Dienstag, 19. August 2008

Demokratie, Kapital und öffentliche Meinung

"Alex Carey hat die Pionierarbeit auf einem äußerst wichtigen Gebiet geleistet, dessen Untersuchung noch gar nicht richtig begonnen hat. Ich meine das Gebiet der Propaganda der großen Kapitalgesellschaften, die in der heutigen Welt eine sehr wichtige Erscheinung darstellt, die noch kaum untersucht ist. Sein wichtigster Essay "Beeinflussung der öffentlichen Meinung: die Offensive der Konzerne", der jahrelang sozusagen im Untergrund zirkulierte [...] wurde zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht. [...] Er beginnt mit dem Hinweis darauf, daß es im zwanzigsten Jahrhundert im Hinblick auf die Demokratie drei wichtige neue Entwicklungen gegeben hat, Die erste war die sehr weitgehende Ausweitung des Wahlrechts. Die zweite war das Wachstum der Konzerne. Die dritte war das Anwachsen der Konzernpropaganda, um die Demokratie zu untergraben. Und er hat vollkommen recht. Genau darum haben wir die Public-Relations Industrie. Sie entstand zu ungefähr derselben Zeit, zu der die Konzerne Anfang dieses Jahrhunderts ihre heutige Form annahmen. Ihr Zweck war, wie ihre Betreiber es ausdrückten, die Meinung der Öffentlichkeit zu kontrollieren", weil sie erkannten, daß die Meinung der Öffentlichkeit die größte die Unternehmer bedrohende Gefahr sein würde, und weil ihnen klar war, daß Demokratie für privat organisierte Tyranneien eine große Bedrohung darstellt, genau wie sie für staatliche Tyrannei eine Bedrohung ist. Nun, wir leben in einem System privater Tyrannei, das, und zwar auf äußerst bewußte Weise, zu Beginn des Jahrhunderts errichtet wurde. Es wurde sogar als Angriff auf die persönliche Freiheit etabliert. Das sind Aspekte der Gesetzgebung über die Kapitalgesellschaften, die außerhalb wissenschaftlicher Kreise gänzlich unbekannt sind."
Noam Chomsky. Haben und Nichthaben (Syndikat). Philo Verlagsgesellschaft mbH. Bodenheim 1998. S.13f.

"Das erste, was bei jeder Art von Veränderung passieren muß, ist, daß man die vorhandenen Formen der Unterdrückung erkennt. Solange Sklaven nicht erkennen, daß Sklaverei Unterdrückung ist, ist es ziemlich sinnlos, sie zu fragen, warum sie nicht in einer freien Gesellschaft leben. Sie glauben, das täten sie schon. Ich sage das nicht im Scherz."
ebenda S.169.

3 Kommentare:

Anonym,  19. August 2008 um 20:29  

Chomsky ist ein scharfsinniger Geist, dieses Werk kenne ich noch nicht, danke für den Hinweis.

Kurt aka Roger Beathacker 19. August 2008 um 20:46  

Gern geschehen aebby. Das Buch besteht aus einer Sammlung von transkribierten Radiointerviews, die David Barsamian mit Chomsky fuer das alternative Radio in Boulder, Colorado gefuehrt hat. Ich hab's vor ein paar Tagen zufaellig(?) in "meinem" Antiquariat gefunden.

;-)

ad sinistram 20. August 2008 um 09:11  

Wie es der Zufall so will, habe ich in meinem heutigen Artikel, auch Chomsky zu Wort kommen lassen.

www.flickr.com


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