein. Nehmen wir weiter an, die Arbeitsaufnahme sei im Mai 2009 erfolgt und das erste Gehalt pünktlich am 1.Juni bzw. - weil das Pfingstwochenende dazwischen lag - am 2.Juni auf unserem Konto eingegangen. Da das ALG-II als Vorauszahlung "geleistet" wird, hat das JobCenter das Geld für den Mai noch einmal überwiesen und stellt ab Juni seine Zahlungen ein. So weit so gut.

Nun nehmen wir weiter an, dass wir einen besonders wohlmeinenden Chef gefunden haben, der das Gehalt so überwiesen hat, dass es bereits am 29.Mai auf unserem Konto eingegangen ist. Prompt erhalten wir eine Zahlungsaufforderung vom JobCenter, das die für Mai gezahlten Beträge zurückhaben will, da aufgrund eines erzielten Einkommens in diesem Monat ja keine Bedürftigkeit mehr bestanden habe.

Dass der Bedürftige über sein Einkommen während des laufenden Monats ebensowenig verfügen kann, wenn er es am 29. Mai erhält, wie er es schon im Mai ausgeben kann, wenn es erst im Juni auf seinem Konto eingeht, spielt für die Bürokratie keine Rolle. Es gilt das "Zuflussprinzip" und das besagt, dass während eines Monats eingehende Geldeingänge die Bedürftigkeit entsprechend mindern oder ggf. ganz aufheben. Basta!

Eine bescheuertere Regelung als diese kann ich mir kaum noch vorstellen - es sei denn man dehnte den "Zuflusszeitraum" von einem Monat auf ein Quartal oder gar ein volles Jahr aus. Oder vielleicht gleich auf ein ganzes Leben? "Sie haben doch schon einmal ein Einkommen erzielt, das hätten Sie ja nicht gleich komplett verprassen müssen - was wollen Sie also hier?"

Mir fallen zu diesem Problem zwei Lösungen ein, eine großzügige und eine knauserige:

1. die großzügige Regelung: Man stellt das "Zuflussprinzip" auf "tagesgenauen Takt" um und die Bedürftigkeit entfällt mit dem Tag des Zahlungseingangs. Nur die für weitere Tage vorgeschossenen Beträge sind zu erstatten.

2. die knauserige Regelung: Man stellt sich grundsätzlich auf den Standpunkt, dass der Betreffende von dem Geld, das er im ersten Monat verdient auch die in diesem Monat anfallenden Kosten zu bestreiten habe und zahlt das ALG-II für den Monat (oder Teil des Monats) der Arbeitsaufnahme grundsätzlich als Vorschuss-Darlehen. Der Kalendertag des der ersten Zahlungseinganges ist dabei irrelevant.

Man muss diese Verfahrensweisen nicht mögen - doch lassen sich beide auch in lebenspraktischer Hinsicht hinreichend begründen und nicht bloß, wie es derzeit der Fall ist, aus rein buchhalterischer Logik, bei welcher der kassengerecht bemessene Abrechnungzeitraum eine größere Bedeutung besitzt, als die Menschen mit denen hier abgerechnet wird.

Nun noch einmal zum oben gegebenen Beispiel, das nicht von ungefähr so gewählt wurde. Zwar ist das Geld am 29.Mai auf dem Konto des Betreffenden eingegangen, die sog. "Wertstellung" erfolgte aber erst am auf den Eingang folgenden "Geschäftstag" der Bank - und das wäre der 2.Juni gewesen. Angenommen, wir hätten am Freitag, dem 29.Mai den Zahlungseingang auf unserem (zuvor leeren) Konto festgestellt und Geld abgehoben, um uns für die Feiertage mit dem Nötigsten zu versorgen, so hätten wir - nolens volens - unser Konto überzogen. Mit anderen Worten: im Grunde hatten wir das Geld am 29.Mai ebensowenig, wie wir es gehabt hätten, wenn es erst am 2.Juni eingegangen wäre.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass sich dieses Spiel beim Übergang von einer Erwerbstätigkeit in den ALG-II-Bezug natürlich revers wiederholen kann; wer z.B. derzeit im Genuss einer bis September laufenden befristeten Tätigkeit ist, der bekommt ab Oktober wieder ALG-II, sofern sein Gehalt bis zum 30.September auf seinem Konto eingeht, wird es aber nicht vor dem 1.Oktober gutgeschrieben, dann hat er im Oktober ein Einkommen und ist erst ab November wieder "bedürftig".

Etwa von solchen Szenarien Betroffenen bleibt bis auf weiteres wohl nur zu raten, nachdrücklich darauf hinzuwirken, dass ihnen das je erste Gehalt erst nach Ablauf des ersten Monats, das je letzte aber vor Ablauf des letzten Monats angewiesen wird.



Mehr bizarre Logik:
(I), (II), (III), (IV), (V), (VI)

1 Kommentare:

Ballraum Schmitz,  7. Dezember 2009 um 00:47  

Ich weiß, ein später Kommentar. Aber du weißt: Ich bin eher laid-back ;)

Vielleicht hab ich es als ALG2-Azubi noch nicht verstanden: ALG2 wird im Voraus gezahlt, aber doch nur für den Zeitraum der Bedürftigkeit, oder?!

Unterstellen wir, ich würde zum 01.01.2010 eine Beschäftigung aufnehmen. Unterstellen wir, wahnwitzigerweise, diese würde so vergütet, daß man nicht aufstocken müsste.

Aus ALG1 heraus wäre das so:
Ende Dez.: ALG1 für Dez.
Ende Jan.: Lohn/Gehalt für Januar

Aus ALG2:
Anfang Dez.: ALG2 für Dez.
Anfang Jan.: ?

Oder gibt es gar ein ALG2 mehr als Überbrückung?

Wo ist mein Denkfehler?

Grütze
Ballraum

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